Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.ähnliche Ausgelassenheiten an. 4) Euripides hatte eines unter dem Nahmen Chrysippus verfertigt, dessen Süjet der Raub dieses Jünglings durch den Lajus ausmachte. 5) Denkmähler der bildenden Kunst waren Darstellungen gewidmet, die nach unsern Begriffen Ekel erwecken, 6) und die Rüge der Polizey auf sich ziehen würden. 7) Vor allen andern aber waren die Mißbräuche der Geschlechtssympathie unter Männern häufig. Sokrates warnte vor dem Umgange mit schönen Jünglingen, und verglich die Gefahr, die aus ihrer unvorsichtigen Berührung drohte, mit dem Bisse der Tarantel. 8) In den Gastmählern des Xenophon und des Plato, und in des letztern Republik und Phädrus, wird dieser Gegenstand mit einer Unbefangenheit behandelt, die uns in Erstaunen setzt, und die Sorge, welche die Väter anwandten, ihre Söhne durch beygegebene Hüter vor Verführung schlechter Menschen zu bewahren, so wie der hohe Werth, der den Weisen beygelegt wird, die über diese Schwäche hinausgesetzt waren, beweisen hinreichend, wie allgemein, wie durchgängig die Gewalt dieser verkehrten Richtung körperlicher Begierden angenommen wurde. Man würde zu weit gehen, wenn man daraus folgern wollte, die gute Sitte in Athen habe gar keinen Werth auf die Keuschheit und Ehrbarkeit des Mannes 4) Athenaeus im dreyzehnten Buche, und Cic. Tusc. Quäst. Libr. 4. 5) Fragmenta Euripidis. 6) Man erinnere sich an das berüchtigte Gemählde, das Parrhasius von der Atalanta verfertigte, und das Tiber kaufte. Suet. in Tiber. 44. 7) Dergleichen noch täglich aufgefunden werden. 8) Memorab. I. 3.
ähnliche Ausgelassenheiten an. 4) Euripides hatte eines unter dem Nahmen Chrysippus verfertigt, dessen Süjet der Raub dieses Jünglings durch den Lajus ausmachte. 5) Denkmähler der bildenden Kunst waren Darstellungen gewidmet, die nach unsern Begriffen Ekel erwecken, 6) und die Rüge der Polizey auf sich ziehen würden. 7) Vor allen andern aber waren die Mißbräuche der Geschlechtssympathie unter Männern häufig. Sokrates warnte vor dem Umgange mit schönen Jünglingen, und verglich die Gefahr, die aus ihrer unvorsichtigen Berührung drohte, mit dem Bisse der Tarantel. 8) In den Gastmählern des Xenophon und des Plato, und in des letztern Republik und Phädrus, wird dieser Gegenstand mit einer Unbefangenheit behandelt, die uns in Erstaunen setzt, und die Sorge, welche die Väter anwandten, ihre Söhne durch beygegebene Hüter vor Verführung schlechter Menschen zu bewahren, so wie der hohe Werth, der den Weisen beygelegt wird, die über diese Schwäche hinausgesetzt waren, beweisen hinreichend, wie allgemein, wie durchgängig die Gewalt dieser verkehrten Richtung körperlicher Begierden angenommen wurde. Man würde zu weit gehen, wenn man daraus folgern wollte, die gute Sitte in Athen habe gar keinen Werth auf die Keuschheit und Ehrbarkeit des Mannes 4) Athenaeus im dreyzehnten Buche, und Cic. Tusc. Quäst. Libr. 4. 5) Fragmenta Euripidis. 6) Man erinnere sich an das berüchtigte Gemählde, das Parrhasius von der Atalanta verfertigte, und das Tiber kaufte. Suet. in Tiber. 44. 7) Dergleichen noch täglich aufgefunden werden. 8) Memorab. I. 3.
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ähnliche Ausgelassenheiten an. 4) Euripides hatte eines unter dem Nahmen Chrysippus verfertigt, dessen Süjet der Raub dieses Jünglings durch den Lajus ausmachte. 5) Denkmähler der bildenden Kunst waren Darstellungen gewidmet, die nach unsern Begriffen Ekel erwecken, 6) und die Rüge der Polizey auf sich ziehen würden. 7) Vor allen andern aber waren die Mißbräuche der Geschlechtssympathie unter Männern häufig. Sokrates warnte vor dem Umgange mit schönen Jünglingen, und verglich die Gefahr, die aus ihrer unvorsichtigen Berührung drohte, mit dem Bisse der Tarantel. 8) In den Gastmählern des Xenophon und des Plato, und in des letztern Republik und Phädrus, wird dieser Gegenstand mit einer Unbefangenheit behandelt, die uns in Erstaunen setzt, und die Sorge, welche die Väter anwandten, ihre Söhne durch beygegebene Hüter vor Verführung schlechter Menschen zu bewahren, so wie der hohe Werth, der den Weisen beygelegt wird, die über diese Schwäche hinausgesetzt waren, beweisen hinreichend, wie allgemein, wie durchgängig die Gewalt dieser verkehrten Richtung körperlicher Begierden angenommen wurde.
Man würde zu weit gehen, wenn man daraus folgern wollte, die gute Sitte in Athen habe gar keinen Werth auf die Keuschheit und Ehrbarkeit des Mannes
4) Athenaeus im dreyzehnten Buche, und Cic. Tusc. Quäst. Libr. 4.
5) Fragmenta Euripidis.
6) Man erinnere sich an das berüchtigte Gemählde, das Parrhasius von der Atalanta verfertigte, und das Tiber kaufte. Suet. in Tiber. 44.
7) Dergleichen noch täglich aufgefunden werden.
8) Memorab. I. 3.
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