Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.allen Ländern von Europa Frauenzimmer, die sich durch ihre Talente und Kenntnisse einen Nahmen erwarben. Mehrere von ihnen strebten durch ihren unverheiratheten Stand, und mittelst des Rufs ihrer Unempfindlichkeit gegen die Liebe der Selbständigkeit ihres Geschlechts, der Gleichheit desselben mit dem unsrigen, ja! dem Vorzuge vor diesem nach. Die Königin Elisabeth von England ist eines der auffallendsten Beyspiele solcher Heroinen. 2) Aber was mehr als dieß das Ansehn des schönen Geschlechtes hob, war das Bestreben des unsrigen nach einer höheren geselligen Politur. Wenn alle gesittete Völker die Weiber mit Schonung und Gefälligkeit behandelt haben, wenn im zwölften und dreyzehnten Jahrhunderte diese Behandlung eine unbehülfliche und eben darum umständliche Form angenommen hatte, so glaubte das Zeitalter, von dem wir reden, daß die höchste Stufe von Sittlichkeit, Menschenliebe und Bescheidenheit darin bestände, den schwächeren Theil des menschlichen Geschlechts zu vergöttern. Zu gleicher Zeit kleidete es seine excentrischen Gesinnungen, aus einem falschen Begriffe von Eleganz, in so hyperbolische Ausdrücke, daß man mit Recht von der Art, sich gegen das Frauenzimmer zu benehmen, sagen konnte, nichts klang in ihr wie Alles, und Alles wie nichts. In diese Zeiten gehören eigentlich die öffentlichen Huldigungen, die dem Frauenzimmer bey allen feyerlichen Gelegenheiten dargebracht wurden. In diesen Zeiten wurde es den Rittern gewisser Korporationen zur Pflicht gemacht, nicht bloß hülfsbedürftige Weiber zu 2) Man vergleiche Thomas sur les femmes, p. 71 seq.
allen Ländern von Europa Frauenzimmer, die sich durch ihre Talente und Kenntnisse einen Nahmen erwarben. Mehrere von ihnen strebten durch ihren unverheiratheten Stand, und mittelst des Rufs ihrer Unempfindlichkeit gegen die Liebe der Selbständigkeit ihres Geschlechts, der Gleichheit desselben mit dem unsrigen, ja! dem Vorzuge vor diesem nach. Die Königin Elisabeth von England ist eines der auffallendsten Beyspiele solcher Heroinen. 2) Aber was mehr als dieß das Ansehn des schönen Geschlechtes hob, war das Bestreben des unsrigen nach einer höheren geselligen Politur. Wenn alle gesittete Völker die Weiber mit Schonung und Gefälligkeit behandelt haben, wenn im zwölften und dreyzehnten Jahrhunderte diese Behandlung eine unbehülfliche und eben darum umständliche Form angenommen hatte, so glaubte das Zeitalter, von dem wir reden, daß die höchste Stufe von Sittlichkeit, Menschenliebe und Bescheidenheit darin bestände, den schwächeren Theil des menschlichen Geschlechts zu vergöttern. Zu gleicher Zeit kleidete es seine excentrischen Gesinnungen, aus einem falschen Begriffe von Eleganz, in so hyperbolische Ausdrücke, daß man mit Recht von der Art, sich gegen das Frauenzimmer zu benehmen, sagen konnte, nichts klang in ihr wie Alles, und Alles wie nichts. In diese Zeiten gehören eigentlich die öffentlichen Huldigungen, die dem Frauenzimmer bey allen feyerlichen Gelegenheiten dargebracht wurden. In diesen Zeiten wurde es den Rittern gewisser Korporationen zur Pflicht gemacht, nicht bloß hülfsbedürftige Weiber zu 2) Man vergleiche Thomas sur les femmes, p. 71 seq.
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allen Ländern von Europa Frauenzimmer, die sich durch ihre Talente und Kenntnisse einen Nahmen erwarben. Mehrere von ihnen strebten durch ihren unverheiratheten Stand, und mittelst des Rufs ihrer Unempfindlichkeit gegen die Liebe der Selbständigkeit ihres Geschlechts, der Gleichheit desselben mit dem unsrigen, ja! dem Vorzuge vor diesem nach. Die Königin Elisabeth von England ist eines der auffallendsten Beyspiele solcher Heroinen. 2)
Aber was mehr als dieß das Ansehn des schönen Geschlechtes hob, war das Bestreben des unsrigen nach einer höheren geselligen Politur. Wenn alle gesittete Völker die Weiber mit Schonung und Gefälligkeit behandelt haben, wenn im zwölften und dreyzehnten Jahrhunderte diese Behandlung eine unbehülfliche und eben darum umständliche Form angenommen hatte, so glaubte das Zeitalter, von dem wir reden, daß die höchste Stufe von Sittlichkeit, Menschenliebe und Bescheidenheit darin bestände, den schwächeren Theil des menschlichen Geschlechts zu vergöttern. Zu gleicher Zeit kleidete es seine excentrischen Gesinnungen, aus einem falschen Begriffe von Eleganz, in so hyperbolische Ausdrücke, daß man mit Recht von der Art, sich gegen das Frauenzimmer zu benehmen, sagen konnte, nichts klang in ihr wie Alles, und Alles wie nichts.
In diese Zeiten gehören eigentlich die öffentlichen Huldigungen, die dem Frauenzimmer bey allen feyerlichen Gelegenheiten dargebracht wurden. In diesen Zeiten wurde es den Rittern gewisser Korporationen zur Pflicht gemacht, nicht bloß hülfsbedürftige Weiber zu
2) Man vergleiche Thomas sur les femmes, p. 71 seq.
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