Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

zur Musik und zu gymnastischen Uebungen angeleitet werden. Etwas Rücksicht wird man immer auf ihre Schwäche nehmen müssen, und ihnen daher die leichtern Geschäfte besonders anvertrauen. Uebrigens muß eine völlige Gemeinschaft der Weiber Statt finden. Keines darf eines besondern Mannes Weib seyn. Auch darf kein Sohn einen besondern Vater anerkennen. Sie müssen zusammen öffentlich schmausen und bey einander wohnen.

Die Obrigkeit muß dafür sorgen, den Mißbräuchen dieser Einrichtung vorzubeugen. Bey öffentlichen Festen, die dazu bestimmt sind, gesetzmäßige Verbindungen zu knüpfen, wählt sie eine gewisse Anzahl von Männern und Weibern aus, durch welche der Abgang von Bürgern wieder ersetzt werden soll. Ihre Nahmen sollen in eine Urne geworfen werden, und das Loos soll dem Anscheine nach über die Personen entscheiden, die zusammen gepaart werden. Aber im Grunde wird die Obrigkeit das Schicksal so zu lenken wissen, daß diejenigen Personen immer zusammen kommen, von denen man die beste Nachkommenschaft zu hoffen hat: nicht anders, wie man die Racen bey Thieren zu bewahren sucht. Sobald die Kinder geboren sind, werden sie den Eltern genommen und an einem öffentlichen Orte erzogen, wo die Mütter, ohne sie zu kennen, bald das eine, bald das andere Kind säugen werden. Von dieser öffentlichen Erziehungsanstalt werden aber diejenigen ausgeschlossen, die nicht aus solchen feyerlich angeordneten Umarmungen entsprossen sind; ferner diejenigen, die mangelhaft und häßlich zur Welt kommen, endlich solche, die von Eltern geboren werden, die das gesetzliche Alter zum Kinderzeugen noch nicht erreicht, oder bereits überschritten

zur Musik und zu gymnastischen Uebungen angeleitet werden. Etwas Rücksicht wird man immer auf ihre Schwäche nehmen müssen, und ihnen daher die leichtern Geschäfte besonders anvertrauen. Uebrigens muß eine völlige Gemeinschaft der Weiber Statt finden. Keines darf eines besondern Mannes Weib seyn. Auch darf kein Sohn einen besondern Vater anerkennen. Sie müssen zusammen öffentlich schmausen und bey einander wohnen.

