Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Angriff, den Ismene gleich bey der ersten Zusammenkunft auf die Eitelkeit und Sinnlichkeit des rohen und unerfahrnen Jünglings macht, den Anstand auf mannigfaltige Art beleidiget. Die Liebkosungen des liebenden Paars liefern dem Rhetor in der Folge häufige Gelegenheit, seiner lüsternen Phantasie das freyeste Spiel zu lassen. Vielleicht hat dieser aber auch die ganze Geschichte nur als einen Einschlag gewählt, in welchen er recht viele Beschreibungen einweben könnte, und dazu mußten ihm jene schlüpfrigen Bilder äußerst willkommen seyn. Der Styl ist gekünstelt, blumenreich, wie der seiner Vorgänger, aber in jedem Betracht unter dem ihrigen. Uebrigens ist der Charakter des Liebhabers hier wieder ganz so träumend, leidend und hinschmelzend dargestellt, als es erfordert wird, um ihn zum Balle des Schicksals zu machen. Aber er erscheint treuer als Clitophon und Daphnis. Zehntes Kapitel. Heliodorus und Prodromus. Ich komme jetzt zu der dritten und jüngsten Manier, worin die griechischen Erotiker geschrieben haben. Sie ist eine Zusammensetzung der beyden vorigen, und eine Veredlung derselben. Ich wiederhohle aber nochmahls, daß ich dadurch nichts über das Alter der Schriftsteller entschieden haben will, die von dieser Manier Gebrauch gemacht haben, sondern bloß über das Alter der Manier selbst. Diese ist allen Kennzeichen nach jünger als diejenige, Angriff, den Ismene gleich bey der ersten Zusammenkunft auf die Eitelkeit und Sinnlichkeit des rohen und unerfahrnen Jünglings macht, den Anstand auf mannigfaltige Art beleidiget. Die Liebkosungen des liebenden Paars liefern dem Rhetor in der Folge häufige Gelegenheit, seiner lüsternen Phantasie das freyeste Spiel zu lassen. Vielleicht hat dieser aber auch die ganze Geschichte nur als einen Einschlag gewählt, in welchen er recht viele Beschreibungen einweben könnte, und dazu mußten ihm jene schlüpfrigen Bilder äußerst willkommen seyn. Der Styl ist gekünstelt, blumenreich, wie der seiner Vorgänger, aber in jedem Betracht unter dem ihrigen. Uebrigens ist der Charakter des Liebhabers hier wieder ganz so träumend, leidend und hinschmelzend dargestellt, als es erfordert wird, um ihn zum Balle des Schicksals zu machen. Aber er erscheint treuer als Clitophon und Daphnis. Zehntes Kapitel. Heliodorus und Prodromus. Ich komme jetzt zu der dritten und jüngsten Manier, worin die griechischen Erotiker geschrieben haben. Sie ist eine Zusammensetzung der beyden vorigen, und eine Veredlung derselben. Ich wiederhohle aber nochmahls, daß ich dadurch nichts über das Alter der Schriftsteller entschieden haben will, die von dieser Manier Gebrauch gemacht haben, sondern bloß über das Alter der Manier selbst. Diese ist allen Kennzeichen nach jünger als diejenige, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0407" n="407"/> Angriff, den Ismene gleich bey der ersten Zusammenkunft auf die Eitelkeit und Sinnlichkeit des rohen und unerfahrnen Jünglings macht, den Anstand auf mannigfaltige Art beleidiget. Die Liebkosungen des liebenden Paars liefern dem Rhetor in der Folge häufige Gelegenheit, seiner lüsternen Phantasie das freyeste Spiel zu lassen. Vielleicht hat dieser aber auch die ganze Geschichte nur als einen Einschlag gewählt, in welchen er recht viele Beschreibungen einweben könnte, und dazu mußten ihm jene schlüpfrigen Bilder äußerst willkommen seyn. Der Styl ist gekünstelt, blumenreich, wie der seiner Vorgänger, aber in jedem Betracht unter dem ihrigen.</p> <p>Uebrigens ist der Charakter des Liebhabers hier wieder ganz so träumend, leidend und hinschmelzend dargestellt, als es erfordert wird, um ihn zum Balle des Schicksals zu machen. Aber er erscheint treuer als Clitophon und Daphnis.</p> </div> <div n="2"> <head>Zehntes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Heliodorus und Prodromus.<lb/></p> </argument> <p>Ich komme jetzt zu der dritten und jüngsten Manier, worin die griechischen Erotiker geschrieben haben. Sie ist eine Zusammensetzung der beyden vorigen, und eine Veredlung derselben. Ich wiederhohle aber nochmahls, daß ich dadurch nichts über das Alter der Schriftsteller entschieden haben will, die von dieser Manier Gebrauch gemacht haben, sondern bloß über das Alter der Manier selbst. Diese ist allen Kennzeichen nach jünger als diejenige, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [407/0407]
Angriff, den Ismene gleich bey der ersten Zusammenkunft auf die Eitelkeit und Sinnlichkeit des rohen und unerfahrnen Jünglings macht, den Anstand auf mannigfaltige Art beleidiget. Die Liebkosungen des liebenden Paars liefern dem Rhetor in der Folge häufige Gelegenheit, seiner lüsternen Phantasie das freyeste Spiel zu lassen. Vielleicht hat dieser aber auch die ganze Geschichte nur als einen Einschlag gewählt, in welchen er recht viele Beschreibungen einweben könnte, und dazu mußten ihm jene schlüpfrigen Bilder äußerst willkommen seyn. Der Styl ist gekünstelt, blumenreich, wie der seiner Vorgänger, aber in jedem Betracht unter dem ihrigen.
Uebrigens ist der Charakter des Liebhabers hier wieder ganz so träumend, leidend und hinschmelzend dargestellt, als es erfordert wird, um ihn zum Balle des Schicksals zu machen. Aber er erscheint treuer als Clitophon und Daphnis.
Zehntes Kapitel.
Heliodorus und Prodromus.
Ich komme jetzt zu der dritten und jüngsten Manier, worin die griechischen Erotiker geschrieben haben. Sie ist eine Zusammensetzung der beyden vorigen, und eine Veredlung derselben. Ich wiederhohle aber nochmahls, daß ich dadurch nichts über das Alter der Schriftsteller entschieden haben will, die von dieser Manier Gebrauch gemacht haben, sondern bloß über das Alter der Manier selbst. Diese ist allen Kennzeichen nach jünger als diejenige,
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