Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

in Gegenwart ihrer Männer sehr deutlich mehr Vorsicht und Zurückhaltung: es sey, daß solches noch von einem Ueberrest feiner Empfindung, aus Gefühl des Schicklichen, oder aus Furcht herrühre."

"Einige sind geschickt genug, ihren Cortejo geheim zu halten: und dieß wird in Spanien nicht schwer, weil die Damen, wenn sie zur Messe gehen, so verkleidet sind, daß es Mühe kostet, sie von einander zu unterscheiden. Ihre Kleidung hat bey dieser Gelegenheit etwas dem Lande Eigenes. Sie ziehen alle die Basquina, oder einen schwarzen seidenen Unterrock an, und hängen die Mantilla um, welche zu einem doppelten Gebrauche, als Mantel und als Schleyer dient, und wenn die Dame will, das Gesicht vollkommen verhüllet."

"Diese Kleidung versteckt sie dergestalt, daß sie völlige Freyheit haben, hinzugehen, wohin sie wollen. Begleitet sie aber ein Bedienter, so ist dieser doch leicht zu gewinnen, und macht gar kein Hinderniß, oder doch nur ein geringes aus. Ueberdem steht das Haus den ganzen Tag offen: der Mann ist gewiß für niemand zu Hause, sehr selten sichtbar, und wenn er es ist, mit allen, die sein Haus besuchen, so wenig bekannt, daß der Liebhaber leicht, ohne bemerkt zu werden, entwischen kann."

"Inzwischen lassen sich die spanischen Damen damit nicht genügen. Ihre Zärtlichkeit ist lebhaft, und sie zeichnen sich durch eine starke und treue Anhänglichkeit aus. Sie gerathen daher in große Verlegenheit, so bald sie ihren Cortejo nicht vor Augen haben. Er darf zu keiner Stunde des Tages fehlen, die Dame mag nun öffentlich erscheinen oder allein, gesund oder krank

in Gegenwart ihrer Männer sehr deutlich mehr Vorsicht und Zurückhaltung: es sey, daß solches noch von einem Ueberrest feiner Empfindung, aus Gefühl des Schicklichen, oder aus Furcht herrühre.“

„Einige sind geschickt genug, ihren Cortejo geheim zu halten: und dieß wird in Spanien nicht schwer, weil die Damen, wenn sie zur Messe gehen, so verkleidet sind, daß es Mühe kostet, sie von einander zu unterscheiden. Ihre Kleidung hat bey dieser Gelegenheit etwas dem Lande Eigenes. Sie ziehen alle die Basquina, oder einen schwarzen seidenen Unterrock an, und hängen die Mantilla um, welche zu einem doppelten Gebrauche, als Mantel und als Schleyer dient, und wenn die Dame will, das Gesicht vollkommen verhüllet.“

„Diese Kleidung versteckt sie dergestalt, daß sie völlige Freyheit haben, hinzugehen, wohin sie wollen. Begleitet sie aber ein Bedienter, so ist dieser doch leicht zu gewinnen, und macht gar kein Hinderniß, oder doch nur ein geringes aus. Ueberdem steht das Haus den ganzen Tag offen: der Mann ist gewiß für niemand zu Hause, sehr selten sichtbar, und wenn er es ist, mit allen, die sein Haus besuchen, so wenig bekannt, daß der Liebhaber leicht, ohne bemerkt zu werden, entwischen kann.“

„Inzwischen lassen sich die spanischen Damen damit nicht genügen. Ihre Zärtlichkeit ist lebhaft, und sie zeichnen sich durch eine starke und treue Anhänglichkeit aus. Sie gerathen daher in große Verlegenheit, so bald sie ihren Cortejo nicht vor Augen haben. Er darf zu keiner Stunde des Tages fehlen, die Dame mag nun öffentlich erscheinen oder allein, gesund oder krank

