Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Veränderung und einige bemerkbare Spuren derselben antreffen. Die vorige Periode hat das Weib, der guten Sitte nach, im Ganzen dem Manne wichtig, und einzeln dem Manne gleichgeachtet dargestellt: die folgende zeigt, eben dieser guten Sitte nach, das Weib im Ganzen dem Manne gleichgeachtet, und einzeln sogar dem Manne vorgezogen. Man begreift zum Voraus, von welchem wichtigen Einflusse dieß auf die Beurtheilung der Geschlechtsverbindung und Liebe hat seyn müssen. Hiervon finde ich die ersten Spuren unter dem Septimius Severus: einen der Hauptgründe aber in der von ihm eingeführten militärischen Regierungsform, und in dem von seiner Gemahlin beförderten schlechten Geschmack. Alle übrigen Gründe, welche nachher zur Ausbildung der veränderten Denkungsart mitgewirkt haben, stehen mit jenen beyden ersten in genauer Verbindung. Ich schließe diese Periode nicht früher, als mit dem Untergange des Reichs der Römer und Griechen im Abend- und Morgenlande. Zwar bin ich außer Stande, und auch nicht gewillet, Data über die Denkungsart dieser Völker bis zu jenem Punkte beyzubringen; aber es ist mir sehr wahrscheinlich, daß bey den nehmlichen fortwährenden Gründen sich auch die nehmliche Stimmung erhalten haben werde, und einzelne Werke, die noch bis ins zehnte und zwölfte Jahrhundert hinaufreichen, geben dieser Vermuthung mehr Gewicht. Veränderung und einige bemerkbare Spuren derselben antreffen. Die vorige Periode hat das Weib, der guten Sitte nach, im Ganzen dem Manne wichtig, und einzeln dem Manne gleichgeachtet dargestellt: die folgende zeigt, eben dieser guten Sitte nach, das Weib im Ganzen dem Manne gleichgeachtet, und einzeln sogar dem Manne vorgezogen. Man begreift zum Voraus, von welchem wichtigen Einflusse dieß auf die Beurtheilung der Geschlechtsverbindung und Liebe hat seyn müssen. Hiervon finde ich die ersten Spuren unter dem Septimius Severus: einen der Hauptgründe aber in der von ihm eingeführten militärischen Regierungsform, und in dem von seiner Gemahlin beförderten schlechten Geschmack. Alle übrigen Gründe, welche nachher zur Ausbildung der veränderten Denkungsart mitgewirkt haben, stehen mit jenen beyden ersten in genauer Verbindung. Ich schließe diese Periode nicht früher, als mit dem Untergange des Reichs der Römer und Griechen im Abend- und Morgenlande. Zwar bin ich außer Stande, und auch nicht gewillet, Data über die Denkungsart dieser Völker bis zu jenem Punkte beyzubringen; aber es ist mir sehr wahrscheinlich, daß bey den nehmlichen fortwährenden Gründen sich auch die nehmliche Stimmung erhalten haben werde, und einzelne Werke, die noch bis ins zehnte und zwölfte Jahrhundert hinaufreichen, geben dieser Vermuthung mehr Gewicht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0342" n="342"/> Veränderung und einige bemerkbare Spuren derselben antreffen.</p> <p>Die vorige Periode hat das Weib, der guten Sitte nach, im Ganzen dem Manne wichtig, und einzeln dem Manne gleichgeachtet dargestellt: die folgende zeigt, eben dieser guten Sitte nach, das Weib im Ganzen dem Manne gleichgeachtet, und einzeln sogar dem Manne vorgezogen. Man begreift zum Voraus, von welchem wichtigen Einflusse dieß auf die Beurtheilung der Geschlechtsverbindung und Liebe hat seyn müssen.</p> <p>Hiervon finde ich die ersten Spuren unter dem Septimius Severus: einen der Hauptgründe aber in der von ihm eingeführten militärischen Regierungsform, und in dem von seiner Gemahlin beförderten schlechten Geschmack. Alle übrigen Gründe, welche nachher zur Ausbildung der veränderten Denkungsart mitgewirkt haben, stehen mit jenen beyden ersten in genauer Verbindung.</p> <p>Ich schließe diese Periode nicht früher, als mit dem Untergange des Reichs der Römer und Griechen im Abend- und Morgenlande. Zwar bin ich außer Stande, und auch nicht gewillet, Data über die Denkungsart dieser Völker bis zu jenem Punkte beyzubringen; aber es ist mir sehr wahrscheinlich, daß bey den nehmlichen fortwährenden Gründen sich auch die nehmliche Stimmung erhalten haben werde, und einzelne Werke, die noch bis ins zehnte und zwölfte Jahrhundert <choice><sic>hinreichen</sic><corr>hinaufreichen</corr></choice>, geben dieser Vermuthung mehr Gewicht.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [342/0342]
Veränderung und einige bemerkbare Spuren derselben antreffen.
Die vorige Periode hat das Weib, der guten Sitte nach, im Ganzen dem Manne wichtig, und einzeln dem Manne gleichgeachtet dargestellt: die folgende zeigt, eben dieser guten Sitte nach, das Weib im Ganzen dem Manne gleichgeachtet, und einzeln sogar dem Manne vorgezogen. Man begreift zum Voraus, von welchem wichtigen Einflusse dieß auf die Beurtheilung der Geschlechtsverbindung und Liebe hat seyn müssen.
Hiervon finde ich die ersten Spuren unter dem Septimius Severus: einen der Hauptgründe aber in der von ihm eingeführten militärischen Regierungsform, und in dem von seiner Gemahlin beförderten schlechten Geschmack. Alle übrigen Gründe, welche nachher zur Ausbildung der veränderten Denkungsart mitgewirkt haben, stehen mit jenen beyden ersten in genauer Verbindung.
Ich schließe diese Periode nicht früher, als mit dem Untergange des Reichs der Römer und Griechen im Abend- und Morgenlande. Zwar bin ich außer Stande, und auch nicht gewillet, Data über die Denkungsart dieser Völker bis zu jenem Punkte beyzubringen; aber es ist mir sehr wahrscheinlich, daß bey den nehmlichen fortwährenden Gründen sich auch die nehmliche Stimmung erhalten haben werde, und einzelne Werke, die noch bis ins zehnte und zwölfte Jahrhundert hinaufreichen, geben dieser Vermuthung mehr Gewicht.
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Zitationshilfe: | Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/342>, abgerufen am 16.02.2025. |