Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.mit den Werken der Alten, der romantische Hof Eduards des Dritten, die beginnende Ausbildung der Landessprachen unter mehreren Nationen von Europa, das Erscheinen des Petrarka und der spanischen Romane machen hier Epoche. Auffallend zeigt sich der wieder auflebende Geschmack in der Philosophie, in den schönen Künsten, und in den Verhältnissen des geselligen Lebens mit eben den Fehlern behaftet, die wir zur Zeit seines Verfalls unter den Römern und Griechen, nach der Zeit der Antonine bemerkt haben. Er hat sich also einer größeren Reinheit zurückgehend genähert, und strebt in dieser Periode noch nach eingebildetem Adel und falschem Schmuck. Man sucht gemeiniglich in dem Geiste der Ritterschaft den Grund der mehrsten Erscheinungen, welche die Sitten dieses Zeitalters darbieten. Ein allgemeiner Geist dieser Zunft berittener Krieger hat nie existiert, und wenn er vorhanden gewesen ist, so hat er den excentrischen Idealen nicht geglichen, welche man gemeiniglich dafür ausgiebt. Nur zuweilen und in einzelnen Korporationen der Ritterschaft haben edlere Begriffe von ausgezeichneter Wohlanständigkeit, Folge der zunehmenden Geisteskultur, wiewohl vermischt mit vieler Abentheuerlichkeit und bloßer Konvention, geherrscht; aber ihr Einfluß ist immer nur periodisch und theilweise, besonders auf die Höfe der Großen anzunehmen. Der gesellige Ton hat in dieser Zeit an Politur gewonnen, aber er ist immer noch auf das Verkehr zwischen Menschen berechnet, die sich selten und nur bey feyerlichen Gelegenheiten sehen. Er ist nicht mehr unbehülflich, aber er ist anmaßend und geziert. Der Zustand der Weiber hat an äußerem Schimmer nicht aber an innerem Wohlseyn gewonnen. Man hat Schmeicheleyen an sie verschwendet, man hat häufig über den mit den Werken der Alten, der romantische Hof Eduards des Dritten, die beginnende Ausbildung der Landessprachen unter mehreren Nationen von Europa, das Erscheinen des Petrarka und der spanischen Romane machen hier Epoche. Auffallend zeigt sich der wieder auflebende Geschmack in der Philosophie, in den schönen Künsten, und in den Verhältnissen des geselligen Lebens mit eben den Fehlern behaftet, die wir zur Zeit seines Verfalls unter den Römern und Griechen, nach der Zeit der Antonine bemerkt haben. Er hat sich also einer größeren Reinheit zurückgehend genähert, und strebt in dieser Periode noch nach eingebildetem Adel und falschem Schmuck. Man sucht gemeiniglich in dem Geiste der Ritterschaft den Grund der mehrsten Erscheinungen, welche die Sitten dieses Zeitalters darbieten. Ein allgemeiner Geist dieser Zunft berittener Krieger hat nie existiert, und wenn er vorhanden gewesen ist, so hat er den excentrischen Idealen nicht geglichen, welche man gemeiniglich dafür ausgiebt. Nur zuweilen und in einzelnen Korporationen der Ritterschaft haben edlere Begriffe von ausgezeichneter Wohlanständigkeit, Folge der zunehmenden Geisteskultur, wiewohl vermischt mit vieler Abentheuerlichkeit und bloßer Konvention, geherrscht; aber ihr Einfluß ist immer nur periodisch und theilweise, besonders auf die Höfe der Großen anzunehmen. Der gesellige Ton hat in dieser Zeit an Politur gewonnen, aber er ist immer noch auf das Verkehr zwischen Menschen berechnet, die sich selten und nur bey feyerlichen Gelegenheiten sehen. Er ist nicht mehr unbehülflich, aber er ist anmaßend und geziert. Der Zustand der Weiber hat an äußerem Schimmer nicht aber an innerem Wohlseyn gewonnen. 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Man sucht gemeiniglich in dem Geiste der Ritterschaft den Grund der mehrsten Erscheinungen, welche die Sitten dieses Zeitalters darbieten. Ein allgemeiner Geist dieser Zunft berittener Krieger hat nie existiert, und wenn er vorhanden gewesen ist, so hat er den excentrischen Idealen nicht geglichen, welche man gemeiniglich dafür ausgiebt. Nur zuweilen und in einzelnen Korporationen der Ritterschaft haben edlere Begriffe von ausgezeichneter Wohlanständigkeit, Folge der zunehmenden Geisteskultur, wiewohl vermischt mit vieler Abentheuerlichkeit und bloßer Konvention, geherrscht; aber ihr Einfluß ist immer nur periodisch und theilweise, besonders auf die Höfe der Großen anzunehmen. Der gesellige Ton hat in dieser Zeit an Politur gewonnen, aber er ist immer noch auf das Verkehr zwischen Menschen berechnet, die sich selten und nur bey feyerlichen Gelegenheiten sehen. Er ist nicht mehr unbehülflich, aber er ist anmaßend und geziert.
Der Zustand der Weiber hat an äußerem Schimmer nicht aber an innerem Wohlseyn gewonnen. Man hat Schmeicheleyen an sie verschwendet, man hat häufig über den
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Zitationshilfe: | Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/350>, abgerufen am 16.02.2025. |