Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.Funfzehntes Buch. Denkungsart der Athenienser und besonders der Sokratischen Schule über Liebe zu den Lieblingen. Erstes Kapitel. Einleitung. Unter allen Versuchen, die Liebe zu veredeln und zu verschönern, ist keiner, der einen so hohen Grad von Celebrität, und einen so wichtigen Einfluß auf die Denkungsart der Nachwelt erhalten hätte, als derjenige, den die Sokratische Schule in dieser Rücksicht gemacht hat, und der gemeiniglich unter dem zu eingeschränkten Nahmen der platonischen Liebe bekannt ist. Wo ist eine gute Gesellschaft unter allen kultivierten Nationen von Europa, worin man nicht noch heut zu Tage von dieser Liebe reden hörte? Man spricht dafür, man spricht dagegen: unsere Dichter nutzen sie zum Stoffe der Unterhaltung, zum Mittel der Begeisterung; unsere Philosophen dissertieren mit steifem Ernste über ihr Wesen und ihre Möglichkeit, und je nachdem wir nur eine lächerliche Anmaßung menschlicher Schwäche, oder die höchste Stufe menschlicher Würde darin finden, Funfzehntes Buch. Denkungsart der Athenienser und besonders der Sokratischen Schule über Liebe zu den Lieblingen. Erstes Kapitel. Einleitung. Unter allen Versuchen, die Liebe zu veredeln und zu verschönern, ist keiner, der einen so hohen Grad von Celebrität, und einen so wichtigen Einfluß auf die Denkungsart der Nachwelt erhalten hätte, als derjenige, den die Sokratische Schule in dieser Rücksicht gemacht hat, und der gemeiniglich unter dem zu eingeschränkten Nahmen der platonischen Liebe bekannt ist. Wo ist eine gute Gesellschaft unter allen kultivierten Nationen von Europa, worin man nicht noch heut zu Tage von dieser Liebe reden hörte? Man spricht dafür, man spricht dagegen: unsere Dichter nutzen sie zum Stoffe der Unterhaltung, zum Mittel der Begeisterung; unsere Philosophen dissertieren mit steifem Ernste über ihr Wesen und ihre Möglichkeit, und je nachdem wir nur eine lächerliche Anmaßung menschlicher Schwäche, oder die höchste Stufe menschlicher Würde darin finden, <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0132" n="132"/> <div n="1"> <head>Funfzehntes Buch.<lb/></head> <argument> <p>Denkungsart der Athenienser und besonders der Sokratischen Schule über Liebe zu den Lieblingen.</p><lb/> </argument> <div n="2"> <head>Erstes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Einleitung.<lb/></p> </argument> <p>Unter allen Versuchen, die Liebe zu veredeln und zu verschönern, ist keiner, der einen so hohen Grad von Celebrität, und einen so wichtigen Einfluß auf die Denkungsart der Nachwelt erhalten hätte, als derjenige, den die Sokratische Schule in dieser Rücksicht gemacht hat, und der gemeiniglich unter dem zu eingeschränkten Nahmen der platonischen Liebe bekannt ist.</p> <p>Wo ist eine gute Gesellschaft unter allen kultivierten Nationen von Europa, worin man nicht noch heut zu Tage von dieser Liebe reden hörte? Man spricht dafür, man spricht dagegen: unsere Dichter nutzen sie zum Stoffe der Unterhaltung, zum Mittel der Begeisterung; unsere Philosophen dissertieren mit steifem Ernste über ihr Wesen und ihre Möglichkeit, und je nachdem wir nur eine lächerliche Anmaßung menschlicher Schwäche, oder die höchste Stufe menschlicher Würde darin finden, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0132]
Funfzehntes Buch.
Denkungsart der Athenienser und besonders der Sokratischen Schule über Liebe zu den Lieblingen.
Erstes Kapitel.
Einleitung.
Unter allen Versuchen, die Liebe zu veredeln und zu verschönern, ist keiner, der einen so hohen Grad von Celebrität, und einen so wichtigen Einfluß auf die Denkungsart der Nachwelt erhalten hätte, als derjenige, den die Sokratische Schule in dieser Rücksicht gemacht hat, und der gemeiniglich unter dem zu eingeschränkten Nahmen der platonischen Liebe bekannt ist.
Wo ist eine gute Gesellschaft unter allen kultivierten Nationen von Europa, worin man nicht noch heut zu Tage von dieser Liebe reden hörte? Man spricht dafür, man spricht dagegen: unsere Dichter nutzen sie zum Stoffe der Unterhaltung, zum Mittel der Begeisterung; unsere Philosophen dissertieren mit steifem Ernste über ihr Wesen und ihre Möglichkeit, und je nachdem wir nur eine lächerliche Anmaßung menschlicher Schwäche, oder die höchste Stufe menschlicher Würde darin finden,
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