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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

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und daß die Verehrung, die man der himmlischen Venus zollt, die reinere ist. Die gemeine flößt die Liebe zum Körper ein, aber die himmlische gewährt die Liebe zur Seele, zu freundschaftlichen Neigungen, zu ehrbringenden Thaten. Und diese Liebe, theurer Callias, ist die Deinige. Dafür bürgt mir die Sittsamkeit deines Geliebten, und deine Vorsicht, den Vater zu deinen Zusammenkünften mit ihm zuzuziehen. Denn ein guter und rechtschaffener Liebender macht den Vater zu seinem Vertrauten. Welche Vorzüge hat nicht diese Liebe der Seele vor der zu dem Körper? Ohne Freundschaft kann keine Verbindung angenehm seyn, und ein Band, das durch gegenseitige Achtung für Sitten und Charakter geknüpft wird, ist, obgleich freywillig geschlungen, das stärkste unter allen. Wie kann aber dieß unter Personen Statt finden, die den Körper lieben? Ihre Sitten werden von vielen getadelt, und ihr Verhältniß wird gehaßt. Gesetzt nun auch, daß sie sich unter einander liebten, wie kurz wird ihre Zuneigung seyn! Sie vergeht mit der Blüthe der Schönheit, und selbst für diese stumpft sich das Gefühl durch den Genuß ab. Hingegen die Seele wird immer liebenswürdiger, so wie sie an Weisheit zunimmt; und die Liebe zu ihr ist eben darum nie zu sättigen, weil sie keusch ist. Weit entfernt, daß wir durch diese Entbehrung verlieren sollten, belebt vielmehr die Göttin unsere Ausdrücke und Handlungen mit neuem Reitze. Der Geliebte wird gegen eine so edle Liebe nicht unempfindlich bleiben. Wer könnte denjenigen hassen, der uns hochachtet, den wir mehr bekümmert um unsern Ruf als um sein eigenes

und daß die Verehrung, die man der himmlischen Venus zollt, die reinere ist. Die gemeine flößt die Liebe zum Körper ein, aber die himmlische gewährt die Liebe zur Seele, zu freundschaftlichen Neigungen, zu ehrbringenden Thaten. Und diese Liebe, theurer Callias, ist die Deinige. Dafür bürgt mir die Sittsamkeit deines Geliebten, und deine Vorsicht, den Vater zu deinen Zusammenkünften mit ihm zuzuziehen. Denn ein guter und rechtschaffener Liebender macht den Vater zu seinem Vertrauten. Welche Vorzüge hat nicht diese Liebe der Seele vor der zu dem Körper? Ohne Freundschaft kann keine Verbindung angenehm seyn, und ein Band, das durch gegenseitige Achtung für Sitten und Charakter geknüpft wird, ist, obgleich freywillig geschlungen, das stärkste unter allen. Wie kann aber dieß unter Personen Statt finden, die den Körper lieben? Ihre Sitten werden von vielen getadelt, und ihr Verhältniß wird gehaßt. Gesetzt nun auch, daß sie sich unter einander liebten, wie kurz wird ihre Zuneigung seyn! Sie vergeht mit der Blüthe der Schönheit, und selbst für diese stumpft sich das Gefühl durch den Genuß ab. Hingegen die Seele wird immer liebenswürdiger, so wie sie an Weisheit zunimmt; und die Liebe zu ihr ist eben darum nie zu sättigen, weil sie keusch ist. Weit entfernt, daß wir durch diese Entbehrung verlieren sollten, belebt vielmehr die Göttin unsere Ausdrücke und Handlungen mit neuem Reitze. Der Geliebte wird gegen eine so edle Liebe nicht unempfindlich bleiben. Wer könnte denjenigen hassen, der uns hochachtet, den wir mehr bekümmert um unsern Ruf als um sein eigenes

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[161/0161] und daß die Verehrung, die man der himmlischen Venus zollt, die reinere ist. Die gemeine flößt die Liebe zum Körper ein, aber die himmlische gewährt die Liebe zur Seele, zu freundschaftlichen Neigungen, zu ehrbringenden Thaten. Und diese Liebe, theurer Callias, ist die Deinige. Dafür bürgt mir die Sittsamkeit deines Geliebten, und deine Vorsicht, den Vater zu deinen Zusammenkünften mit ihm zuzuziehen. Denn ein guter und rechtschaffener Liebender macht den Vater zu seinem Vertrauten. Welche Vorzüge hat nicht diese Liebe der Seele vor der zu dem Körper? Ohne Freundschaft kann keine Verbindung angenehm seyn, und ein Band, das durch gegenseitige Achtung für Sitten und Charakter geknüpft wird, ist, obgleich freywillig geschlungen, das stärkste unter allen. Wie kann aber dieß unter Personen Statt finden, die den Körper lieben? Ihre Sitten werden von vielen getadelt, und ihr Verhältniß wird gehaßt. Gesetzt nun auch, daß sie sich unter einander liebten, wie kurz wird ihre Zuneigung seyn! Sie vergeht mit der Blüthe der Schönheit, und selbst für diese stumpft sich das Gefühl durch den Genuß ab. Hingegen die Seele wird immer liebenswürdiger, so wie sie an Weisheit zunimmt; und die Liebe zu ihr ist eben darum nie zu sättigen, weil sie keusch ist. Weit entfernt, daß wir durch diese Entbehrung verlieren sollten, belebt vielmehr die Göttin unsere Ausdrücke und Handlungen mit neuem Reitze. Der Geliebte wird gegen eine so edle Liebe nicht unempfindlich bleiben. Wer könnte denjenigen hassen, der uns hochachtet, den wir mehr bekümmert um unsern Ruf als um sein eigenes

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/161>, abgerufen am 23.11.2024.