Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.Kap. III. Politisch-kirchliche Verwickelungen. stes. Grade darin, daß er ihnen nicht jeden Tag und alleStunden widmete, mochte es für ihn liegen, daß er sie mit großer freier Uebersicht behandelte, daß er in allen Ver- wirrungen des Augenblicks die leitenden, den Weg vor- zeichnenden Gedanken im Auge behielt. Die vornehmste Richtung gab er doch immer selber an. In seinem letz- ten Moment trafen alle Bestrebungen seiner Politik in freu- digem Gelingen zusammen. Wir können es sogar für ein Glück halten, daß er dann starb. Es folgten andre Zei- ten, und es ist schwer zu glauben, daß er der Ungunst derselben einen glücklichen Widerstand entgegengesetzt haben würde. Seine Nachfolger haben ihre ganze Schwere em- pfunden. Das Conclave zog sich sehr in die Länge. "Herren," 1) Lettera di Roma a di 19 Zener. bei Sanuto. Medici
Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen. ſtes. Grade darin, daß er ihnen nicht jeden Tag und alleStunden widmete, mochte es fuͤr ihn liegen, daß er ſie mit großer freier Ueberſicht behandelte, daß er in allen Ver- wirrungen des Augenblicks die leitenden, den Weg vor- zeichnenden Gedanken im Auge behielt. Die vornehmſte Richtung gab er doch immer ſelber an. In ſeinem letz- ten Moment trafen alle Beſtrebungen ſeiner Politik in freu- digem Gelingen zuſammen. Wir koͤnnen es ſogar fuͤr ein Gluͤck halten, daß er dann ſtarb. Es folgten andre Zei- ten, und es iſt ſchwer zu glauben, daß er der Ungunſt derſelben einen gluͤcklichen Widerſtand entgegengeſetzt haben wuͤrde. Seine Nachfolger haben ihre ganze Schwere em- pfunden. Das Conclave zog ſich ſehr in die Laͤnge. „Herren,“ 1) Lettera di Roma a di 19 Zener. bei Sanuto. Medici
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0116" n="90"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kap</hi>. <hi rendition="#aq">III.</hi><hi rendition="#g">Politiſch-kirchliche Verwickelungen</hi>.</fw><lb/> ſtes. Grade darin, daß er ihnen nicht jeden Tag und alle<lb/> Stunden widmete, mochte es fuͤr ihn liegen, daß er ſie<lb/> mit großer freier Ueberſicht behandelte, daß er in allen Ver-<lb/> wirrungen des Augenblicks die leitenden, den Weg vor-<lb/> zeichnenden Gedanken im Auge behielt. Die vornehmſte<lb/> Richtung gab er doch immer ſelber an. In ſeinem letz-<lb/> ten Moment trafen alle Beſtrebungen ſeiner Politik in freu-<lb/> digem Gelingen zuſammen. Wir koͤnnen es ſogar fuͤr ein<lb/> Gluͤck halten, daß er dann ſtarb. Es folgten andre Zei-<lb/> ten, und es iſt ſchwer zu glauben, daß er der Ungunſt<lb/> derſelben einen gluͤcklichen Widerſtand entgegengeſetzt haben<lb/> wuͤrde. Seine Nachfolger haben ihre ganze Schwere em-<lb/> pfunden.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p>Das Conclave zog ſich ſehr in die Laͤnge. „Herren,“<lb/> ſagte einſt der Cardinal Medici, den die Ruͤckkehr der<lb/> Feinde ſeines Hauſes nach Urbino und Perugia in Schrek-<lb/> ken ſetzte, ſo daß er ſelbſt fuͤr Florenz fuͤrchtete, „Herren,“<lb/> ſagte er, „ich ſehe daß von uns, die wir hier verſammelt<lb/> ſind, Keiner Papſt werden kann. Ich habe Euch drei oder<lb/> vier vorgeſchlagen, doch habt Ihr ſie zuruͤckgewieſen: dieje-<lb/> nigen, die Ihr in Vorſchlag bringt, kann ich dagegen auch<lb/> nicht annehmen. Wir muͤſſen uns nach Einem umſehen,<lb/> der nicht zugegen iſt.“ Beiſtimmend fragte man ihn, wen<lb/> er im Sinne habe. Nehmt, rief er aus, den Cardinal<lb/> von Tortoſa, einen ehrenwerthen bejahrten Mann, den man<lb/> allgemein fuͤr heilig achtet <note xml:id="note-0116" next="#note-0117" place="foot" n="1)"><hi rendition="#aq">Lettera di Roma a di 19 Zener.</hi> bei <hi rendition="#aq">Sanuto. Medici</hi></note>. Es war Adrian von Ut-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [90/0116]
Kap. III. Politiſch-kirchliche Verwickelungen.
ſtes. Grade darin, daß er ihnen nicht jeden Tag und alle
Stunden widmete, mochte es fuͤr ihn liegen, daß er ſie
mit großer freier Ueberſicht behandelte, daß er in allen Ver-
wirrungen des Augenblicks die leitenden, den Weg vor-
zeichnenden Gedanken im Auge behielt. Die vornehmſte
Richtung gab er doch immer ſelber an. In ſeinem letz-
ten Moment trafen alle Beſtrebungen ſeiner Politik in freu-
digem Gelingen zuſammen. Wir koͤnnen es ſogar fuͤr ein
Gluͤck halten, daß er dann ſtarb. Es folgten andre Zei-
ten, und es iſt ſchwer zu glauben, daß er der Ungunſt
derſelben einen gluͤcklichen Widerſtand entgegengeſetzt haben
wuͤrde. Seine Nachfolger haben ihre ganze Schwere em-
pfunden.
Das Conclave zog ſich ſehr in die Laͤnge. „Herren,“
ſagte einſt der Cardinal Medici, den die Ruͤckkehr der
Feinde ſeines Hauſes nach Urbino und Perugia in Schrek-
ken ſetzte, ſo daß er ſelbſt fuͤr Florenz fuͤrchtete, „Herren,“
ſagte er, „ich ſehe daß von uns, die wir hier verſammelt
ſind, Keiner Papſt werden kann. Ich habe Euch drei oder
vier vorgeſchlagen, doch habt Ihr ſie zuruͤckgewieſen: dieje-
nigen, die Ihr in Vorſchlag bringt, kann ich dagegen auch
nicht annehmen. Wir muͤſſen uns nach Einem umſehen,
der nicht zugegen iſt.“ Beiſtimmend fragte man ihn, wen
er im Sinne habe. Nehmt, rief er aus, den Cardinal
von Tortoſa, einen ehrenwerthen bejahrten Mann, den man
allgemein fuͤr heilig achtet 1). Es war Adrian von Ut-
1) Lettera di Roma a di 19 Zener. bei Sanuto. Medici
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |