Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.führt. Aber der feine Ton bestimmt nun auch oft Begriffe, Bilder, Formen, unter denen die Zärtlichkeit und die liebende Leidenschaft edel und schön erscheinen, oder, was einerley ist, auf Reitz für den Beschauungshang bey allen wohlerzogenen Menschen Anspruch machen soll. Er geht sogar so weit, Ideale von Vollkommenheit der Liebe festzusetzen, deren Erscheinung Gegenstand allgemeiner Bewunderung und eines fernen Nachstrebens für die ausgezeichnetsten Mitglieder der örtlichen Gesellschaft seyn soll. Die griechische Männerliebe, die Galanterie des Mittelalters, und die Cicisbeatura der Italiäner liefern darüber auffallende Beyspiele. So war es edel in den Ritterzeiten, sich im Nahmen seiner Dame und auf ihr Geheiß jeder Gefahr muthwillig entgegen zu werfen. So war es schön, mit der Geliebten aus einem Becher zu trinken, und den Mund wieder anzusetzen, wo sie ihn beym Trunke abgesetzt hatte. So waren Petrarca und Celadon Ideale von vollkommner Liebe, denen ein Paar Jahrhunderte hindurch diejenigen, die sich im feinen Tone auszeichnen wollten, ihre Bewunderung nicht versagen durften. Wie selten aber gehen diese Begriffe, Bilder, Formen und Ideale, welche der feine Ton festsetzt, mit wahrer Liebe, wahrem Edelsinn, und wahrer Schönheit zusammen! Ausgezeichnete Menschen, die wie Genies in den engeren Verhältnissen der beyden Geschlechter zu einander erscheinen, Philosophen, Dichter und Fürsten begeistern die Menge durch ihr Beyspiel, modificieren ihre Begriffe über Liebe, Adel, Schönheit und Vollkommenheit, und fordern sie zur gutherzigen Nacheiferung von Vorbildern auf, die vielleicht nirgends als in ihrem Kopfe, in ihren Schriften, und in dem äußern Scheine ihrer führt. Aber der feine Ton bestimmt nun auch oft Begriffe, Bilder, Formen, unter denen die Zärtlichkeit und die liebende Leidenschaft edel und schön erscheinen, oder, was einerley ist, auf Reitz für den Beschauungshang bey allen wohlerzogenen Menschen Anspruch machen soll. Er geht sogar so weit, Ideale von Vollkommenheit der Liebe festzusetzen, deren Erscheinung Gegenstand allgemeiner Bewunderung und eines fernen Nachstrebens für die ausgezeichnetsten Mitglieder der örtlichen Gesellschaft seyn soll. Die griechische Männerliebe, die Galanterie des Mittelalters, und die Cicisbeatura der Italiäner liefern darüber auffallende Beyspiele. So war es edel in den Ritterzeiten, sich im Nahmen seiner Dame und auf ihr Geheiß jeder Gefahr muthwillig entgegen zu werfen. So war es schön, mit der Geliebten aus einem Becher zu trinken, und den Mund wieder anzusetzen, wo sie ihn beym Trunke abgesetzt hatte. So waren Petrarca und Celadon Ideale von vollkommner Liebe, denen ein Paar Jahrhunderte hindurch diejenigen, die sich im feinen Tone auszeichnen wollten, ihre Bewunderung nicht versagen durften. Wie selten aber gehen diese Begriffe, Bilder, Formen und Ideale, welche der feine Ton festsetzt, mit wahrer Liebe, wahrem Edelsinn, und wahrer Schönheit zusammen! Ausgezeichnete Menschen, die wie Genies in den engeren Verhältnissen der beyden Geschlechter zu einander erscheinen, Philosophen, Dichter und Fürsten begeistern die Menge durch ihr Beyspiel, modificieren ihre Begriffe über Liebe, Adel, Schönheit und Vollkommenheit, und fordern sie zur gutherzigen Nacheiferung von Vorbildern auf, die vielleicht nirgends als in ihrem Kopfe, in ihren Schriften, und in dem äußern Scheine ihrer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0080" n="80"/> führt. Aber der <hi rendition="#g">feine Ton</hi> bestimmt nun auch oft Begriffe, Bilder, Formen, unter denen die Zärtlichkeit und die liebende Leidenschaft edel und schön erscheinen, oder, was einerley ist, auf Reitz für den Beschauungshang bey allen wohlerzogenen Menschen Anspruch machen soll. Er geht sogar so weit, Ideale von Vollkommenheit der Liebe festzusetzen, deren Erscheinung Gegenstand allgemeiner Bewunderung und eines fernen Nachstrebens für die ausgezeichnetsten Mitglieder der örtlichen Gesellschaft seyn soll. Die griechische Männerliebe, die Galanterie des Mittelalters, und die Cicisbeatura der Italiäner liefern darüber auffallende Beyspiele.</p> <p>So war es edel in den Ritterzeiten, sich im Nahmen seiner Dame und auf ihr Geheiß jeder Gefahr muthwillig entgegen zu werfen. So war es schön, mit der Geliebten aus einem Becher zu trinken, und den Mund wieder anzusetzen, wo sie ihn beym Trunke abgesetzt hatte. So waren Petrarca und Celadon Ideale von vollkommner Liebe, denen ein Paar Jahrhunderte hindurch diejenigen, die sich im feinen Tone auszeichnen wollten, ihre Bewunderung nicht versagen durften.</p> <p>Wie selten aber gehen diese Begriffe, Bilder, Formen und Ideale, welche der feine Ton festsetzt, mit wahrer Liebe, wahrem Edelsinn, und wahrer Schönheit zusammen! Ausgezeichnete Menschen, die wie Genies in den engeren Verhältnissen der beyden Geschlechter zu einander erscheinen, Philosophen, Dichter und Fürsten begeistern die Menge durch ihr Beyspiel, modificieren ihre Begriffe über Liebe, Adel, Schönheit und Vollkommenheit, und fordern sie zur gutherzigen Nacheiferung von Vorbildern auf, die vielleicht nirgends als in ihrem Kopfe, in ihren Schriften, und in dem äußern Scheine ihrer </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [80/0080]
führt. Aber der feine Ton bestimmt nun auch oft Begriffe, Bilder, Formen, unter denen die Zärtlichkeit und die liebende Leidenschaft edel und schön erscheinen, oder, was einerley ist, auf Reitz für den Beschauungshang bey allen wohlerzogenen Menschen Anspruch machen soll. Er geht sogar so weit, Ideale von Vollkommenheit der Liebe festzusetzen, deren Erscheinung Gegenstand allgemeiner Bewunderung und eines fernen Nachstrebens für die ausgezeichnetsten Mitglieder der örtlichen Gesellschaft seyn soll. Die griechische Männerliebe, die Galanterie des Mittelalters, und die Cicisbeatura der Italiäner liefern darüber auffallende Beyspiele.
So war es edel in den Ritterzeiten, sich im Nahmen seiner Dame und auf ihr Geheiß jeder Gefahr muthwillig entgegen zu werfen. So war es schön, mit der Geliebten aus einem Becher zu trinken, und den Mund wieder anzusetzen, wo sie ihn beym Trunke abgesetzt hatte. So waren Petrarca und Celadon Ideale von vollkommner Liebe, denen ein Paar Jahrhunderte hindurch diejenigen, die sich im feinen Tone auszeichnen wollten, ihre Bewunderung nicht versagen durften.
Wie selten aber gehen diese Begriffe, Bilder, Formen und Ideale, welche der feine Ton festsetzt, mit wahrer Liebe, wahrem Edelsinn, und wahrer Schönheit zusammen! Ausgezeichnete Menschen, die wie Genies in den engeren Verhältnissen der beyden Geschlechter zu einander erscheinen, Philosophen, Dichter und Fürsten begeistern die Menge durch ihr Beyspiel, modificieren ihre Begriffe über Liebe, Adel, Schönheit und Vollkommenheit, und fordern sie zur gutherzigen Nacheiferung von Vorbildern auf, die vielleicht nirgends als in ihrem Kopfe, in ihren Schriften, und in dem äußern Scheine ihrer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |