Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.als ein unschädlich gemachtes Werkzeug, die Sinnlichkeit zu befriedigen, und Nachkommenschaft zu gewinnen. Die Gattin stand weit unter dem Range einer Matrone bey andern Völkern. Ich führe zum Beweise dieser Behauptung nicht den Umstand an, daß die Bande der Ehe durch eine Art von Gemeinschaft der Weiber beynahe aufgelöst gewesen seyn sollen. Ist diese Nachricht wahr, so hat unmöglich der Ehebruch in Sparta eine unerhörte Sache vor dem peloponnesischen Kriege seyn können. Es kann auch in der Armuth allein kein hinreichender Grund liegen, um bey solchen Gesetzen Reinheit der Sitten in diesem Stücke aufrecht zu erhalten. Es liegt in der Natur des Menschen, folglich auch des Weibes, der Wunsch, das Gefühl seiner Kraft und seiner Wichtigkeit zu genießen. Kein Gesetzgeber kann dem Weibe die Macht nehmen, die ihm das Verlangen von Seiten des Mannes über diesen sichert, und es wird mit seinen Reitzen um so mehr und um so gröber zu wuchern suchen, je mehr man ihm alle andere Gelegenheit nimmt, seinen Platz neben dem Manne zu behaupten, und sich selbständig wirksam zu fühlen. Die wirthschaftliche Vorsteherin eines Hauses ist nicht bloß darum keuscher als das unthätige Mädchen, weil sie mehr beschäftigt ist, sondern auch darum, weil sie ein größeres Gefühl von ihrer Wichtigkeit hat, und dieß weniger durch die Begierden, die sie den Männern einflößt, zu erwecken sucht. Aus diesen Gründen kann ich der Spartanerin nicht mehrere Selbständigkeit einräumen, als den übrigen Griechinnen, ja! ich muß behaupten, daß sie in jedem Betrachte noch unter ihnen gestanden haben. als ein unschädlich gemachtes Werkzeug, die Sinnlichkeit zu befriedigen, und Nachkommenschaft zu gewinnen. Die Gattin stand weit unter dem Range einer Matrone bey andern Völkern. Ich führe zum Beweise dieser Behauptung nicht den Umstand an, daß die Bande der Ehe durch eine Art von Gemeinschaft der Weiber beynahe aufgelöst gewesen seyn sollen. Ist diese Nachricht wahr, so hat unmöglich der Ehebruch in Sparta eine unerhörte Sache vor dem peloponnesischen Kriege seyn können. Es kann auch in der Armuth allein kein hinreichender Grund liegen, um bey solchen Gesetzen Reinheit der Sitten in diesem Stücke aufrecht zu erhalten. Es liegt in der Natur des Menschen, folglich auch des Weibes, der Wunsch, das Gefühl seiner Kraft und seiner Wichtigkeit zu genießen. Kein Gesetzgeber kann dem Weibe die Macht nehmen, die ihm das Verlangen von Seiten des Mannes über diesen sichert, und es wird mit seinen Reitzen um so mehr und um so gröber zu wuchern suchen, je mehr man ihm alle andere Gelegenheit nimmt, seinen Platz neben dem Manne zu behaupten, und sich selbständig wirksam zu fühlen. Die wirthschaftliche Vorsteherin eines Hauses ist nicht bloß darum keuscher als das unthätige Mädchen, weil sie mehr beschäftigt ist, sondern auch darum, weil sie ein größeres Gefühl von ihrer Wichtigkeit hat, und dieß weniger durch die Begierden, die sie den Männern einflößt, zu erwecken sucht. Aus diesen Gründen kann ich der Spartanerin nicht mehrere Selbständigkeit einräumen, als den übrigen Griechinnen, ja! ich muß behaupten, daß sie in jedem Betrachte noch unter ihnen gestanden haben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0043" n="43"/> als ein unschädlich gemachtes Werkzeug, die Sinnlichkeit zu befriedigen, und Nachkommenschaft zu gewinnen. Die Gattin stand weit unter dem Range einer Matrone bey andern Völkern.</p> <p>Ich führe zum Beweise dieser Behauptung nicht den Umstand an, daß die Bande der Ehe durch eine Art von Gemeinschaft der Weiber beynahe aufgelöst gewesen seyn sollen. Ist diese Nachricht wahr, so hat unmöglich der Ehebruch in Sparta eine unerhörte Sache vor dem peloponnesischen Kriege seyn können. Es kann auch in der Armuth allein kein hinreichender Grund liegen, um bey solchen Gesetzen Reinheit der Sitten in diesem Stücke aufrecht zu erhalten. Es liegt in der Natur des Menschen, folglich auch des Weibes, der Wunsch, das Gefühl seiner Kraft und seiner Wichtigkeit zu genießen. Kein Gesetzgeber kann dem Weibe die Macht nehmen, die ihm das Verlangen von Seiten des Mannes über diesen sichert, und es wird mit seinen Reitzen um so mehr und um so gröber zu wuchern suchen, je mehr man ihm alle andere Gelegenheit nimmt, seinen Platz neben dem Manne zu behaupten, und sich selbständig wirksam zu fühlen. Die wirthschaftliche Vorsteherin eines Hauses ist nicht bloß darum keuscher als das unthätige Mädchen, weil sie mehr beschäftigt ist, sondern auch darum, weil sie ein größeres Gefühl von ihrer Wichtigkeit hat, und dieß weniger durch die Begierden, die sie den Männern einflößt, zu erwecken sucht.</p> <p>Aus diesen Gründen kann ich der Spartanerin nicht mehrere Selbständigkeit einräumen, als den übrigen Griechinnen, ja! ich muß behaupten, daß sie in jedem Betrachte noch unter ihnen gestanden haben.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0043]
als ein unschädlich gemachtes Werkzeug, die Sinnlichkeit zu befriedigen, und Nachkommenschaft zu gewinnen. Die Gattin stand weit unter dem Range einer Matrone bey andern Völkern.
Ich führe zum Beweise dieser Behauptung nicht den Umstand an, daß die Bande der Ehe durch eine Art von Gemeinschaft der Weiber beynahe aufgelöst gewesen seyn sollen. Ist diese Nachricht wahr, so hat unmöglich der Ehebruch in Sparta eine unerhörte Sache vor dem peloponnesischen Kriege seyn können. Es kann auch in der Armuth allein kein hinreichender Grund liegen, um bey solchen Gesetzen Reinheit der Sitten in diesem Stücke aufrecht zu erhalten. Es liegt in der Natur des Menschen, folglich auch des Weibes, der Wunsch, das Gefühl seiner Kraft und seiner Wichtigkeit zu genießen. Kein Gesetzgeber kann dem Weibe die Macht nehmen, die ihm das Verlangen von Seiten des Mannes über diesen sichert, und es wird mit seinen Reitzen um so mehr und um so gröber zu wuchern suchen, je mehr man ihm alle andere Gelegenheit nimmt, seinen Platz neben dem Manne zu behaupten, und sich selbständig wirksam zu fühlen. Die wirthschaftliche Vorsteherin eines Hauses ist nicht bloß darum keuscher als das unthätige Mädchen, weil sie mehr beschäftigt ist, sondern auch darum, weil sie ein größeres Gefühl von ihrer Wichtigkeit hat, und dieß weniger durch die Begierden, die sie den Männern einflößt, zu erwecken sucht.
Aus diesen Gründen kann ich der Spartanerin nicht mehrere Selbständigkeit einräumen, als den übrigen Griechinnen, ja! ich muß behaupten, daß sie in jedem Betrachte noch unter ihnen gestanden haben.
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