Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.in der Führung der Wirthschaft, und in der Erziehung der Kinder fände. Denn auch Kinder sind ein gemeinschaftliches Gut; sie werden wieder unsere Gehülfen, und dereinst im Alter unsere Stützen seyn." - Der Moralist für die Gattung, der zugleich Staatsmann ist, kann den Zweck der Ehe nicht anders angeben. Auf Leidenschaft darf, auf Zärtlichkeit kann er bey der Menge nicht rechnen. Aber der Republikaner, der Philosoph, der über das Verhältniß der Ehe zur Wirthschaft, und dieser zum Staate räsonniert, kann nun vollends das Wesentliche der Ehe gar nicht anders angeben. Eigennutz von beyden Seiten, gemeinschaftlicher Vortheil, durch Elterntriebe und Gewohnheit verstärkt, machen folglich die sichersten Bande unter den Gatten im Durchschnitt aus: und auf diese rechnet auch Xenophon. Sie schließen aber in einzelnen Fällen die Zärtlichkeit und die Achtung nicht aus, und so schildert uns denn auch unser Autor die gesunde Vernunft unter Begleitung eines liebenden Herzens. "Unser Vermögen ist in Eins geworfen", sagt Ischomachus. "Ich habe das meinige, du hast deine Mitgift, zum gemeinschaftlichen Gebrauche hergegeben. Laß uns nicht berechnen, wer von uns beyden den größern Beytrag geliefert hat. Besser wir suchen darin mit einander zu wetteifern, wer am besten damit wirthschafte." Bescheiden antwortet die Frau: "Wie kann ich dir helfen? Nur zur Häuslichkeit von meiner Mutter angezogen, fühle ich die Schwäche meiner Kräfte, und alles, was ich habe, gehört dir." - "Ich bin wie du zur Häuslichkeit angezogen", in der Führung der Wirthschaft, und in der Erziehung der Kinder fände. Denn auch Kinder sind ein gemeinschaftliches Gut; sie werden wieder unsere Gehülfen, und dereinst im Alter unsere Stützen seyn.“ – Der Moralist für die Gattung, der zugleich Staatsmann ist, kann den Zweck der Ehe nicht anders angeben. Auf Leidenschaft darf, auf Zärtlichkeit kann er bey der Menge nicht rechnen. Aber der Republikaner, der Philosoph, der über das Verhältniß der Ehe zur Wirthschaft, und dieser zum Staate räsonniert, kann nun vollends das Wesentliche der Ehe gar nicht anders angeben. Eigennutz von beyden Seiten, gemeinschaftlicher Vortheil, durch Elterntriebe und Gewohnheit verstärkt, machen folglich die sichersten Bande unter den Gatten im Durchschnitt aus: und auf diese rechnet auch Xenophon. Sie schließen aber in einzelnen Fällen die Zärtlichkeit und die Achtung nicht aus, und so schildert uns denn auch unser Autor die gesunde Vernunft unter Begleitung eines liebenden Herzens. „Unser Vermögen ist in Eins geworfen“, sagt Ischomachus. „Ich habe das meinige, du hast deine Mitgift, zum gemeinschaftlichen Gebrauche hergegeben. Laß uns nicht berechnen, wer von uns beyden den größern Beytrag geliefert hat. Besser wir suchen darin mit einander zu wetteifern, wer am besten damit wirthschafte.“ Bescheiden antwortet die Frau: „Wie kann ich dir helfen? Nur zur Häuslichkeit von meiner Mutter angezogen, fühle ich die Schwäche meiner Kräfte, und alles, was ich habe, gehört dir.“ – „Ich bin wie du zur Häuslichkeit angezogen“, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0108" n="108"/> in der Führung der Wirthschaft, und in der Erziehung der Kinder fände. Denn auch Kinder sind ein gemeinschaftliches Gut; sie werden wieder unsere Gehülfen, und dereinst im Alter unsere Stützen seyn.“ – Der Moralist für die Gattung, der zugleich Staatsmann ist, kann den Zweck der Ehe nicht anders angeben. Auf Leidenschaft darf, auf Zärtlichkeit kann er bey der Menge nicht rechnen. Aber der Republikaner, der Philosoph, der über das Verhältniß der Ehe zur Wirthschaft, und dieser zum Staate räsonniert, kann nun vollends das Wesentliche der Ehe gar nicht anders angeben.</p> <p>Eigennutz von beyden Seiten, gemeinschaftlicher Vortheil, durch Elterntriebe und Gewohnheit verstärkt, machen folglich die sichersten Bande unter den Gatten im Durchschnitt aus: und auf diese rechnet auch Xenophon. Sie schließen aber in einzelnen Fällen die Zärtlichkeit und die Achtung nicht aus, und so schildert uns denn auch unser Autor die gesunde Vernunft unter Begleitung eines liebenden Herzens.</p> <p>„Unser Vermögen ist in Eins geworfen“, sagt Ischomachus. „Ich habe das meinige, du hast deine Mitgift, zum gemeinschaftlichen Gebrauche hergegeben. Laß uns nicht berechnen, wer von uns beyden den größern Beytrag geliefert hat. Besser wir suchen darin mit einander zu wetteifern, wer am besten damit wirthschafte.“ Bescheiden antwortet die Frau: „Wie kann ich dir helfen? Nur zur Häuslichkeit von meiner Mutter angezogen, fühle ich die Schwäche meiner Kräfte, und alles, was ich habe, gehört dir.“ – „Ich bin wie du zur Häuslichkeit angezogen“, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [108/0108]
in der Führung der Wirthschaft, und in der Erziehung der Kinder fände. Denn auch Kinder sind ein gemeinschaftliches Gut; sie werden wieder unsere Gehülfen, und dereinst im Alter unsere Stützen seyn.“ – Der Moralist für die Gattung, der zugleich Staatsmann ist, kann den Zweck der Ehe nicht anders angeben. Auf Leidenschaft darf, auf Zärtlichkeit kann er bey der Menge nicht rechnen. Aber der Republikaner, der Philosoph, der über das Verhältniß der Ehe zur Wirthschaft, und dieser zum Staate räsonniert, kann nun vollends das Wesentliche der Ehe gar nicht anders angeben.
Eigennutz von beyden Seiten, gemeinschaftlicher Vortheil, durch Elterntriebe und Gewohnheit verstärkt, machen folglich die sichersten Bande unter den Gatten im Durchschnitt aus: und auf diese rechnet auch Xenophon. Sie schließen aber in einzelnen Fällen die Zärtlichkeit und die Achtung nicht aus, und so schildert uns denn auch unser Autor die gesunde Vernunft unter Begleitung eines liebenden Herzens.
„Unser Vermögen ist in Eins geworfen“, sagt Ischomachus. „Ich habe das meinige, du hast deine Mitgift, zum gemeinschaftlichen Gebrauche hergegeben. Laß uns nicht berechnen, wer von uns beyden den größern Beytrag geliefert hat. Besser wir suchen darin mit einander zu wetteifern, wer am besten damit wirthschafte.“ Bescheiden antwortet die Frau: „Wie kann ich dir helfen? Nur zur Häuslichkeit von meiner Mutter angezogen, fühle ich die Schwäche meiner Kräfte, und alles, was ich habe, gehört dir.“ – „Ich bin wie du zur Häuslichkeit angezogen“,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |