Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.zu bestimmen zukommt. Nichts scheint mir lächerlicher, als wenn der Mann den Putz seiner Gattin anordnen, sich in die Führung des innern Hauswesens handelnd mischen, und sie gleichsam abrichten will, wie sie sich gegen ihre Freundinnen und gegen die örtliche Gesellschaft betragen soll. Er darf ihren Geschmack im Ganzen bilden, er darf den Fuß angeben auf dem sie leben wollen, er darf ihr vernünftige Grundsätze über ihre Würde als Mensch, als Hausmutter, als Gesellschafterin einflößen, aber er darf sie nicht wie ein Kind, wie eine Eleve, wie eine Haushälterin behandeln; er muß ihr Vertrauen zeigen, und sie dadurch auffordern, es verdienen zu wollen. Nichts Zweckwidrigeres, nichts Empörerenderes als jener inquisitive Argwohn, jene kindische Neugierde, jene kleinliche Emsigkeit, womit der eine Gatte von allem was den andern angeht, unterrichtet seyn will! Ich kenne Familien, worin die Eheleute sich durch feyerliche Versprechungen anheischig machen, sich einander alles zu entdecken; keinen Besuch anzunehmen oder zu geben, ohne sich davon vorher zu unterrichten, ohne die Genehmigung des andern darüber zu erhalten; keinen Brief zu empfangen, ohne ihn dem andern lesen zu lassen. Alle dergleichen Mittheilungen, wenn sie zur Verbindlichkeit gemacht werden, führen am Ende das Gefühl des Zwanges, die Neigung sich dagegen aufzulehnen, Zank und wohl gar den Tod der Liebe herbey. Die Klugheit erfordert es, selbst da, wo das Herz gern Rechenschaft von den kleinsten Handlungen geben möchte, es mit einer gewissen Mäßigung zu thun, damit nicht ein Fehler der Vergessenheit für Vernachlässigung oder gar für absichtlichen Betrug gehalten werde! zu bestimmen zukommt. Nichts scheint mir lächerlicher, als wenn der Mann den Putz seiner Gattin anordnen, sich in die Führung des innern Hauswesens handelnd mischen, und sie gleichsam abrichten will, wie sie sich gegen ihre Freundinnen und gegen die örtliche Gesellschaft betragen soll. Er darf ihren Geschmack im Ganzen bilden, er darf den Fuß angeben auf dem sie leben wollen, er darf ihr vernünftige Grundsätze über ihre Würde als Mensch, als Hausmutter, als Gesellschafterin einflößen, aber er darf sie nicht wie ein Kind, wie eine Eleve, wie eine Haushälterin behandeln; er muß ihr Vertrauen zeigen, und sie dadurch auffordern, es verdienen zu wollen. Nichts Zweckwidrigeres, nichts Empörerenderes als jener inquisitive Argwohn, jene kindische Neugierde, jene kleinliche Emsigkeit, womit der eine Gatte von allem was den andern angeht, unterrichtet seyn will! Ich kenne Familien, worin die Eheleute sich durch feyerliche Versprechungen anheischig machen, sich einander alles zu entdecken; keinen Besuch anzunehmen oder zu geben, ohne sich davon vorher zu unterrichten, ohne die Genehmigung des andern darüber zu erhalten; keinen Brief zu empfangen, ohne ihn dem andern lesen zu lassen. Alle dergleichen Mittheilungen, wenn sie zur Verbindlichkeit gemacht werden, führen am Ende das Gefühl des Zwanges, die Neigung sich dagegen aufzulehnen, Zank und wohl gar den Tod der Liebe herbey. Die Klugheit erfordert es, selbst da, wo das Herz gern Rechenschaft von den kleinsten Handlungen geben möchte, es mit einer gewissen Mäßigung zu thun, damit nicht ein Fehler der Vergessenheit für Vernachlässigung oder gar für absichtlichen Betrug gehalten werde! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0374" n="374"/> zu bestimmen zukommt. Nichts scheint mir lächerlicher, als wenn der Mann den Putz seiner Gattin anordnen, sich in die Führung des innern Hauswesens handelnd mischen, und sie gleichsam abrichten will, wie sie sich gegen ihre Freundinnen und gegen die örtliche Gesellschaft betragen soll. Er darf ihren Geschmack im Ganzen bilden, er darf den Fuß angeben auf dem sie leben wollen, er darf ihr vernünftige Grundsätze über ihre Würde als Mensch, als Hausmutter, als Gesellschafterin einflößen, aber er darf sie nicht wie ein Kind, wie eine Eleve, wie eine Haushälterin behandeln; er muß ihr Vertrauen zeigen, und sie dadurch auffordern, es verdienen zu wollen.</p> <p>Nichts Zweckwidrigeres, nichts Empörerenderes als jener inquisitive Argwohn, jene kindische Neugierde, jene kleinliche Emsigkeit, womit der eine Gatte von allem was den andern angeht, unterrichtet seyn will! Ich kenne Familien, worin die Eheleute sich durch feyerliche Versprechungen anheischig machen, sich einander alles zu entdecken; keinen Besuch anzunehmen oder zu geben, ohne sich davon vorher zu unterrichten, ohne die Genehmigung des andern darüber zu erhalten; keinen Brief zu empfangen, ohne ihn dem andern lesen zu lassen. Alle dergleichen Mittheilungen, wenn sie zur Verbindlichkeit gemacht werden, führen am Ende das Gefühl des Zwanges, die Neigung sich dagegen aufzulehnen, Zank und wohl gar den Tod der Liebe herbey. Die Klugheit erfordert es, selbst da, wo das Herz gern Rechenschaft von den kleinsten Handlungen geben möchte, es mit einer gewissen Mäßigung zu thun, damit nicht ein Fehler der Vergessenheit für Vernachlässigung oder gar für absichtlichen Betrug gehalten werde!</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [374/0374]
zu bestimmen zukommt. Nichts scheint mir lächerlicher, als wenn der Mann den Putz seiner Gattin anordnen, sich in die Führung des innern Hauswesens handelnd mischen, und sie gleichsam abrichten will, wie sie sich gegen ihre Freundinnen und gegen die örtliche Gesellschaft betragen soll. Er darf ihren Geschmack im Ganzen bilden, er darf den Fuß angeben auf dem sie leben wollen, er darf ihr vernünftige Grundsätze über ihre Würde als Mensch, als Hausmutter, als Gesellschafterin einflößen, aber er darf sie nicht wie ein Kind, wie eine Eleve, wie eine Haushälterin behandeln; er muß ihr Vertrauen zeigen, und sie dadurch auffordern, es verdienen zu wollen.
Nichts Zweckwidrigeres, nichts Empörerenderes als jener inquisitive Argwohn, jene kindische Neugierde, jene kleinliche Emsigkeit, womit der eine Gatte von allem was den andern angeht, unterrichtet seyn will! Ich kenne Familien, worin die Eheleute sich durch feyerliche Versprechungen anheischig machen, sich einander alles zu entdecken; keinen Besuch anzunehmen oder zu geben, ohne sich davon vorher zu unterrichten, ohne die Genehmigung des andern darüber zu erhalten; keinen Brief zu empfangen, ohne ihn dem andern lesen zu lassen. Alle dergleichen Mittheilungen, wenn sie zur Verbindlichkeit gemacht werden, führen am Ende das Gefühl des Zwanges, die Neigung sich dagegen aufzulehnen, Zank und wohl gar den Tod der Liebe herbey. Die Klugheit erfordert es, selbst da, wo das Herz gern Rechenschaft von den kleinsten Handlungen geben möchte, es mit einer gewissen Mäßigung zu thun, damit nicht ein Fehler der Vergessenheit für Vernachlässigung oder gar für absichtlichen Betrug gehalten werde!
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