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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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Liebe, versündigt, indem er ihn so allgemein verrufen hat, will er nun auch versuchen, ihm einen Lobgesang zu bringen, und ihn dadurch zu sühnen. "Wenn uns ein edler und bescheidener Liebhaber überhört hätte", sagt er, "er würde glauben, wir wären unter dem niedrigsten Pöbel erzogen, und edle Liebe sey uns unbekannt."

Um folglich diesen Fehler wieder gut zu machen, bemerkt er zuerst, daß es mehrere Arten von Begeisterung gebe, die an Wahnsinn und Raserey zu grenzen scheinen, und dennoch nützliche und schöne Wirkungen hervorbringen. Er erinnert an diejenige, welche die Seherinnen in Delphos, die Priesterinnen in Dodona, die Sybille, erfüllt, und diese Personen zur Weissagung fähig gemacht hat. Eine solche Begeisterung nennt er die göttliche. Dann kommt er auf die der Musen, die zu Gesängen entflammt, welche die Nachwelt unterrichten; und endlich sucht er zu zeigen, daß der gespannte und entzückte Zustand, der die leidenschaftliche Liebe begleitet, ihr nicht unbedingt zum Vorwurfe gereiche.

In dieser Absicht entwickelt er vorläufig die göttliche und sterbliche Natur des Menschen. "Jede Seele", sagt er, "ist unsterblich, weil sie den Grund ihrer Bewegungen in sich selbst hat: nur Dasjenige ist unbelebt und seelenlos, was den Grund aller in ihm vorgehenden Veränderungen außer sich findet. Ihr übriges Wesen läßt sich am leichtesten durch Bilder erklären."

Die Seele gleicht einem geflügelten Gespanne mit seinem Führer, deren vereinte Kraft einen Wagen bewegt. Alle Götter haben Seelen, die man sich

Liebe, versündigt, indem er ihn so allgemein verrufen hat, will er nun auch versuchen, ihm einen Lobgesang zu bringen, und ihn dadurch zu sühnen. „Wenn uns ein edler und bescheidener Liebhaber überhört hätte“, sagt er, „er würde glauben, wir wären unter dem niedrigsten Pöbel erzogen, und edle Liebe sey uns unbekannt.“

Um folglich diesen Fehler wieder gut zu machen, bemerkt er zuerst, daß es mehrere Arten von Begeisterung gebe, die an Wahnsinn und Raserey zu grenzen scheinen, und dennoch nützliche und schöne Wirkungen hervorbringen. Er erinnert an diejenige, welche die Seherinnen in Delphos, die Priesterinnen in Dodona, die Sybille, erfüllt, und diese Personen zur Weissagung fähig gemacht hat. Eine solche Begeisterung nennt er die göttliche. Dann kommt er auf die der Musen, die zu Gesängen entflammt, welche die Nachwelt unterrichten; und endlich sucht er zu zeigen, daß der gespannte und entzückte Zustand, der die leidenschaftliche Liebe begleitet, ihr nicht unbedingt zum Vorwurfe gereiche.

In dieser Absicht entwickelt er vorläufig die göttliche und sterbliche Natur des Menschen. „Jede Seele“, sagt er, „ist unsterblich, weil sie den Grund ihrer Bewegungen in sich selbst hat: nur Dasjenige ist unbelebt und seelenlos, was den Grund aller in ihm vorgehenden Veränderungen außer sich findet. Ihr übriges Wesen läßt sich am leichtesten durch Bilder erklären.“

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[175/0175] Liebe, versündigt, indem er ihn so allgemein verrufen hat, will er nun auch versuchen, ihm einen Lobgesang zu bringen, und ihn dadurch zu sühnen. „Wenn uns ein edler und bescheidener Liebhaber überhört hätte“, sagt er, „er würde glauben, wir wären unter dem niedrigsten Pöbel erzogen, und edle Liebe sey uns unbekannt.“ Um folglich diesen Fehler wieder gut zu machen, bemerkt er zuerst, daß es mehrere Arten von Begeisterung gebe, die an Wahnsinn und Raserey zu grenzen scheinen, und dennoch nützliche und schöne Wirkungen hervorbringen. Er erinnert an diejenige, welche die Seherinnen in Delphos, die Priesterinnen in Dodona, die Sybille, erfüllt, und diese Personen zur Weissagung fähig gemacht hat. Eine solche Begeisterung nennt er die göttliche. Dann kommt er auf die der Musen, die zu Gesängen entflammt, welche die Nachwelt unterrichten; und endlich sucht er zu zeigen, daß der gespannte und entzückte Zustand, der die leidenschaftliche Liebe begleitet, ihr nicht unbedingt zum Vorwurfe gereiche. In dieser Absicht entwickelt er vorläufig die göttliche und sterbliche Natur des Menschen. „Jede Seele“, sagt er, „ist unsterblich, weil sie den Grund ihrer Bewegungen in sich selbst hat: nur Dasjenige ist unbelebt und seelenlos, was den Grund aller in ihm vorgehenden Veränderungen außer sich findet. Ihr übriges Wesen läßt sich am leichtesten durch Bilder erklären.“ Die Seele gleicht einem geflügelten Gespanne mit seinem Führer, deren vereinte Kraft einen Wagen bewegt. Alle Götter haben Seelen, die man sich

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/175>, abgerufen am 23.11.2024.