Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.die wir darüber haben, nicht einmahl so weit gebracht haben, als die Freudenmädchen der ersten Classen in unsern großen Hauptstädten. Die gute Sitte hat die engere Verbindung mit ihnen nie gebilligt. Liebe zur Hetäre hieß, der Regel nach, Begierde nach körperlichem Genuß, Trieb nach kosender Unterhaltung, und da wo diese auch noch so sehr verfeinert gewesen seyn mag, hat das Verhältniß nicht sowohl allgemeinen Beyfall, als Nachsicht vor der Gesellschaft wohlerzogener Menschen in Athen gefunden. Dieß ist der Inhalt des vierzehnten Buchs. Wahre Zärtlichkeit, Freundschaft und besonders edle und schöne Liebe, hat der Athenienser vorzüglich in der Verbindung mit den Lieblingen aufgesucht. Diejenige Ausgelassenheit der Begierden, welche Personen, die äußern Kennzeichen nach zu einerley Geschlecht gehören, bey einander erwecken, kann nicht für eine Verirrung der thierischen Natur in südlichen Ländern gehalten werden. Sie hat in Griechenland lange vor Gründung der Gymnasien existiert. Man hat aber früh das Unanständige und Schädliche, das darin liegt, eingesehen. In einigen Staaten ist sie durch Gesetze verboten worden, in andern hat sie die Mißbilligung der guten Sitte auf sich gezogen. In Athen wo nur diejenigen Schwächen und Laster ein Gegenstand der Gesetze waren, die mit den Pflichten gegen den Staat im unmittelbarem Widerspruche standen, wurden auch nur diejenigen Ausschweifungen bestraft, welche die Rechte des Eigenthums und der Freyheit des Bürgers kränkten. In so fern die Ausgelassenheit der Begierden gegen Lieblinge diese Gefahr besorgen ließ, waren ihr Grenzen von dem Gesetze gesetzt. Um dasjenige, was heimlich und freywillig geschah, bekümmerte es sich nicht. die wir darüber haben, nicht einmahl so weit gebracht haben, als die Freudenmädchen der ersten Classen in unsern großen Hauptstädten. Die gute Sitte hat die engere Verbindung mit ihnen nie gebilligt. Liebe zur Hetäre hieß, der Regel nach, Begierde nach körperlichem Genuß, Trieb nach kosender Unterhaltung, und da wo diese auch noch so sehr verfeinert gewesen seyn mag, hat das Verhältniß nicht sowohl allgemeinen Beyfall, als Nachsicht vor der Gesellschaft wohlerzogener Menschen in Athen gefunden. Dieß ist der Inhalt des vierzehnten Buchs. Wahre Zärtlichkeit, Freundschaft und besonders edle und schöne Liebe, hat der Athenienser vorzüglich in der Verbindung mit den Lieblingen aufgesucht. Diejenige Ausgelassenheit der Begierden, welche Personen, die äußern Kennzeichen nach zu einerley Geschlecht gehören, bey einander erwecken, kann nicht für eine Verirrung der thierischen Natur in südlichen Ländern gehalten werden. Sie hat in Griechenland lange vor Gründung der Gymnasien existiert. Man hat aber früh das Unanständige und Schädliche, das darin liegt, eingesehen. In einigen Staaten ist sie durch Gesetze verboten worden, in andern hat sie die Mißbilligung der guten Sitte auf sich gezogen. In Athen wo nur diejenigen Schwächen und Laster ein Gegenstand der Gesetze waren, die mit den Pflichten gegen den Staat im unmittelbarem Widerspruche standen, wurden auch nur diejenigen Ausschweifungen bestraft, welche die Rechte des Eigenthums und der Freyheit des Bürgers kränkten. In so fern die Ausgelassenheit der Begierden gegen Lieblinge diese Gefahr besorgen ließ, waren ihr Grenzen von dem Gesetze gesetzt. 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die wir darüber haben, nicht einmahl so weit gebracht haben, als die Freudenmädchen der ersten Classen in unsern großen Hauptstädten. Die gute Sitte hat die engere Verbindung mit ihnen nie gebilligt. Liebe zur Hetäre hieß, der Regel nach, Begierde nach körperlichem Genuß, Trieb nach kosender Unterhaltung, und da wo diese auch noch so sehr verfeinert gewesen seyn mag, hat das Verhältniß nicht sowohl allgemeinen Beyfall, als Nachsicht vor der Gesellschaft wohlerzogener Menschen in Athen gefunden.
Dieß ist der Inhalt des vierzehnten Buchs.
Wahre Zärtlichkeit, Freundschaft und besonders edle und schöne Liebe, hat der Athenienser vorzüglich in der Verbindung mit den Lieblingen aufgesucht.
Diejenige Ausgelassenheit der Begierden, welche Personen, die äußern Kennzeichen nach zu einerley Geschlecht gehören, bey einander erwecken, kann nicht für eine Verirrung der thierischen Natur in südlichen Ländern gehalten werden. Sie hat in Griechenland lange vor Gründung der Gymnasien existiert. Man hat aber früh das Unanständige und Schädliche, das darin liegt, eingesehen. In einigen Staaten ist sie durch Gesetze verboten worden, in andern hat sie die Mißbilligung der guten Sitte auf sich gezogen. In Athen wo nur diejenigen Schwächen und Laster ein Gegenstand der Gesetze waren, die mit den Pflichten gegen den Staat im unmittelbarem Widerspruche standen, wurden auch nur diejenigen Ausschweifungen bestraft, welche die Rechte des Eigenthums und der Freyheit des Bürgers kränkten. In so fern die Ausgelassenheit der Begierden gegen Lieblinge diese Gefahr besorgen ließ, waren ihr Grenzen von dem Gesetze gesetzt. Um dasjenige, was heimlich und freywillig geschah, bekümmerte es sich nicht.
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