Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.die er von dem zärteren Geschlechte erhält, von unendlichem Nutzen seyn. Vergebens würde sich derjenige schmeicheln, einen starken Eindruck für den Augenblick auf die Menge zu machen, der nur an den Verstand und die Vernunft reden, und nicht die Sympathie und die Einbildungskraft zu rühren suchen wollte. Gerade hierin aber besitzt das Weib seine Stärke. Es hat außerdem ein entschiedenes Talent, die Schwächen eines jeden Menschen bey dem ersten Blick aufzufassen, und dessen kleine aber allgemeine Leidenschaften, besonders dessen Eitelkeit zu seinem Vortheile zu behandeln. Es hat den feinsten Takt für dasjenige, was nach Zeit und Umständen Wirkung thut. Es setzt von Jugend auf einen zu hohen Werth auf die öffentliche Meinung, um nicht die Mittel zu kennen, wodurch diese geleitet wird. Es hat eine große Gewalt über sich selbst, die Kunst zurückzuhalten, gegenwärtigen Schwierigkeiten auszubeugen, und den Vortheil durch Ueberraschung zu gewinnen. Es besitzt einen großen Reichthum an Bildern, wenn gleich nicht an klaren Ideen. Daher seine große Fruchtbarkeit an Erfindung von Auswegen. Vor allen Dingen aber steht ihm jene allgemeine Verschönerungsgabe, und jene gesellige Liebenswürdigkeit zu Gebothe, deren Mangel oft dem wahren Verdienste in den Weg tritt, und deren Besitz Natur und Erziehung seinem Geschlechte mehr als dem unsrigen sichern. Weltklugheit und Schmückungsgabe sind daher ausgezeichnete Geistesvorzüge des Frauenzimmers, und beyde kann der Mann aus dem Umgange mit ihm lernen und zu seinem Vortheile nutzen. Er kann sicher seyn, daß dasjenige, was in seinen Schriften, in seinen Reden und die er von dem zärteren Geschlechte erhält, von unendlichem Nutzen seyn. Vergebens würde sich derjenige schmeicheln, einen starken Eindruck für den Augenblick auf die Menge zu machen, der nur an den Verstand und die Vernunft reden, und nicht die Sympathie und die Einbildungskraft zu rühren suchen wollte. Gerade hierin aber besitzt das Weib seine Stärke. Es hat außerdem ein entschiedenes Talent, die Schwächen eines jeden Menschen bey dem ersten Blick aufzufassen, und dessen kleine aber allgemeine Leidenschaften, besonders dessen Eitelkeit zu seinem Vortheile zu behandeln. Es hat den feinsten Takt für dasjenige, was nach Zeit und Umständen Wirkung thut. Es setzt von Jugend auf einen zu hohen Werth auf die öffentliche Meinung, um nicht die Mittel zu kennen, wodurch diese geleitet wird. Es hat eine große Gewalt über sich selbst, die Kunst zurückzuhalten, gegenwärtigen Schwierigkeiten auszubeugen, und den Vortheil durch Ueberraschung zu gewinnen. Es besitzt einen großen Reichthum an Bildern, wenn gleich nicht an klaren Ideen. Daher seine große Fruchtbarkeit an Erfindung von Auswegen. Vor allen Dingen aber steht ihm jene allgemeine Verschönerungsgabe, und jene gesellige Liebenswürdigkeit zu Gebothe, deren Mangel oft dem wahren Verdienste in den Weg tritt, und deren Besitz Natur und Erziehung seinem Geschlechte mehr als dem unsrigen sichern. Weltklugheit und Schmückungsgabe sind daher ausgezeichnete Geistesvorzüge des Frauenzimmers, und beyde kann der Mann aus dem Umgange mit ihm lernen und zu seinem Vortheile nutzen. Er kann sicher seyn, daß dasjenige, was in seinen Schriften, in seinen Reden und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0320" n="320"/> die er von dem zärteren Geschlechte erhält, von unendlichem Nutzen seyn.