Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

u. s. w.; alles dieß trägt dazu bey, wenigstens vor einer solchen Verirrung der Sinne zu bewahren, wodurch die Rechte der Paternität zweifelhaft gemacht würden.

Dieß vorausgesetzt, darf man den Italiänern keinen Vorwurf über ihre Leichtgläubigkeit an die Unschuld, oder wenigstens an die Abwesenheit gröberer Ausschweifungen bey diesen Verbindungen machen. Man hat daran um vieler Vortheile willen, welche diese Einrichtung gewährt, wohl glauben wollen: man hat daran um mehrerer Ursachen willen glauben können, ohne sich dem Vorwurfe der Unvernunft auszusetzen.

Inzwischen ist dieser Glaube keineswegs allgemein. Nur unter den höheren Ständen ist er ausgebreitet, und auch unter diesen verliert er sich immer mehr in denjenigen Städten, wo französischer Leichtsinn mit französischen Sitten täglich Oberhand gewinnt.

Es läßt sich durchaus nichts Allgemeines über den innern Gehalt dieser Verbindungen sagen. Ich bin überzeugt, daß es einige darunter giebt, in denen wahre Liebe mit unsträflichem Betragen gepaart wird. Ihre Zahl muß der Natur der Sache nach sehr gering seyn. Es giebt andere, die bloß auf Eitelkeit und Beschäftigungstrieb beruhen; ihre Zahl ist wahrscheinlich die größere. In einige mischt sich die Imagination: in andere die Sinnlichkeit ein. Viele haben nichts zum Grunde, als die Mode und die Idee, daß eine Dame nicht ohne Begleiter seyn dürfe.

Der Cicisbeo wird sehr oft für die junge Frau von den Anverwandten gewählt; und daß die Wahl nicht immer auf den Liebenswürdigsten falle, läßt sich

u. s. w.; alles dieß trägt dazu bey, wenigstens vor einer solchen Verirrung der Sinne zu bewahren, wodurch die Rechte der Paternität zweifelhaft gemacht würden.

Dieß vorausgesetzt, darf man den Italiänern keinen Vorwurf über ihre Leichtgläubigkeit an die Unschuld, oder wenigstens an die Abwesenheit gröberer Ausschweifungen bey diesen Verbindungen machen. Man hat daran um vieler Vortheile willen, welche diese Einrichtung gewährt, wohl glauben wollen: man hat daran um mehrerer Ursachen willen glauben können, ohne sich dem Vorwurfe der Unvernunft auszusetzen.

Inzwischen ist dieser Glaube keineswegs allgemein. Nur unter den höheren Ständen ist er ausgebreitet, und auch unter diesen verliert er sich immer mehr in denjenigen Städten, wo französischer Leichtsinn mit französischen Sitten täglich Oberhand gewinnt.

Es läßt sich durchaus nichts Allgemeines über den innern Gehalt dieser Verbindungen sagen. Ich bin überzeugt, daß es einige darunter giebt, in denen wahre Liebe mit unsträflichem Betragen gepaart wird. Ihre Zahl muß der Natur der Sache nach sehr gering seyn. Es giebt andere, die bloß auf Eitelkeit und Beschäftigungstrieb beruhen; ihre Zahl ist wahrscheinlich die größere. In einige mischt sich die Imagination: in andere die Sinnlichkeit ein. Viele haben nichts zum Grunde, als die Mode und die Idee, daß eine Dame nicht ohne Begleiter seyn dürfe.

Der Cicisbeo wird sehr oft für die junge Frau von den Anverwandten gewählt; und daß die Wahl nicht immer auf den Liebenswürdigsten falle, läßt sich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0329" n="329"/>
u. s. w.; alles dieß trägt dazu bey, wenigstens vor einer solchen Verirrung der Sinne zu bewahren, wodurch die Rechte der Paternität zweifelhaft gemacht würden.</p>
          <p>Dieß vorausgesetzt, darf man den Italiänern keinen Vorwurf über ihre Leichtgläubigkeit an die Unschuld, oder wenigstens an die Abwesenheit gröberer Ausschweifungen bey diesen Verbindungen machen. Man hat daran um vieler Vortheile willen, welche diese Einrichtung gewährt, wohl glauben <hi rendition="#g">wollen:</hi> man hat daran um mehrerer Ursachen willen glauben <hi rendition="#g">können,</hi> ohne sich dem Vorwurfe der Unvernunft auszusetzen.</p>
          <p>Inzwischen ist dieser Glaube keineswegs allgemein. Nur unter den höheren Ständen ist er ausgebreitet, und auch unter diesen verliert er sich immer mehr in denjenigen Städten, wo französischer Leichtsinn mit französischen Sitten täglich Oberhand gewinnt.</p>
          <p>Es läßt sich durchaus nichts Allgemeines über den innern Gehalt dieser Verbindungen sagen. Ich bin überzeugt, daß es einige darunter giebt, in denen wahre Liebe mit unsträflichem Betragen gepaart wird. Ihre Zahl muß der Natur der Sache <choice><sic>noch</sic><corr>nach</corr></choice> sehr gering seyn. Es giebt andere, die bloß auf Eitelkeit und Beschäftigungstrieb beruhen; ihre Zahl ist wahrscheinlich die größere. In einige mischt sich die Imagination: in andere die Sinnlichkeit ein. Viele haben nichts zum Grunde, als die Mode und die Idee, daß eine Dame nicht ohne Begleiter seyn dürfe.</p>
          <p>Der Cicisbeo wird sehr oft für die junge Frau von den Anverwandten gewählt; und daß die Wahl nicht immer auf den Liebenswürdigsten falle, läßt sich
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[329/0329] u. s. w.; alles dieß trägt dazu bey, wenigstens vor einer solchen Verirrung der Sinne zu bewahren, wodurch die Rechte der Paternität zweifelhaft gemacht würden. Dieß vorausgesetzt, darf man den Italiänern keinen Vorwurf über ihre Leichtgläubigkeit an die Unschuld, oder wenigstens an die Abwesenheit gröberer Ausschweifungen bey diesen Verbindungen machen. Man hat daran um vieler Vortheile willen, welche diese Einrichtung gewährt, wohl glauben wollen: man hat daran um mehrerer Ursachen willen glauben können, ohne sich dem Vorwurfe der Unvernunft auszusetzen. Inzwischen ist dieser Glaube keineswegs allgemein. Nur unter den höheren Ständen ist er ausgebreitet, und auch unter diesen verliert er sich immer mehr in denjenigen Städten, wo französischer Leichtsinn mit französischen Sitten täglich Oberhand gewinnt. Es läßt sich durchaus nichts Allgemeines über den innern Gehalt dieser Verbindungen sagen. Ich bin überzeugt, daß es einige darunter giebt, in denen wahre Liebe mit unsträflichem Betragen gepaart wird. Ihre Zahl muß der Natur der Sache nach sehr gering seyn. Es giebt andere, die bloß auf Eitelkeit und Beschäftigungstrieb beruhen; ihre Zahl ist wahrscheinlich die größere. In einige mischt sich die Imagination: in andere die Sinnlichkeit ein. Viele haben nichts zum Grunde, als die Mode und die Idee, daß eine Dame nicht ohne Begleiter seyn dürfe. Der Cicisbeo wird sehr oft für die junge Frau von den Anverwandten gewählt; und daß die Wahl nicht immer auf den Liebenswürdigsten falle, läßt sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/329
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/329>, abgerufen am 25.11.2024.