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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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hat er sich die Vereinigung mit ihr gedacht! 12) Ich widerstehe nicht der Versuchung, diese Stelle, die Herr Manso 13) in unsere Sprache übertragen hat, nach seiner Bearbeitung hierher zu setzen:

Du, dacht' ich, baust dein Feld, und wartest deiner Reben,
Und sie, die Treue, wacht, und sorget für dein Haus.
Sie wird für dich im Herbst der Speicher Vorrath messen,
Und, ist der Most gepreßt, sich seiner Pflege weihn;
Sie, ganz mit dir, die Stadt und ihr Gewühl vergessen,
Und sich, wie du, des Spiels des muntern Dorfes freun.
Sie wird Vertumnus Huld in freundlichen Geschenken
Und Pales Segen sich durch Korn und Obst erflehn;
Sie unumschränkt das Haus nach ihrem Willen lenken,
Und deiner Herrschaft du mit Lust entsetzt dich sehn.
Sie, deine Delia, wenn aus den Eitelkeiten
Des stolzen Roms entflohn, Messala dich besucht,
Eilt dann, mit eigner Hand ein Mahl ihm zu bereiten,
Und bricht, mit eigner Hand, für ihn des Baumes Frucht.

Eben dieser Tibull wünschte mit seiner Delia bis ins späteste Alter ein Beyspiel unzerstörbarer Vereinigung abzugeben. 14) Er verlangte Treue von ihr, aber nicht aus Zwang, nicht aus Furcht; nein! aus gegenseitiger Zuneigung. 15)

12) S. Elegie 5. v. 19 dess. B.
13) Charaktere der vornehmsten Dichter. Zweyten Bandes erstes Stück. S. 203.
14) Elegie 7. v. 91. des erst. B.
15) Elegie 6. v. 75. dess. B.

hat er sich die Vereinigung mit ihr gedacht! 12) Ich widerstehe nicht der Versuchung, diese Stelle, die Herr Manso 13) in unsere Sprache übertragen hat, nach seiner Bearbeitung hierher zu setzen:

Du, dacht’ ich, baust dein Feld, und wartest deiner Reben,
Und sie, die Treue, wacht, und sorget für dein Haus.
Sie wird für dich im Herbst der Speicher Vorrath messen,
Und, ist der Most gepreßt, sich seiner Pflege weihn;
Sie, ganz mit dir, die Stadt und ihr Gewühl vergessen,
Und sich, wie du, des Spiels des muntern Dorfes freun.
Sie wird Vertumnus Huld in freundlichen Geschenken
Und Pales Segen sich durch Korn und Obst erflehn;
Sie unumschränkt das Haus nach ihrem Willen lenken,
Und deiner Herrschaft du mit Lust entsetzt dich sehn.
Sie, deine Delia, wenn aus den Eitelkeiten
Des stolzen Roms entflohn, Messala dich besucht,
Eilt dann, mit eigner Hand ein Mahl ihm zu bereiten,
Und bricht, mit eigner Hand, für ihn des Baumes Frucht.

Eben dieser Tibull wünschte mit seiner Delia bis ins späteste Alter ein Beyspiel unzerstörbarer Vereinigung abzugeben. 14) Er verlangte Treue von ihr, aber nicht aus Zwang, nicht aus Furcht; nein! aus gegenseitiger Zuneigung. 15)

12) S. Elegie 5. v. 19 dess. B.
13) Charaktere der vornehmsten Dichter. Zweyten Bandes erstes Stück. S. 203.
14) Elegie 7. v. 91. des erst. B.
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[321/0321] hat er sich die Vereinigung mit ihr gedacht! 12) Ich widerstehe nicht der Versuchung, diese Stelle, die Herr Manso 13) in unsere Sprache übertragen hat, nach seiner Bearbeitung hierher zu setzen: Du, dacht’ ich, baust dein Feld, und wartest deiner Reben, Und sie, die Treue, wacht, und sorget für dein Haus. Sie wird für dich im Herbst der Speicher Vorrath messen, Und, ist der Most gepreßt, sich seiner Pflege weihn; Sie, ganz mit dir, die Stadt und ihr Gewühl vergessen, Und sich, wie du, des Spiels des muntern Dorfes freun. Sie wird Vertumnus Huld in freundlichen Geschenken Und Pales Segen sich durch Korn und Obst erflehn; Sie unumschränkt das Haus nach ihrem Willen lenken, Und deiner Herrschaft du mit Lust entsetzt dich sehn. Sie, deine Delia, wenn aus den Eitelkeiten Des stolzen Roms entflohn, Messala dich besucht, Eilt dann, mit eigner Hand ein Mahl ihm zu bereiten, Und bricht, mit eigner Hand, für ihn des Baumes Frucht. Eben dieser Tibull wünschte mit seiner Delia bis ins späteste Alter ein Beyspiel unzerstörbarer Vereinigung abzugeben. 14) Er verlangte Treue von ihr, aber nicht aus Zwang, nicht aus Furcht; nein! aus gegenseitiger Zuneigung. 15) 12) S. Elegie 5. v. 19 dess. B. 13) Charaktere der vornehmsten Dichter. Zweyten Bandes erstes Stück. S. 203. 14) Elegie 7. v. 91. des erst. B. 15) Elegie 6. v. 75. dess. B.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/321>, abgerufen am 25.11.2024.