Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Mann, der sich öffentlichen Geschäften oder dem Handel widmet, kann weder seine Frau beständig begleiten, noch viel zu ihrer Unterhaltung beytragen. Junge Männer, die noch nicht das gesetzliche Alter zur Bekleidung von Bedienungen haben, werden durch Verbindungen mit Damen von anerkannter Würde und Tugend von Ausschweifungen zurückgehalten, für gesellige Liebenswürdigkeit ausgebildet, in und mit der Welt bekannter. Junge Damen, die erst eben in die Welt treten, erhalten an einem Manne von Gewicht und Ansehn, der ihr Cavaliere wird, eine Stütze, einen Rathgeber, und nicht selten ist dieser auch die Stütze des Gatten in Staaten, wo der Parteygeist so nothwendig ist, und alle Mittel angewandt werden, ihn zu erwecken, und zu erhalten. Erwägt man diese Vortheile, welche die Cicisbeatura mit sich führt; so wird es erklärbar, warum man die Ideen von Unschuld und Unsträflichkeit solcher Verbindungen, die bereits in den Werken der Dichter und Philosophen herrschend waren, in der wirklichen Welt angenommen, und, so zu sagen, zur Glaubenspflicht gemacht hat. Unter hundert Ehemännern, die eifersüchtig sind, giebt es kaum zehn, die es auf die Personen ihrer Frauen sind: alle übrigen sind es auf ihre Ehre und ihren Ruf. Dieser letzte leidet nach den Sitten Italiens gar nicht. Die Ehre des Mannes bleibt ungekränkt. Man darf aber sogar mit einiger Zuverlässigkeit behaupten, daß die eheliche Treue bey diesem Institut nicht mehr, und vielleicht weniger Gefahr läuft, als in andern Ländern, wo es nicht eingeführt ist. Mann, der sich öffentlichen Geschäften oder dem Handel widmet, kann weder seine Frau beständig begleiten, noch viel zu ihrer Unterhaltung beytragen. Junge Männer, die noch nicht das gesetzliche Alter zur Bekleidung von Bedienungen haben, werden durch Verbindungen mit Damen von anerkannter Würde und Tugend von Ausschweifungen zurückgehalten, für gesellige Liebenswürdigkeit ausgebildet, in und mit der Welt bekannter. Junge Damen, die erst eben in die Welt treten, erhalten an einem Manne von Gewicht und Ansehn, der ihr Cavaliere wird, eine Stütze, einen Rathgeber, und nicht selten ist dieser auch die Stütze des Gatten in Staaten, wo der Parteygeist so nothwendig ist, und alle Mittel angewandt werden, ihn zu erwecken, und zu erhalten. Erwägt man diese Vortheile, welche die Cicisbeatura mit sich führt; so wird es erklärbar, warum man die Ideen von Unschuld und Unsträflichkeit solcher Verbindungen, die bereits in den Werken der Dichter und Philosophen herrschend waren, in der wirklichen Welt angenommen, und, so zu sagen, zur Glaubenspflicht gemacht hat. Unter hundert Ehemännern, die eifersüchtig sind, giebt es kaum zehn, die es auf die Personen ihrer Frauen sind: alle übrigen sind es auf ihre Ehre und ihren Ruf. Dieser letzte leidet nach den Sitten Italiens gar nicht. Die Ehre des Mannes bleibt ungekränkt. Man darf aber sogar mit einiger Zuverlässigkeit behaupten, daß die eheliche Treue bey diesem Institut nicht mehr, und vielleicht weniger Gefahr läuft, als in andern Ländern, wo es nicht eingeführt ist. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0327" n="327"/> Mann, der sich öffentlichen Geschäften oder dem Handel widmet, kann weder seine Frau beständig begleiten, noch viel zu ihrer Unterhaltung beytragen. Junge Männer, die noch nicht das gesetzliche Alter zur Bekleidung von Bedienungen haben, werden durch Verbindungen mit Damen von anerkannter Würde und Tugend von Ausschweifungen zurückgehalten, für gesellige Liebenswürdigkeit ausgebildet, in und mit der Welt bekannter. Junge Damen, die erst eben in die Welt treten, erhalten an einem Manne von Gewicht und Ansehn, der ihr Cavaliere wird, eine Stütze, einen Rathgeber, und nicht selten ist dieser auch die Stütze des Gatten in Staaten, wo der Parteygeist so nothwendig ist, und alle Mittel angewandt werden, ihn zu erwecken, und zu erhalten.</p> <p>Erwägt man diese Vortheile, welche die Cicisbeatura mit sich führt; so wird es erklärbar, warum man die Ideen von Unschuld und Unsträflichkeit solcher Verbindungen, die bereits in den Werken der Dichter und Philosophen herrschend waren, in der wirklichen Welt angenommen, und, so zu sagen, zur Glaubenspflicht gemacht hat. Unter hundert Ehemännern, die eifersüchtig sind, giebt es kaum zehn, die es auf die Personen ihrer Frauen sind: alle übrigen sind es auf ihre Ehre und ihren Ruf. Dieser letzte leidet nach den Sitten Italiens gar nicht. Die Ehre des Mannes bleibt ungekränkt.</p> <p>Man darf aber sogar mit einiger Zuverlässigkeit behaupten, daß die eheliche Treue bey diesem Institut nicht mehr, und vielleicht weniger Gefahr läuft, als in andern Ländern, wo es nicht eingeführt ist.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [327/0327]
Mann, der sich öffentlichen Geschäften oder dem Handel widmet, kann weder seine Frau beständig begleiten, noch viel zu ihrer Unterhaltung beytragen. Junge Männer, die noch nicht das gesetzliche Alter zur Bekleidung von Bedienungen haben, werden durch Verbindungen mit Damen von anerkannter Würde und Tugend von Ausschweifungen zurückgehalten, für gesellige Liebenswürdigkeit ausgebildet, in und mit der Welt bekannter. Junge Damen, die erst eben in die Welt treten, erhalten an einem Manne von Gewicht und Ansehn, der ihr Cavaliere wird, eine Stütze, einen Rathgeber, und nicht selten ist dieser auch die Stütze des Gatten in Staaten, wo der Parteygeist so nothwendig ist, und alle Mittel angewandt werden, ihn zu erwecken, und zu erhalten.
Erwägt man diese Vortheile, welche die Cicisbeatura mit sich führt; so wird es erklärbar, warum man die Ideen von Unschuld und Unsträflichkeit solcher Verbindungen, die bereits in den Werken der Dichter und Philosophen herrschend waren, in der wirklichen Welt angenommen, und, so zu sagen, zur Glaubenspflicht gemacht hat. Unter hundert Ehemännern, die eifersüchtig sind, giebt es kaum zehn, die es auf die Personen ihrer Frauen sind: alle übrigen sind es auf ihre Ehre und ihren Ruf. Dieser letzte leidet nach den Sitten Italiens gar nicht. Die Ehre des Mannes bleibt ungekränkt.
Man darf aber sogar mit einiger Zuverlässigkeit behaupten, daß die eheliche Treue bey diesem Institut nicht mehr, und vielleicht weniger Gefahr läuft, als in andern Ländern, wo es nicht eingeführt ist.
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