Die Obrigkeit muß dafür sorgen, den Mißbräuchen dieser Einrichtung vorzubeugen. Bey öffentlichen Festen, die dazu bestimmt sind, gesetzmäßige Verbindungen zu knüpfen, wählt sie eine gewisse Anzahl von Männern und Weibern aus, durch welche der Abgang von Bürgern wieder ersetzt werden soll. Ihre Nahmen sollen in eine Urne geworfen werden, und das Loos soll dem Anscheine nach über die Personen entscheiden, die zusammen gepaart werden. Aber im Grunde wird die Obrigkeit das Schicksal so zu lenken wissen, daß diejenigen Personen immer zusammen kommen, von denen man die beste Nachkommenschaft zu hoffen hat: nicht anders, wie man die Raçen bey Thieren zu bewahren sucht. Sobald die Kinder geboren sind, werden sie den Eltern genommen und an einem öffentlichen Orte erzogen, wo die Mütter, ohne sie zu kennen, bald das eine, bald das andere Kind säugen werden. Von dieser öffentlichen Erziehungsanstalt werden aber diejenigen ausgeschlossen, die nicht aus solchen feyerlich angeordneten Umarmungen entsprossen sind; ferner diejenigen, die mangelhaft und häßlich zur Welt kommen, endlich solche, die von Eltern geboren werden, die das gesetzliche Alter zum Kinderzeugen noch nicht erreicht, oder bereits überschritten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0118" n="118"/>
zur Musik und zu gymnastischen Uebungen angeleitet werden. Etwas Rücksicht wird man immer auf ihre Schwäche nehmen müssen, und ihnen daher die leichtern Geschäfte besonders anvertrauen. Uebrigens muß eine völlige Gemeinschaft der Weiber Statt finden. Keines darf eines besondern Mannes Weib seyn. Auch darf kein Sohn einen besondern Vater anerkennen. Sie müssen zusammen öffentlich schmausen und bey einander wohnen.</p>
          <p>Die Obrigkeit muß dafür sorgen, den Mißbräuchen dieser Einrichtung vorzubeugen. Bey öffentlichen Festen, die dazu bestimmt sind, gesetzmäßige Verbindungen zu knüpfen, wählt sie eine gewisse Anzahl von Männern und Weibern aus, durch welche der Abgang von Bürgern wieder ersetzt werden soll. Ihre Nahmen sollen in eine Urne geworfen werden, und das Loos soll dem Anscheine nach über die Personen entscheiden, die zusammen gepaart werden. Aber im Grunde wird die Obrigkeit das Schicksal so zu lenken wissen, daß diejenigen Personen immer zusammen kommen, von denen man die beste Nachkommenschaft zu hoffen hat: nicht anders, wie man die Raçen bey Thieren zu bewahren sucht. Sobald die Kinder geboren sind, werden sie den Eltern genommen und an einem öffentlichen Orte erzogen, wo die Mütter, ohne sie zu kennen, bald das eine, bald das andere Kind säugen werden. Von dieser öffentlichen Erziehungsanstalt werden aber diejenigen ausgeschlossen, die nicht aus solchen feyerlich angeordneten Umarmungen entsprossen sind; ferner diejenigen, die mangelhaft und häßlich zur Welt kommen, endlich solche, die von Eltern geboren werden, die das gesetzliche Alter zum Kinderzeugen noch nicht erreicht, oder bereits überschritten
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0118] zur Musik und zu gymnastischen Uebungen angeleitet werden. Etwas Rücksicht wird man immer auf ihre Schwäche nehmen müssen, und ihnen daher die leichtern Geschäfte besonders anvertrauen. Uebrigens muß eine völlige Gemeinschaft der Weiber Statt finden. Keines darf eines besondern Mannes Weib seyn. Auch darf kein Sohn einen besondern Vater anerkennen. Sie müssen zusammen öffentlich schmausen und bey einander wohnen. Die Obrigkeit muß dafür sorgen, den Mißbräuchen dieser Einrichtung vorzubeugen. Bey öffentlichen Festen, die dazu bestimmt sind, gesetzmäßige Verbindungen zu knüpfen, wählt sie eine gewisse Anzahl von Männern und Weibern aus, durch welche der Abgang von Bürgern wieder ersetzt werden soll. Ihre Nahmen sollen in eine Urne geworfen werden, und das Loos soll dem Anscheine nach über die Personen entscheiden, die zusammen gepaart werden. Aber im Grunde wird die Obrigkeit das Schicksal so zu lenken wissen, daß diejenigen Personen immer zusammen kommen, von denen man die beste Nachkommenschaft zu hoffen hat: nicht anders, wie man die Raçen bey Thieren zu bewahren sucht. Sobald die Kinder geboren sind, werden sie den Eltern genommen und an einem öffentlichen Orte erzogen, wo die Mütter, ohne sie zu kennen, bald das eine, bald das andere Kind säugen werden. Von dieser öffentlichen Erziehungsanstalt werden aber diejenigen ausgeschlossen, die nicht aus solchen feyerlich angeordneten Umarmungen entsprossen sind; ferner diejenigen, die mangelhaft und häßlich zur Welt kommen, endlich solche, die von Eltern geboren werden, die das gesetzliche Alter zum Kinderzeugen noch nicht erreicht, oder bereits überschritten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/118
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/118>, abgerufen am 24.11.2024.