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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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habe, oder daß sie Beyde nach einem noch früheren Muster gearbeitet haben.

Der Zweck beyder Geschichten scheint dieser zu seyn, zu zeigen, wie treue und standhafte Liebe endlich über alle Hindernisse, selbst über diejenigen siegt, welche die Liebenden durch die Heftigkeit ihrer Leidenschaft, und durch Unvorsichtigkeit sich selbst entgegen setzen.

In beyden erscheint der Gatte treuer, und zu größeren Aufopferungen fähig, als die Gattin. Diese kann einen dritten heirathen, Sinonis aus Eifersucht, Callirrhoe aus mütterlicher Zärtlichkeit. Rhodanes will gerne sterben, als er die Untreue seiner Gattin erfährt: es geht ihm nahe, daß er vom Kreuze abgenommen wird. Chereas ruft mitten unter seinen Besorgnissen, ob Callirrhoe nicht dem Dyonisius zu Theil werden wird, aus: Wohlan theure Gattin - noch nenn' ich dich mit diesem süßen Nahmen, wenn du gleich einen andern liebst - lebe glücklich! Ich will dich nicht im Genusse eines Schicksals stören, das du für günstig hälst! Nimm denjenigen zum Gemahl, der dir am besten gefällt! Laß mich sterben, und schenke nur meinem Tode eine Thräne!

Ueberhaupt hat Chariton den Charakter eines leidenschaftlich liebenden Jünglings sehr gut geschildert. Fähig, in der ersten Aufwallung der Eifersucht selbst gegen den geliebten Gegenstand zu wüthen, ist er zugleich im Stande, seinen Fehler durch langjährige Büßungen wieder gut zu machen, und sich sogar für das Glück der Gattin selbst aufzuopfern. Dyonisius hat dagegen bey reiferen Jahren zwar mehr sorgsame Aufmerksamkeit für die Callirrhoe, aber es scheint ein feiner Egoismus durch sein Betragen durch, der dem Glück der Geliebten alles,

habe, oder daß sie Beyde nach einem noch früheren Muster gearbeitet haben.

Der Zweck beyder Geschichten scheint dieser zu seyn, zu zeigen, wie treue und standhafte Liebe endlich über alle Hindernisse, selbst über diejenigen siegt, welche die Liebenden durch die Heftigkeit ihrer Leidenschaft, und durch Unvorsichtigkeit sich selbst entgegen setzen.

In beyden erscheint der Gatte treuer, und zu größeren Aufopferungen fähig, als die Gattin. Diese kann einen dritten heirathen, Sinonis aus Eifersucht, Callirrhoe aus mütterlicher Zärtlichkeit. Rhodanes will gerne sterben, als er die Untreue seiner Gattin erfährt: es geht ihm nahe, daß er vom Kreuze abgenommen wird. Chereas ruft mitten unter seinen Besorgnissen, ob Callirrhoe nicht dem Dyonisius zu Theil werden wird, aus: Wohlan theure Gattin – noch nenn’ ich dich mit diesem süßen Nahmen, wenn du gleich einen andern liebst – lebe glücklich! Ich will dich nicht im Genusse eines Schicksals stören, das du für günstig hälst! Nimm denjenigen zum Gemahl, der dir am besten gefällt! Laß mich sterben, und schenke nur meinem Tode eine Thräne!

Ueberhaupt hat Chariton den Charakter eines leidenschaftlich liebenden Jünglings sehr gut geschildert. Fähig, in der ersten Aufwallung der Eifersucht selbst gegen den geliebten Gegenstand zu wüthen, ist er zugleich im Stande, seinen Fehler durch langjährige Büßungen wieder gut zu machen, und sich sogar für das Glück der Gattin selbst aufzuopfern. Dyonisius hat dagegen bey reiferen Jahren zwar mehr sorgsame Aufmerksamkeit für die Callirrhoe, aber es scheint ein feiner Egoismus durch sein Betragen durch, der dem Glück der Geliebten alles,

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[387/0387] habe, oder daß sie Beyde nach einem noch früheren Muster gearbeitet haben. Der Zweck beyder Geschichten scheint dieser zu seyn, zu zeigen, wie treue und standhafte Liebe endlich über alle Hindernisse, selbst über diejenigen siegt, welche die Liebenden durch die Heftigkeit ihrer Leidenschaft, und durch Unvorsichtigkeit sich selbst entgegen setzen. In beyden erscheint der Gatte treuer, und zu größeren Aufopferungen fähig, als die Gattin. Diese kann einen dritten heirathen, Sinonis aus Eifersucht, Callirrhoe aus mütterlicher Zärtlichkeit. Rhodanes will gerne sterben, als er die Untreue seiner Gattin erfährt: es geht ihm nahe, daß er vom Kreuze abgenommen wird. Chereas ruft mitten unter seinen Besorgnissen, ob Callirrhoe nicht dem Dyonisius zu Theil werden wird, aus: Wohlan theure Gattin – noch nenn’ ich dich mit diesem süßen Nahmen, wenn du gleich einen andern liebst – lebe glücklich! Ich will dich nicht im Genusse eines Schicksals stören, das du für günstig hälst! Nimm denjenigen zum Gemahl, der dir am besten gefällt! Laß mich sterben, und schenke nur meinem Tode eine Thräne! Ueberhaupt hat Chariton den Charakter eines leidenschaftlich liebenden Jünglings sehr gut geschildert. Fähig, in der ersten Aufwallung der Eifersucht selbst gegen den geliebten Gegenstand zu wüthen, ist er zugleich im Stande, seinen Fehler durch langjährige Büßungen wieder gut zu machen, und sich sogar für das Glück der Gattin selbst aufzuopfern. Dyonisius hat dagegen bey reiferen Jahren zwar mehr sorgsame Aufmerksamkeit für die Callirrhoe, aber es scheint ein feiner Egoismus durch sein Betragen durch, der dem Glück der Geliebten alles,

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/387>, abgerufen am 25.11.2024.