Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

das Inhalt und Styl der spanischen Dichter und Romane auszeichnet, und das sie wahrscheinlich den Arabern zu danken hatten, den bescheidenern Glanz der Italiäner, und die Wahrheit, Natur und Einfachheit der Alten verdrängte. Ueberhaupt waren die Spanier und Italiäner die Lehrer der übrigen Nationen, deren Nachahmungssucht zwischen dem Geschmack beyder schwankte, und sich bald mehr zu dem einen, bald mehr zu dem andern hinneigte.

Man darf sich den Einfluß der schönen Litteratur auf die untern Stände in diesen Zeiten lange nicht so stark denken, als bey uns, wo die Gelegenheit, Bücher zu erhalten, durch die Buchdruckerkunst so sehr erleichtert, und die Neigung zur Lektüre so allgemein verbreitet ist. Die Bildung für das gesellige und handelnde Leben, welche durch Bücher erhalten werden kann, schränkte sich hauptsächlich auf die obern Stände, auf die Höfe, und die reicheren Bürger großer Städte ein.

In den Sitten dieser Klasse ist der Einfluß einer durch die genauere Bekanntschaft mit den Alten verbesserten Litteratur nicht zu verkennen. Das, was man den Geist der Ritterschaft nennt, hat ihn besonders empfunden, und sein Wesen in dieser Periode verdient um so mehr eine nähere Beleuchtung, da er mit der Galanterie in so genauem Verhältnisse steht.

Man hat unstreitig von sehr frühen Zeiten an den Stand der wehrbaren Männer, die zu Pferde stritten, von demjenigen der Soldaten, die zu Fuße kämpften, unterschieden. Man hat die Aufnahme in jenen ersten Stand mit Ceremonien begleitet, und ihm gewisse besondere Pflichten vorgeschrieben. Diese förmliche Wehrbarmachung ist um so wichtiger gewesen, da sie gemeiniglich

das Inhalt und Styl der spanischen Dichter und Romane auszeichnet, und das sie wahrscheinlich den Arabern zu danken hatten, den bescheidenern Glanz der Italiäner, und die Wahrheit, Natur und Einfachheit der Alten verdrängte. Ueberhaupt waren die Spanier und Italiäner die Lehrer der übrigen Nationen, deren Nachahmungssucht zwischen dem Geschmack beyder schwankte, und sich bald mehr zu dem einen, bald mehr zu dem andern hinneigte.

Man darf sich den Einfluß der schönen Litteratur auf die untern Stände in diesen Zeiten lange nicht so stark denken, als bey uns, wo die Gelegenheit, Bücher zu erhalten, durch die Buchdruckerkunst so sehr erleichtert, und die Neigung zur Lektüre so allgemein verbreitet ist. Die Bildung für das gesellige und handelnde Leben, welche durch Bücher erhalten werden kann, schränkte sich hauptsächlich auf die obern Stände, auf die Höfe, und die reicheren Bürger großer Städte ein.

In den Sitten dieser Klasse ist der Einfluß einer durch die genauere Bekanntschaft mit den Alten verbesserten Litteratur nicht zu verkennen. Das, was man den Geist der Ritterschaft nennt, hat ihn besonders empfunden, und sein Wesen in dieser Periode verdient um so mehr eine nähere Beleuchtung, da er mit der Galanterie in so genauem Verhältnisse steht.

Man hat unstreitig von sehr frühen Zeiten an den Stand der wehrbaren Männer, die zu Pferde stritten, von demjenigen der Soldaten, die zu Fuße kämpften, unterschieden. Man hat die Aufnahme in jenen ersten Stand mit Ceremonien begleitet, und ihm gewisse besondere Pflichten vorgeschrieben. Diese förmliche Wehrbarmachung ist um so wichtiger gewesen, da sie gemeiniglich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0153" n="153"/>
das Inhalt und Styl der spanischen Dichter und Romane auszeichnet, und das sie wahrscheinlich den Arabern zu danken hatten, den bescheidenern Glanz der Italiäner, und die Wahrheit, Natur und Einfachheit der Alten verdrängte. Ueberhaupt waren die Spanier und Italiäner die Lehrer der übrigen Nationen, deren Nachahmungssucht zwischen dem Geschmack beyder schwankte, und sich bald mehr zu dem einen, bald mehr zu dem andern hinneigte.</p>
            <p>Man darf sich den Einfluß der schönen Litteratur auf die untern Stände in diesen Zeiten lange nicht so stark denken, als bey uns, wo die Gelegenheit, Bücher zu erhalten, durch die Buchdruckerkunst so sehr erleichtert, und die Neigung zur Lektüre so allgemein verbreitet ist. Die Bildung für das gesellige und handelnde Leben, welche durch Bücher erhalten werden kann, schränkte sich hauptsächlich auf die obern Stände, auf die Höfe, und die reicheren Bürger großer Städte ein.</p>
            <p>In den Sitten dieser Klasse ist der Einfluß einer durch die genauere Bekanntschaft mit den Alten verbesserten Litteratur nicht zu verkennen. Das, was man den Geist der Ritterschaft nennt, hat ihn besonders empfunden, und sein Wesen in dieser Periode verdient um so mehr eine nähere Beleuchtung, da er mit der Galanterie in so genauem Verhältnisse steht.</p>
            <p>Man hat unstreitig von sehr frühen Zeiten an den Stand der wehrbaren Männer, die zu Pferde stritten, von demjenigen der Soldaten, die zu Fuße kämpften, unterschieden. Man hat die Aufnahme in jenen ersten Stand mit Ceremonien begleitet, und ihm gewisse besondere Pflichten vorgeschrieben. Diese förmliche Wehrbarmachung ist um so wichtiger gewesen, da sie gemeiniglich
</p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[153/0153] das Inhalt und Styl der spanischen Dichter und Romane auszeichnet, und das sie wahrscheinlich den Arabern zu danken hatten, den bescheidenern Glanz der Italiäner, und die Wahrheit, Natur und Einfachheit der Alten verdrängte. Ueberhaupt waren die Spanier und Italiäner die Lehrer der übrigen Nationen, deren Nachahmungssucht zwischen dem Geschmack beyder schwankte, und sich bald mehr zu dem einen, bald mehr zu dem andern hinneigte. Man darf sich den Einfluß der schönen Litteratur auf die untern Stände in diesen Zeiten lange nicht so stark denken, als bey uns, wo die Gelegenheit, Bücher zu erhalten, durch die Buchdruckerkunst so sehr erleichtert, und die Neigung zur Lektüre so allgemein verbreitet ist. Die Bildung für das gesellige und handelnde Leben, welche durch Bücher erhalten werden kann, schränkte sich hauptsächlich auf die obern Stände, auf die Höfe, und die reicheren Bürger großer Städte ein. In den Sitten dieser Klasse ist der Einfluß einer durch die genauere Bekanntschaft mit den Alten verbesserten Litteratur nicht zu verkennen. Das, was man den Geist der Ritterschaft nennt, hat ihn besonders empfunden, und sein Wesen in dieser Periode verdient um so mehr eine nähere Beleuchtung, da er mit der Galanterie in so genauem Verhältnisse steht. Man hat unstreitig von sehr frühen Zeiten an den Stand der wehrbaren Männer, die zu Pferde stritten, von demjenigen der Soldaten, die zu Fuße kämpften, unterschieden. Man hat die Aufnahme in jenen ersten Stand mit Ceremonien begleitet, und ihm gewisse besondere Pflichten vorgeschrieben. Diese förmliche Wehrbarmachung ist um so wichtiger gewesen, da sie gemeiniglich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/153
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils zweyte Abtheilung: Neuere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0302_1798/153>, abgerufen am 24.11.2024.