</p> <p>Vergebens würde sich derjenige schmeicheln, einen starken Eindruck für den Augenblick auf die Menge zu machen, der nur an den Verstand und die Vernunft reden, und nicht die Sympathie und die Einbildungskraft zu rühren suchen wollte. Gerade hierin aber besitzt das Weib seine Stärke. Es hat außerdem ein entschiedenes Talent, die Schwächen eines jeden Menschen bey dem ersten Blick aufzufassen, und dessen kleine aber allgemeine Leidenschaften, besonders dessen Eitelkeit zu seinem Vortheile zu behandeln. Es hat den feinsten Takt für dasjenige, was nach Zeit und Umständen Wirkung thut. Es setzt von Jugend auf einen zu hohen Werth auf die öffentliche Meinung, um nicht die Mittel zu kennen, wodurch diese geleitet wird. Es hat eine große Gewalt über sich selbst, die Kunst zurückzuhalten, gegenwärtigen Schwierigkeiten auszubeugen, und den Vortheil durch Ueberraschung zu gewinnen. Es besitzt einen großen Reichthum an Bildern, wenn gleich nicht an klaren Ideen. Daher seine große Fruchtbarkeit an Erfindung von Auswegen. Vor allen Dingen aber steht ihm jene allgemeine Verschönerungsgabe, und jene gesellige Liebenswürdigkeit zu Gebothe, deren Mangel oft dem wahren Verdienste in den Weg tritt, und deren Besitz Natur und Erziehung seinem Geschlechte mehr als dem unsrigen sichern.</p> <p>Weltklugheit und Schmückungsgabe sind daher ausgezeichnete Geistesvorzüge des Frauenzimmers, und beyde kann der Mann aus dem Umgange mit ihm lernen und zu seinem Vortheile nutzen. Er kann sicher seyn, daß dasjenige, was in seinen Schriften, in seinen Reden und </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [320/0320]
die er von dem zärteren Geschlechte erhält, von unendlichem Nutzen seyn.
Vergebens würde sich derjenige schmeicheln, einen starken Eindruck für den Augenblick auf die Menge zu machen, der nur an den Verstand und die Vernunft reden, und nicht die Sympathie und die Einbildungskraft zu rühren suchen wollte. Gerade hierin aber besitzt das Weib seine Stärke. Es hat außerdem ein entschiedenes Talent, die Schwächen eines jeden Menschen bey dem ersten Blick aufzufassen, und dessen kleine aber allgemeine Leidenschaften, besonders dessen Eitelkeit zu seinem Vortheile zu behandeln. Es hat den feinsten Takt für dasjenige, was nach Zeit und Umständen Wirkung thut. Es setzt von Jugend auf einen zu hohen Werth auf die öffentliche Meinung, um nicht die Mittel zu kennen, wodurch diese geleitet wird. Es hat eine große Gewalt über sich selbst, die Kunst zurückzuhalten, gegenwärtigen Schwierigkeiten auszubeugen, und den Vortheil durch Ueberraschung zu gewinnen. Es besitzt einen großen Reichthum an Bildern, wenn gleich nicht an klaren Ideen. Daher seine große Fruchtbarkeit an Erfindung von Auswegen. Vor allen Dingen aber steht ihm jene allgemeine Verschönerungsgabe, und jene gesellige Liebenswürdigkeit zu Gebothe, deren Mangel oft dem wahren Verdienste in den Weg tritt, und deren Besitz Natur und Erziehung seinem Geschlechte mehr als dem unsrigen sichern.
Weltklugheit und Schmückungsgabe sind daher ausgezeichnete Geistesvorzüge des Frauenzimmers, und beyde kann der Mann aus dem Umgange mit ihm lernen und zu seinem Vortheile nutzen. Er kann sicher seyn, daß dasjenige, was in seinen Schriften, in seinen Reden und
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