Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Es läßt sich kaum von Petrarka erwarten, daß er völlig in die Ideen dieses Philosophen der Vorzeit eingedrungen seyn sollte, um so mehr, da dieser sich darüber nicht völlig einstimmig mit sich selbst in allen seinen Schriften äußert. Es läßt sich nicht läugnen, daß beyde aus der Vereinigung mit den Gegenständen ihrer Anhänglichkeit einen geistigen Genuß zu ziehen gesucht haben. Eben so wahr ist es, daß beyde behauptet haben, das Geistige verdiene in der Liebe den Vorzug vor dem Körperlichen, oder sey vielmehr einzig würdig, geliebt zu werden. Endlich kommen beyde darin überein, daß sie in der Liebe einen Anreitz zur Tugend finden, und sich durch die Bewunderung der physischen Schönheit zur geistigen, und von dieser sogar zu dem übersinnlichen und höchsten Wesen erheben wollen. Aber dieser anscheinenden Aehnlichkeit ungeachtet trifft man bey genauerer Prüfung dennoch eine große Verschiedenheit unter ihnen an. Petrarka dachte über die Liebe ganz anders als Dichter und als Laurens Liebhaber, ganz anders als Moralist. In dieser letzten Eigenschaft verdammte er alle Liebe zur Kreatur, und glaubte, daß alles falschen Adels ungeachtet, welchen man dieser Leidenschaft beyzulegen suche, sie allemahl auf Sinnlichkeit beruhe, von der Liebe zu Gott und von der Religion abziehe, die besten Kräfte des Menschen verzehre, und folglich sowohl den Pflichten gegen das höchste Wesen, als gegen uns selbst und die Gesellschaft entgegen sey. Das Beste, was sie allenfalls einflöße, sey die Begierde nach Ruhm, mit der der Mensch aber gleichfalls nicht weit reiche. Es läßt sich kaum von Petrarka erwarten, daß er völlig in die Ideen dieses Philosophen der Vorzeit eingedrungen seyn sollte, um so mehr, da dieser sich darüber nicht völlig einstimmig mit sich selbst in allen seinen Schriften äußert. Es läßt sich nicht läugnen, daß beyde aus der Vereinigung mit den Gegenständen ihrer Anhänglichkeit einen geistigen Genuß zu ziehen gesucht haben. Eben so wahr ist es, daß beyde behauptet haben, das Geistige verdiene in der Liebe den Vorzug vor dem Körperlichen, oder sey vielmehr einzig würdig, geliebt zu werden. Endlich kommen beyde darin überein, daß sie in der Liebe einen Anreitz zur Tugend finden, und sich durch die Bewunderung der physischen Schönheit zur geistigen, und von dieser sogar zu dem übersinnlichen und höchsten Wesen erheben wollen. Aber dieser anscheinenden Aehnlichkeit ungeachtet trifft man bey genauerer Prüfung dennoch eine große Verschiedenheit unter ihnen an. Petrarka dachte über die Liebe ganz anders als Dichter und als Laurens Liebhaber, ganz anders als Moralist. In dieser letzten Eigenschaft verdammte er alle Liebe zur Kreatur, und glaubte, daß alles falschen Adels ungeachtet, welchen man dieser Leidenschaft beyzulegen suche, sie allemahl auf Sinnlichkeit beruhe, von der Liebe zu Gott und von der Religion abziehe, die besten Kräfte des Menschen verzehre, und folglich sowohl den Pflichten gegen das höchste Wesen, als gegen uns selbst und die Gesellschaft entgegen sey. Das Beste, was sie allenfalls einflöße, sey die Begierde nach Ruhm, mit der der Mensch aber gleichfalls nicht weit reiche. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0226" n="226"/> Es läßt sich kaum von Petrarka erwarten, daß er völlig in die Ideen dieses Philosophen der Vorzeit eingedrungen seyn sollte, um so mehr, da dieser sich darüber nicht völlig einstimmig mit sich selbst in allen seinen Schriften äußert.</p> <p>Es läßt sich nicht läugnen, daß beyde aus der Vereinigung mit den Gegenständen ihrer Anhänglichkeit einen geistigen Genuß zu ziehen gesucht haben. Eben so wahr <choice><sic>ist</sic><corr>ist es</corr></choice>, daß beyde behauptet haben, das Geistige verdiene in der Liebe den Vorzug vor dem Körperlichen, oder sey vielmehr einzig würdig, geliebt zu werden. Endlich kommen beyde darin überein, daß sie in der Liebe einen Anreitz zur Tugend finden, und sich durch die Bewunderung der physischen Schönheit zur geistigen, und von dieser sogar zu dem übersinnlichen und höchsten Wesen erheben wollen. Aber dieser anscheinenden Aehnlichkeit ungeachtet trifft man bey genauerer Prüfung dennoch eine große Verschiedenheit unter ihnen an.</p> <p>Petrarka dachte über die Liebe ganz anders als Dichter und als Laurens Liebhaber, ganz anders als Moralist. In dieser letzten Eigenschaft verdammte er alle Liebe zur Kreatur, und glaubte, daß alles falschen Adels ungeachtet, welchen man dieser Leidenschaft beyzulegen suche, sie allemahl auf Sinnlichkeit beruhe, von der Liebe zu Gott und von der Religion abziehe, die besten Kräfte des Menschen verzehre, und folglich sowohl den Pflichten gegen das höchste Wesen, als gegen uns selbst und die Gesellschaft entgegen sey. Das Beste, was sie allenfalls einflöße, sey die Begierde nach Ruhm, mit der der Mensch aber gleichfalls nicht weit reiche.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [226/0226]
Es läßt sich kaum von Petrarka erwarten, daß er völlig in die Ideen dieses Philosophen der Vorzeit eingedrungen seyn sollte, um so mehr, da dieser sich darüber nicht völlig einstimmig mit sich selbst in allen seinen Schriften äußert.
Es läßt sich nicht läugnen, daß beyde aus der Vereinigung mit den Gegenständen ihrer Anhänglichkeit einen geistigen Genuß zu ziehen gesucht haben. Eben so wahr ist es, daß beyde behauptet haben, das Geistige verdiene in der Liebe den Vorzug vor dem Körperlichen, oder sey vielmehr einzig würdig, geliebt zu werden. Endlich kommen beyde darin überein, daß sie in der Liebe einen Anreitz zur Tugend finden, und sich durch die Bewunderung der physischen Schönheit zur geistigen, und von dieser sogar zu dem übersinnlichen und höchsten Wesen erheben wollen. Aber dieser anscheinenden Aehnlichkeit ungeachtet trifft man bey genauerer Prüfung dennoch eine große Verschiedenheit unter ihnen an.
Petrarka dachte über die Liebe ganz anders als Dichter und als Laurens Liebhaber, ganz anders als Moralist. In dieser letzten Eigenschaft verdammte er alle Liebe zur Kreatur, und glaubte, daß alles falschen Adels ungeachtet, welchen man dieser Leidenschaft beyzulegen suche, sie allemahl auf Sinnlichkeit beruhe, von der Liebe zu Gott und von der Religion abziehe, die besten Kräfte des Menschen verzehre, und folglich sowohl den Pflichten gegen das höchste Wesen, als gegen uns selbst und die Gesellschaft entgegen sey. Das Beste, was sie allenfalls einflöße, sey die Begierde nach Ruhm, mit der der Mensch aber gleichfalls nicht weit reiche.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |