Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.diesem zwiefach schönen Gegenstande gefesselt. Sein ganzes Herz öffnet sich sogleich gegen einen solchen Menschen: er sucht ihn zu unterrichten: er schildert ihm die Eigenschaften der Tugend: er lehrt ihn, was ein rechtschaffner Mann seyn, und wie er handeln müsse. So geschieht es denn, daß dasjenige, was zuvor in seiner Seele noch unentwickelt im Keime lag, durch diese Vereinigung mit einem schönen Gegenstande gleichsam geboren wird, und diese neugebornen Ideen durch die beständige Erinnerung an den geliebten Gegenstand von ihnen gleichsam gemeinschaftlich aufgezogen werden. Deßwegen ist auch das Band, das zwey solche Wesen vereinigt, weit fester als dasjenige, welches die Gemeinschaft leiblicher Kinder knüpft: ihre wechselseitige Liebe weit dauerhafter, weil die Geisteskinder, welche aus ihrer Vereinigung hervorgehen, schöne, für die Unsterblichkeit gereifte Früchte sind. Wer sollte nun nicht lieber wünschen, solchen Kindern, als sterblichen Wesen das Daseyn gegeben zu haben! Fordern doch so glänzende Beyspiele zur Nacheiferung auf! Man sehe nur den Homer, oder Hesiod, oder andere vortreffliche Dichter, deren Geisteskinder, selbst unsterblich, ihren Urhebern unsterblichen Ruhm bey der spätesten Nachwelt sichern: oder Lykurg, dessen Kinder, seine Gesetze, die Retter von Sparta, ja, man kann sagen, von ganz Griechenland wurden: oder Solon mit seinen Gesetzen, und so viele andere in und außer Griechenland geehrte Männer, die so viele schöne Thaten erzeugt, und tugendhafte Handlungen aller Art vollführt haben, denen auch dieser ihrer Geisteskinder wegen hie und da Tempel und Altäre errichtet sind." Ich bleibe hier wieder etwas stehen. diesem zwiefach schönen Gegenstande gefesselt. Sein ganzes Herz öffnet sich sogleich gegen einen solchen Menschen: er sucht ihn zu unterrichten: er schildert ihm die Eigenschaften der Tugend: er lehrt ihn, was ein rechtschaffner Mann seyn, und wie er handeln müsse. So geschieht es denn, daß dasjenige, was zuvor in seiner Seele noch unentwickelt im Keime lag, durch diese Vereinigung mit einem schönen Gegenstande gleichsam geboren wird, und diese neugebornen Ideen durch die beständige Erinnerung an den geliebten Gegenstand von ihnen gleichsam gemeinschaftlich aufgezogen werden. Deßwegen ist auch das Band, das zwey solche Wesen vereinigt, weit fester als dasjenige, welches die Gemeinschaft leiblicher Kinder knüpft: ihre wechselseitige Liebe weit dauerhafter, weil die Geisteskinder, welche aus ihrer Vereinigung hervorgehen, schöne, für die Unsterblichkeit gereifte Früchte sind. Wer sollte nun nicht lieber wünschen, solchen Kindern, als sterblichen Wesen das Daseyn gegeben zu haben! Fordern doch so glänzende Beyspiele zur Nacheiferung auf! Man sehe nur den Homer, oder Hesiod, oder andere vortreffliche Dichter, deren Geisteskinder, selbst unsterblich, ihren Urhebern unsterblichen Ruhm bey der spätesten Nachwelt sichern: oder Lykurg, dessen Kinder, seine Gesetze, die Retter von Sparta, ja, man kann sagen, von ganz Griechenland wurden: oder Solon mit seinen Gesetzen, und so viele andere in und außer Griechenland geehrte Männer, die so viele schöne Thaten erzeugt, und tugendhafte Handlungen aller Art vollführt haben, denen auch dieser ihrer Geisteskinder wegen hie und da Tempel und Altäre errichtet sind.“ Ich bleibe hier wieder etwas stehen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0212" n="212"/> diesem zwiefach schönen Gegenstande gefesselt. Sein ganzes Herz öffnet sich sogleich gegen einen solchen Menschen: er sucht ihn zu unterrichten: er schildert ihm die Eigenschaften der Tugend: er lehrt ihn, was ein rechtschaffner Mann seyn, und wie er handeln müsse. So geschieht es denn, daß dasjenige, was zuvor in seiner Seele noch unentwickelt im Keime lag, durch diese Vereinigung mit einem schönen Gegenstande gleichsam geboren wird, und diese neugebornen Ideen durch die beständige Erinnerung an den geliebten Gegenstand von ihnen gleichsam gemeinschaftlich aufgezogen werden. Deßwegen ist auch das Band, das zwey solche Wesen vereinigt, weit fester als dasjenige, welches die Gemeinschaft leiblicher Kinder knüpft: ihre wechselseitige Liebe weit dauerhafter, weil die Geisteskinder, welche aus ihrer Vereinigung hervorgehen, schöne, für die Unsterblichkeit gereifte Früchte sind. Wer sollte nun nicht lieber wünschen, solchen Kindern, als sterblichen Wesen das Daseyn gegeben zu haben! Fordern doch so glänzende Beyspiele zur Nacheiferung auf! Man sehe nur den Homer, oder Hesiod, oder andere vortreffliche Dichter, deren Geisteskinder, selbst unsterblich, ihren Urhebern unsterblichen Ruhm bey der spätesten Nachwelt sichern: oder Lykurg, dessen Kinder, seine Gesetze, die Retter von Sparta, ja, man kann sagen, von ganz Griechenland wurden: oder Solon mit seinen Gesetzen, und so viele andere in und außer Griechenland geehrte Männer, die so viele schöne Thaten erzeugt, und tugendhafte Handlungen aller Art vollführt haben, denen auch dieser ihrer Geisteskinder wegen hie und da Tempel und Altäre errichtet sind.“</p> <p>Ich bleibe hier wieder etwas stehen.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [212/0212]
diesem zwiefach schönen Gegenstande gefesselt. Sein ganzes Herz öffnet sich sogleich gegen einen solchen Menschen: er sucht ihn zu unterrichten: er schildert ihm die Eigenschaften der Tugend: er lehrt ihn, was ein rechtschaffner Mann seyn, und wie er handeln müsse. So geschieht es denn, daß dasjenige, was zuvor in seiner Seele noch unentwickelt im Keime lag, durch diese Vereinigung mit einem schönen Gegenstande gleichsam geboren wird, und diese neugebornen Ideen durch die beständige Erinnerung an den geliebten Gegenstand von ihnen gleichsam gemeinschaftlich aufgezogen werden. Deßwegen ist auch das Band, das zwey solche Wesen vereinigt, weit fester als dasjenige, welches die Gemeinschaft leiblicher Kinder knüpft: ihre wechselseitige Liebe weit dauerhafter, weil die Geisteskinder, welche aus ihrer Vereinigung hervorgehen, schöne, für die Unsterblichkeit gereifte Früchte sind. Wer sollte nun nicht lieber wünschen, solchen Kindern, als sterblichen Wesen das Daseyn gegeben zu haben! Fordern doch so glänzende Beyspiele zur Nacheiferung auf! Man sehe nur den Homer, oder Hesiod, oder andere vortreffliche Dichter, deren Geisteskinder, selbst unsterblich, ihren Urhebern unsterblichen Ruhm bey der spätesten Nachwelt sichern: oder Lykurg, dessen Kinder, seine Gesetze, die Retter von Sparta, ja, man kann sagen, von ganz Griechenland wurden: oder Solon mit seinen Gesetzen, und so viele andere in und außer Griechenland geehrte Männer, die so viele schöne Thaten erzeugt, und tugendhafte Handlungen aller Art vollführt haben, denen auch dieser ihrer Geisteskinder wegen hie und da Tempel und Altäre errichtet sind.“
Ich bleibe hier wieder etwas stehen.
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