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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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nicht mit großen Reitzen des Körpers gepaart sind; so muß er gleichwohl eine Freude an ihm haben, ihn lieben, und sich für ihn interessieren. Zur Unterhaltung mit einem solchen Geliebten hingerissen, wird er genöthigt, über Gegenstände nachzudenken, die zur Bildung der Jünglinge vorzüglich geschickt sind. Dadurch wird er nun veranlaßt, auf dasjenige, was in den Handlungen und den Gesetzen schön ist, aufmerksam zu seyn. So bemerkt er, daß Schönheit mit seinem eigenen Wesen verwandt sey; so lernt er auf körperliche Schönheit einen minder großen Werth legen: so wird er hernach, durch einen höhern Schritt, Schönheit in Handlungen, und durch einen neuen Fortschritt, Schönheit in den Wissenschaften entdecken. Auf diese Art wird er einsehen, daß man Schönheit in verschiedenen Arten von Gegenständen, und nicht bloß in einer einzigen aufsuchen muß, wie etwa ein gemeiner Liebhaber an seinem einzigen Lieblinge; und daß es einen sclavisch denkenden, beschränkten Kopf verrathe, sie nur in der Gestalt eines einzigen Knaben, in einem einzelnen Menschen, oder in einer einzelnen Handlung finden zu wollen. Er wird das große Meer der Schönheit durchschwimmen, und im Beschauen so vieler mannigfaltigen schönen Gegenstände neue Ideen erzeugen, und zu einer fruchtbaren Philosophie sammeln. So gestärkt und erweitert, wird dann seinem Geiste eine einzige Wissenschaft des Schönen erscheinen. Wer in den Mysterien der Liebe es so weit gebracht hat, der ist der letzten Einweihung nahe. Er steht an dem Ziele, wohin alle vorher gegangenen Bemühungen allein abzweckten. Ihm offenbart sich nun mit einem Mahle der Anblick der ewigen Urschönheit, jenes außerordentlichen Wesens. Ewig ist diese Schönheit;

nicht mit großen Reitzen des Körpers gepaart sind; so muß er gleichwohl eine Freude an ihm haben, ihn lieben, und sich für ihn interessieren. Zur Unterhaltung mit einem solchen Geliebten hingerissen, wird er genöthigt, über Gegenstände nachzudenken, die zur Bildung der Jünglinge vorzüglich geschickt sind. Dadurch wird er nun veranlaßt, auf dasjenige, was in den Handlungen und den Gesetzen schön ist, aufmerksam zu seyn. So bemerkt er, daß Schönheit mit seinem eigenen Wesen verwandt sey; so lernt er auf körperliche Schönheit einen minder großen Werth legen: so wird er hernach, durch einen höhern Schritt, Schönheit in Handlungen, und durch einen neuen Fortschritt, Schönheit in den Wissenschaften entdecken. Auf diese Art wird er einsehen, daß man Schönheit in verschiedenen Arten von Gegenständen, und nicht bloß in einer einzigen aufsuchen muß, wie etwa ein gemeiner Liebhaber an seinem einzigen Lieblinge; und daß es einen sclavisch denkenden, beschränkten Kopf verrathe, sie nur in der Gestalt eines einzigen Knaben, in einem einzelnen Menschen, oder in einer einzelnen Handlung finden zu wollen. Er wird das große Meer der Schönheit durchschwimmen, und im Beschauen so vieler mannigfaltigen schönen Gegenstände neue Ideen erzeugen, und zu einer fruchtbaren Philosophie sammeln. So gestärkt und erweitert, wird dann seinem Geiste eine einzige Wissenschaft des Schönen erscheinen. Wer in den Mysterien der Liebe es so weit gebracht hat, der ist der letzten Einweihung nahe. Er steht an dem Ziele, wohin alle vorher gegangenen Bemühungen allein abzweckten. Ihm offenbart sich nun mit einem Mahle der Anblick der ewigen Urschönheit, jenes außerordentlichen Wesens. Ewig ist diese Schönheit;

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[217/0217] nicht mit großen Reitzen des Körpers gepaart sind; so muß er gleichwohl eine Freude an ihm haben, ihn lieben, und sich für ihn interessieren. Zur Unterhaltung mit einem solchen Geliebten hingerissen, wird er genöthigt, über Gegenstände nachzudenken, die zur Bildung der Jünglinge vorzüglich geschickt sind. Dadurch wird er nun veranlaßt, auf dasjenige, was in den Handlungen und den Gesetzen schön ist, aufmerksam zu seyn. So bemerkt er, daß Schönheit mit seinem eigenen Wesen verwandt sey; so lernt er auf körperliche Schönheit einen minder großen Werth legen: so wird er hernach, durch einen höhern Schritt, Schönheit in Handlungen, und durch einen neuen Fortschritt, Schönheit in den Wissenschaften entdecken. Auf diese Art wird er einsehen, daß man Schönheit in verschiedenen Arten von Gegenständen, und nicht bloß in einer einzigen aufsuchen muß, wie etwa ein gemeiner Liebhaber an seinem einzigen Lieblinge; und daß es einen sclavisch denkenden, beschränkten Kopf verrathe, sie nur in der Gestalt eines einzigen Knaben, in einem einzelnen Menschen, oder in einer einzelnen Handlung finden zu wollen. Er wird das große Meer der Schönheit durchschwimmen, und im Beschauen so vieler mannigfaltigen schönen Gegenstände neue Ideen erzeugen, und zu einer fruchtbaren Philosophie sammeln. So gestärkt und erweitert, wird dann seinem Geiste eine einzige Wissenschaft des Schönen erscheinen. Wer in den Mysterien der Liebe es so weit gebracht hat, der ist der letzten Einweihung nahe. Er steht an dem Ziele, wohin alle vorher gegangenen Bemühungen allein abzweckten. Ihm offenbart sich nun mit einem Mahle der Anblick der ewigen Urschönheit, jenes außerordentlichen Wesens. Ewig ist diese Schönheit;

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 217. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/217>, abgerufen am 26.11.2024.