Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.dieser erzählt er, wie er einmahl geglaubt habe, Socrates sey durch seine Schönheit gefesselt, er habe ihn gefangen, und dadurch das Recht erlangt, in des Mannes verborgenste Kenntnisse initiirt zu werden. Er habe Alles angewandt, ihn zu einer Schwäche zu verleiten. Die Erzählung der Mittel, die er dazu angewandt hat, läßt sich hier nicht wiederhohlen, und es reicht hin zu sagen, daß sie der Andringlichkeit der schamlosesten Buhlerin bey uns gleich kommt. Dieß muß ich inzwischen anführen, daß Alcibiades gerade diejenigen Grundsätze äußert, die Pausanias vorhin angenommen hatte. Er erzählt, daß er dem Sokrates folgenden Antrag gemacht habe: "ich glaube, daß ich an dir einen Liebhaber gefunden habe, und zwar den einzigen, den ich für würdig halte, es zu seyn: eine gewisse Blödigkeit scheint nur deine Erklärung zurückzuhalten. Allein, so wie ich gegen dich gesinnt bin, würde es sehr ungereimt seyn, dir nicht Alles zu überlassen, mich selbst, meine Güter, meine Freunde, wenn du willst. Mir liegt nichts so sehr am Herzen, als meine Vervollkommnung, und wer würde mich dazu sicherer leiten können, als du? Einem solchen Manne mich nicht ganz zu übergeben, müßte mir selbst mehr Schande in den Augen der Verständigen bringen, als mich ihm zu überlassen, in den Augen der Unverständigen." Demungeachtet widersteht Sokrates der Versuchung. - "Denkt euch mein Gefühl nach diesen Auftritten, ruft Alcibiades, wie es mich schmerzte, mich so verachtet zu sehen, und wie ich zugleich eine solche Größe, eine solche Tugend, eine solche Festigkeit anstaunte, in Verwunderung, einen Menschen von solcher dieser erzählt er, wie er einmahl geglaubt habe, Socrates sey durch seine Schönheit gefesselt, er habe ihn gefangen, und dadurch das Recht erlangt, in des Mannes verborgenste Kenntnisse initiirt zu werden. Er habe Alles angewandt, ihn zu einer Schwäche zu verleiten. Die Erzählung der Mittel, die er dazu angewandt hat, läßt sich hier nicht wiederhohlen, und es reicht hin zu sagen, daß sie der Andringlichkeit der schamlosesten Buhlerin bey uns gleich kommt. Dieß muß ich inzwischen anführen, daß Alcibiades gerade diejenigen Grundsätze äußert, die Pausanias vorhin angenommen hatte. Er erzählt, daß er dem Sokrates folgenden Antrag gemacht habe: „ich glaube, daß ich an dir einen Liebhaber gefunden habe, und zwar den einzigen, den ich für würdig halte, es zu seyn: eine gewisse Blödigkeit scheint nur deine Erklärung zurückzuhalten. Allein, so wie ich gegen dich gesinnt bin, würde es sehr ungereimt seyn, dir nicht Alles zu überlassen, mich selbst, meine Güter, meine Freunde, wenn du willst. Mir liegt nichts so sehr am Herzen, als meine Vervollkommnung, und wer würde mich dazu sicherer leiten können, als du? Einem solchen Manne mich nicht ganz zu übergeben, müßte mir selbst mehr Schande in den Augen der Verständigen bringen, als mich ihm zu überlassen, in den Augen der Unverständigen.“ Demungeachtet widersteht Sokrates der Versuchung. – „Denkt euch mein Gefühl nach diesen Auftritten, ruft Alcibiades, wie es mich schmerzte, mich so verachtet zu sehen, und wie ich zugleich eine solche Größe, eine solche Tugend, eine solche Festigkeit anstaunte, in Verwunderung, einen Menschen von solcher <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0221" n="221"/> dieser erzählt er, wie er einmahl geglaubt habe, Socrates sey durch seine Schönheit gefesselt, er habe ihn gefangen, und dadurch das Recht erlangt, in des Mannes verborgenste Kenntnisse initiirt zu werden. Er habe Alles angewandt, ihn zu einer Schwäche zu verleiten. Die Erzählung der Mittel, die er dazu angewandt hat, läßt sich hier nicht wiederhohlen, und es reicht hin zu sagen, daß sie der Andringlichkeit der schamlosesten Buhlerin bey uns gleich kommt. Dieß muß ich inzwischen anführen, daß Alcibiades gerade diejenigen Grundsätze äußert, die Pausanias vorhin angenommen hatte. Er erzählt, daß er dem Sokrates folgenden Antrag gemacht habe: „ich glaube, daß ich an dir einen Liebhaber gefunden habe, und zwar den einzigen, den ich für würdig halte, es zu seyn: eine gewisse Blödigkeit scheint nur deine Erklärung zurückzuhalten. Allein, so wie ich gegen dich gesinnt bin, würde es sehr ungereimt seyn, dir nicht Alles zu überlassen, mich selbst, meine Güter, meine Freunde, wenn du willst. Mir liegt nichts so sehr am Herzen, als meine Vervollkommnung, und wer würde mich dazu sicherer leiten können, als du? Einem solchen Manne mich nicht ganz zu übergeben, müßte mir selbst mehr Schande in den Augen der Verständigen bringen, als mich ihm zu überlassen, in den Augen der Unverständigen.“</p> <p>Demungeachtet widersteht Sokrates der Versuchung. – „Denkt euch mein Gefühl nach diesen Auftritten, ruft Alcibiades, wie es mich schmerzte, mich so verachtet zu sehen, und wie ich zugleich eine solche Größe, eine solche Tugend, eine solche Festigkeit anstaunte, in Verwunderung, einen Menschen von solcher </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0221]
dieser erzählt er, wie er einmahl geglaubt habe, Socrates sey durch seine Schönheit gefesselt, er habe ihn gefangen, und dadurch das Recht erlangt, in des Mannes verborgenste Kenntnisse initiirt zu werden. Er habe Alles angewandt, ihn zu einer Schwäche zu verleiten. Die Erzählung der Mittel, die er dazu angewandt hat, läßt sich hier nicht wiederhohlen, und es reicht hin zu sagen, daß sie der Andringlichkeit der schamlosesten Buhlerin bey uns gleich kommt. Dieß muß ich inzwischen anführen, daß Alcibiades gerade diejenigen Grundsätze äußert, die Pausanias vorhin angenommen hatte. Er erzählt, daß er dem Sokrates folgenden Antrag gemacht habe: „ich glaube, daß ich an dir einen Liebhaber gefunden habe, und zwar den einzigen, den ich für würdig halte, es zu seyn: eine gewisse Blödigkeit scheint nur deine Erklärung zurückzuhalten. Allein, so wie ich gegen dich gesinnt bin, würde es sehr ungereimt seyn, dir nicht Alles zu überlassen, mich selbst, meine Güter, meine Freunde, wenn du willst. Mir liegt nichts so sehr am Herzen, als meine Vervollkommnung, und wer würde mich dazu sicherer leiten können, als du? Einem solchen Manne mich nicht ganz zu übergeben, müßte mir selbst mehr Schande in den Augen der Verständigen bringen, als mich ihm zu überlassen, in den Augen der Unverständigen.“
Demungeachtet widersteht Sokrates der Versuchung. – „Denkt euch mein Gefühl nach diesen Auftritten, ruft Alcibiades, wie es mich schmerzte, mich so verachtet zu sehen, und wie ich zugleich eine solche Größe, eine solche Tugend, eine solche Festigkeit anstaunte, in Verwunderung, einen Menschen von solcher
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |