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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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des Idols, und nach der gelungenen körperlichen Verbindung endige: daß sie einseitig genieße: daß hingegen diese ausdauernd sey unter allen Verhältnissen, und daß das Glück des Geliebten eigentlich den höchsten Genuß für den Liebenden ausmache. R. bemüht sich auch, die Helden dieses Romans so handeln zu lassen, als wenn ihr Herz gerührt, nicht bloß ihre Imagination erhitzt sey. Aber deutlich fühlt man demungeachtet, daß die Kenntniß, die er von dieser Liebe hatte, weniger Sache der Erfahrung als des Verstandes war: daß sie mehr auf Ahnungen und Bildern von anhaltender und gänzlicher Hingebung beruhte, welche die Begeisterung zuweilen herbeyführt, als auf wahrer Ueberzeugung von ihrer Wirklichkeit. Darum widersprechen so viele andre Handlungen denjenigen, aus welchen wahre Liebe hervorleuchtet: darum ist die Sprache, welche die Liebenden führen, noch so sehr von der Sprache des Herzens verschieden.

St. Preux schreibt in den mehrsten seiner Briefe wie ein Begeisterter. Aus andern guckt der Autor hervor: es sind Aufsätze des Poeten und des Philosophen. Julie handelt in dem ersten Theile wie ein höchst leidenschaftliches Mädchen, und schreibt sehr oft wie eine kalte Vernünftlerin, die überher ganz vergißt, daß ihr Wandel sie zu solchen Tugendlehren gar nicht berechtigt. Kein Weib, das wahre Liebe empfunden hat, wird sich überzeugen können, daß diese ihre Feder geführt habe. Der Brief, den sie ihrem Geliebten nach dem Tode ihrer Mutter schreibt, enthält Vorwürfe, die nicht einmahl mit der Zartheit eines weichgeschaffenen Herzens, viel weniger mit der Liebe bestehen. Diese nimmt von den Vergehungen, zu

des Idols, und nach der gelungenen körperlichen Verbindung endige: daß sie einseitig genieße: daß hingegen diese ausdauernd sey unter allen Verhältnissen, und daß das Glück des Geliebten eigentlich den höchsten Genuß für den Liebenden ausmache. R. bemüht sich auch, die Helden dieses Romans so handeln zu lassen, als wenn ihr Herz gerührt, nicht bloß ihre Imagination erhitzt sey. Aber deutlich fühlt man demungeachtet, daß die Kenntniß, die er von dieser Liebe hatte, weniger Sache der Erfahrung als des Verstandes war: daß sie mehr auf Ahnungen und Bildern von anhaltender und gänzlicher Hingebung beruhte, welche die Begeisterung zuweilen herbeyführt, als auf wahrer Ueberzeugung von ihrer Wirklichkeit. Darum widersprechen so viele andre Handlungen denjenigen, aus welchen wahre Liebe hervorleuchtet: darum ist die Sprache, welche die Liebenden führen, noch so sehr von der Sprache des Herzens verschieden.

St. Preux schreibt in den mehrsten seiner Briefe wie ein Begeisterter. Aus andern guckt der Autor hervor: es sind Aufsätze des Poeten und des Philosophen. Julie handelt in dem ersten Theile wie ein höchst leidenschaftliches Mädchen, und schreibt sehr oft wie eine kalte Vernünftlerin, die überher ganz vergißt, daß ihr Wandel sie zu solchen Tugendlehren gar nicht berechtigt. Kein Weib, das wahre Liebe empfunden hat, wird sich überzeugen können, daß diese ihre Feder geführt habe. Der Brief, den sie ihrem Geliebten nach dem Tode ihrer Mutter schreibt, enthält Vorwürfe, die nicht einmahl mit der Zartheit eines weichgeschaffenen Herzens, viel weniger mit der Liebe bestehen. Diese nimmt von den Vergehungen, zu

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[311/0311] des Idols, und nach der gelungenen körperlichen Verbindung endige: daß sie einseitig genieße: daß hingegen diese ausdauernd sey unter allen Verhältnissen, und daß das Glück des Geliebten eigentlich den höchsten Genuß für den Liebenden ausmache. R. bemüht sich auch, die Helden dieses Romans so handeln zu lassen, als wenn ihr Herz gerührt, nicht bloß ihre Imagination erhitzt sey. Aber deutlich fühlt man demungeachtet, daß die Kenntniß, die er von dieser Liebe hatte, weniger Sache der Erfahrung als des Verstandes war: daß sie mehr auf Ahnungen und Bildern von anhaltender und gänzlicher Hingebung beruhte, welche die Begeisterung zuweilen herbeyführt, als auf wahrer Ueberzeugung von ihrer Wirklichkeit. Darum widersprechen so viele andre Handlungen denjenigen, aus welchen wahre Liebe hervorleuchtet: darum ist die Sprache, welche die Liebenden führen, noch so sehr von der Sprache des Herzens verschieden. St. Preux schreibt in den mehrsten seiner Briefe wie ein Begeisterter. Aus andern guckt der Autor hervor: es sind Aufsätze des Poeten und des Philosophen. Julie handelt in dem ersten Theile wie ein höchst leidenschaftliches Mädchen, und schreibt sehr oft wie eine kalte Vernünftlerin, die überher ganz vergißt, daß ihr Wandel sie zu solchen Tugendlehren gar nicht berechtigt. Kein Weib, das wahre Liebe empfunden hat, wird sich überzeugen können, daß diese ihre Feder geführt habe. Der Brief, den sie ihrem Geliebten nach dem Tode ihrer Mutter schreibt, enthält Vorwürfe, die nicht einmahl mit der Zartheit eines weichgeschaffenen Herzens, viel weniger mit der Liebe bestehen. Diese nimmt von den Vergehungen, zu

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/311>, abgerufen am 25.11.2024.