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0334" n="334"/>
in Gegenwart ihrer Männer sehr deutlich mehr Vorsicht und Zurückhaltung: es sey, daß solches noch von einem Ueberrest feiner Empfindung, aus Gefühl des Schicklichen, oder aus Furcht herrühre.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Einige sind geschickt genug, ihren Cortejo geheim zu halten: und dieß wird in Spanien nicht schwer, weil die Damen, wenn sie zur Messe gehen, so verkleidet sind, daß es Mühe kostet, sie von einander zu unterscheiden. Ihre Kleidung hat bey dieser Gelegenheit etwas dem Lande Eigenes. Sie ziehen alle die <hi rendition="#aq">Basquina,</hi> oder einen schwarzen seidenen Unterrock an, und hängen die <hi rendition="#aq">Mantilla</hi> um, welche zu einem doppelten Gebrauche, als Mantel und als Schleyer dient, und wenn die Dame will, das Gesicht vollkommen verhüllet.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Diese Kleidung versteckt sie dergestalt, daß sie völlige Freyheit haben, hinzugehen, wohin sie wollen. Begleitet sie aber ein Bedienter, so ist dieser doch leicht zu gewinnen, und macht gar kein Hinderniß, oder doch nur ein geringes aus. Ueberdem steht das Haus den ganzen Tag offen: der Mann ist gewiß für niemand zu Hause, sehr selten sichtbar, und wenn er es ist, mit allen, die sein Haus besuchen, so wenig bekannt, daß der Liebhaber leicht, ohne bemerkt zu werden, entwischen kann.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Inzwischen lassen sich die spanischen Damen damit nicht genügen. Ihre Zärtlichkeit ist lebhaft, und sie zeichnen sich durch eine starke und treue Anhänglichkeit aus. Sie gerathen daher in große Verlegenheit, so bald sie ihren Cortejo nicht vor Augen haben. Er darf zu keiner Stunde des Tages fehlen, die Dame mag nun öffentlich erscheinen oder allein, gesund oder krank
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[334/0334] in Gegenwart ihrer Männer sehr deutlich mehr Vorsicht und Zurückhaltung: es sey, daß solches noch von einem Ueberrest feiner Empfindung, aus Gefühl des Schicklichen, oder aus Furcht herrühre.“ „Einige sind geschickt genug, ihren Cortejo geheim zu halten: und dieß wird in Spanien nicht schwer, weil die Damen, wenn sie zur Messe gehen, so verkleidet sind, daß es Mühe kostet, sie von einander zu unterscheiden. Ihre Kleidung hat bey dieser Gelegenheit etwas dem Lande Eigenes. Sie ziehen alle die Basquina, oder einen schwarzen seidenen Unterrock an, und hängen die Mantilla um, welche zu einem doppelten Gebrauche, als Mantel und als Schleyer dient, und wenn die Dame will, das Gesicht vollkommen verhüllet.“ „Diese Kleidung versteckt sie dergestalt, daß sie völlige Freyheit haben, hinzugehen, wohin sie wollen. Begleitet sie aber ein Bedienter, so ist dieser doch leicht zu gewinnen, und macht gar kein Hinderniß, oder doch nur ein geringes aus. Ueberdem steht das Haus den ganzen Tag offen: der Mann ist gewiß für niemand zu Hause, sehr selten sichtbar, und wenn er es ist, mit allen, die sein Haus besuchen, so wenig bekannt, daß der Liebhaber leicht, ohne bemerkt zu werden, entwischen kann.“ „Inzwischen lassen sich die spanischen Damen damit nicht genügen. Ihre Zärtlichkeit ist lebhaft, und sie zeichnen sich durch eine starke und treue Anhänglichkeit aus. Sie gerathen daher in große Verlegenheit, so bald sie ihren Cortejo nicht vor Augen haben. Er darf zu keiner Stunde des Tages fehlen, die Dame mag nun öffentlich erscheinen oder allein, gesund oder krank

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/334
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/334>, abgerufen am 22.11.2024.