Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.sein Herz legten ihm Keuschheit als Pflicht auf. Er verachtete sich selbst, wenn er gefallen war; so sagt er es selbst, und es ist zu glauben. Seine Leidenschaft zu Lauren schlug seine Begierden nieder: sie bewahrte ihn vor groben Ausschweifungen. So erleichterte sie ihm die Mittel, sich selbst zu achten, und seine Leidenschaft veredelte sich vor seinen Augen durch ihre Folgen. Petrarka war devot. Alle zärtlichen Seelen, alle reitzbaren Imaginationen sind es, aber er ward dazu als Geistlicher und nach der Denkungsart seines Zeitalters doppelt aufgefordert. Freunde und Feinde machten ihm Vorwürfe über seine Liebe zur Kreatur. Der Kampf, den seine Seele empfand, verstärkte seine Leidenschaft: er suchte seine Schwäche mit seinem Gewissen auszusöhnen. Was er war, war er ja durch Lauren! Sie hatte ihn von größeren Lastern befreyet! Sie hatte ihn das Eitle ehrgeitziger Wünsche kennen gelehrt! Und seine Triebe zu ihr sind so rein! Was er an ihr liebt, sind ihre Vollkommenheiten, ihre Tugenden! Religiöse Schwärmerey gesellt sich zur Liebe: Er verehrt das höchste unsinnliche Wesen in dem vollkommensten seiner sichtbaren Werke. Petrarka war ein enthusiastischer Verehrer des Alterthums. Er strebte unaufhörlich, die Denkungsart der Griechen und Römer zu seiner eigenen und zu der seines Zeitalters zu machen. Als er im Plato Ideen fand, die mit seiner Lage und mit seiner Denkungsart im Verhältnisse standen; wie reitzend mußten sie ihm nicht schon darum seyn, weil sie das Ehrwürdige des Alterthums für sich hatten! sein Herz legten ihm Keuschheit als Pflicht auf. Er verachtete sich selbst, wenn er gefallen war; so sagt er es selbst, und es ist zu glauben. Seine Leidenschaft zu Lauren schlug seine Begierden nieder: sie bewahrte ihn vor groben Ausschweifungen. So erleichterte sie ihm die Mittel, sich selbst zu achten, und seine Leidenschaft veredelte sich vor seinen Augen durch ihre Folgen. Petrarka war devot. Alle zärtlichen Seelen, alle reitzbaren Imaginationen sind es, aber er ward dazu als Geistlicher und nach der Denkungsart seines Zeitalters doppelt aufgefordert. Freunde und Feinde machten ihm Vorwürfe über seine Liebe zur Kreatur. Der Kampf, den seine Seele empfand, verstärkte seine Leidenschaft: er suchte seine Schwäche mit seinem Gewissen auszusöhnen. Was er war, war er ja durch Lauren! Sie hatte ihn von größeren Lastern befreyet! Sie hatte ihn das Eitle ehrgeitziger Wünsche kennen gelehrt! Und seine Triebe zu ihr sind so rein! Was er an ihr liebt, sind ihre Vollkommenheiten, ihre Tugenden! Religiöse Schwärmerey gesellt sich zur Liebe: Er verehrt das höchste unsinnliche Wesen in dem vollkommensten seiner sichtbaren Werke. Petrarka war ein enthusiastischer Verehrer des Alterthums. Er strebte unaufhörlich, die Denkungsart der Griechen und Römer zu seiner eigenen und zu der seines Zeitalters zu machen. Als er im Plato Ideen fand, die mit seiner Lage und mit seiner Denkungsart im Verhältnisse standen; wie reitzend mußten sie ihm nicht schon darum seyn, weil sie das Ehrwürdige des Alterthums für sich hatten! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0214" n="214"/> sein Herz legten ihm Keuschheit als Pflicht auf. Er verachtete sich selbst, wenn er gefallen war; so sagt er es selbst, und es ist zu glauben. Seine Leidenschaft zu Lauren schlug seine Begierden nieder: sie bewahrte ihn vor groben Ausschweifungen. So erleichterte sie ihm die Mittel, sich selbst zu achten, und seine Leidenschaft veredelte sich vor seinen Augen durch ihre Folgen.</p> <p>Petrarka war devot. Alle zärtlichen Seelen, alle reitzbaren Imaginationen sind es, aber er ward dazu als Geistlicher und nach der Denkungsart seines Zeitalters doppelt aufgefordert. Freunde und Feinde machten ihm Vorwürfe über seine Liebe zur Kreatur. Der Kampf, den seine Seele empfand, verstärkte seine Leidenschaft: er suchte seine Schwäche mit seinem Gewissen auszusöhnen. Was er war, war er ja durch Lauren! Sie hatte ihn von größeren Lastern befreyet! Sie hatte ihn das Eitle ehrgeitziger Wünsche kennen gelehrt! Und seine Triebe zu ihr sind so rein! Was er an ihr liebt, sind ihre Vollkommenheiten, ihre Tugenden! Religiöse Schwärmerey gesellt sich zur Liebe: Er verehrt das höchste unsinnliche Wesen in dem vollkommensten seiner sichtbaren Werke.</p> <p>Petrarka war ein enthusiastischer Verehrer des Alterthums. Er strebte unaufhörlich, die Denkungsart der Griechen und Römer zu seiner eigenen und zu der seines Zeitalters zu machen. Als er im Plato Ideen fand, die mit seiner Lage und mit seiner Denkungsart im Verhältnisse standen; wie reitzend mußten sie ihm nicht schon darum seyn, weil sie das Ehrwürdige des Alterthums für sich hatten!</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0214]
sein Herz legten ihm Keuschheit als Pflicht auf. Er verachtete sich selbst, wenn er gefallen war; so sagt er es selbst, und es ist zu glauben. Seine Leidenschaft zu Lauren schlug seine Begierden nieder: sie bewahrte ihn vor groben Ausschweifungen. So erleichterte sie ihm die Mittel, sich selbst zu achten, und seine Leidenschaft veredelte sich vor seinen Augen durch ihre Folgen.
Petrarka war devot. Alle zärtlichen Seelen, alle reitzbaren Imaginationen sind es, aber er ward dazu als Geistlicher und nach der Denkungsart seines Zeitalters doppelt aufgefordert. Freunde und Feinde machten ihm Vorwürfe über seine Liebe zur Kreatur. Der Kampf, den seine Seele empfand, verstärkte seine Leidenschaft: er suchte seine Schwäche mit seinem Gewissen auszusöhnen. Was er war, war er ja durch Lauren! Sie hatte ihn von größeren Lastern befreyet! Sie hatte ihn das Eitle ehrgeitziger Wünsche kennen gelehrt! Und seine Triebe zu ihr sind so rein! Was er an ihr liebt, sind ihre Vollkommenheiten, ihre Tugenden! Religiöse Schwärmerey gesellt sich zur Liebe: Er verehrt das höchste unsinnliche Wesen in dem vollkommensten seiner sichtbaren Werke.
Petrarka war ein enthusiastischer Verehrer des Alterthums. Er strebte unaufhörlich, die Denkungsart der Griechen und Römer zu seiner eigenen und zu der seines Zeitalters zu machen. Als er im Plato Ideen fand, die mit seiner Lage und mit seiner Denkungsart im Verhältnisse standen; wie reitzend mußten sie ihm nicht schon darum seyn, weil sie das Ehrwürdige des Alterthums für sich hatten!
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