Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Zweyter Theil: Aesthetik der Liebe. Leipzig, 1798.mit Menschen, ohne vorgängige Bekanntschaft oder Verbindung und ohne Rücksicht auf einen besondern Zweck des Nutzens oder der Unterhaltung, andern auf eine Art erscheinen kann, wodurch die gesellige Mittheilung befördert, und Vergnügen durch das bloße Zusammenseyn erweckt werden mag. Diese Urbanität gehört zum Theil zu den Künsten oder Fertigkeiten des Nutzens: und in so fern giebt sich die Klugheit damit ab, sie nach den Regeln der Wahrheit und der Zweckmäßigkeit zu bilden. Es muß alles vermieden werden, was den Ausbruch niedriger und schädlicher Neigungen befürchten läßt; es muß in unsere Aeußerungen der Ausdruck des allgemeinen Wohlwollens, der Schätzung und des Zutrauens gelegt werden, die wir jedem Menschen, besonders dem gesitteten, schuldig sind. Dadurch wird für sicheres und bequemes Nebeneinanderseyn, selbst bey der vorübergehendsten Bekanntschaft gesorgt. Die Aeußerungen, von denen ich rede, umfassen theils alles dasjenige Eigenthum, das von uns gewählt wird, um bey geselligen Zusammenkünften zum Gebrauch oder zur Schau zu dienen; z. B. Kleidung, Wohnung, Hausgeräth, deren Sonderbarkeit und Unzweckmäßigkeit unsern Mitmenschen leicht anstößig seyn kann; theils den Ausdruck unserer Gesinnungen durch Geberden, Mienen, Worte, allgemeine Dienstleistungen, Aufmerksamkeiten, und so weiter. Nicht alle Menschen haben einen hinreichenden Takt von demjenigen, was wahr und zweckmäßig in der Urbanität ist: und dennoch ist es da, wo Menschen viel und mit Menschen, ohne vorgängige Bekanntschaft oder Verbindung und ohne Rücksicht auf einen besondern Zweck des Nutzens oder der Unterhaltung, andern auf eine Art erscheinen kann, wodurch die gesellige Mittheilung befördert, und Vergnügen durch das bloße Zusammenseyn erweckt werden mag. Diese Urbanität gehört zum Theil zu den Künsten oder Fertigkeiten des Nutzens: und in so fern giebt sich die Klugheit damit ab, sie nach den Regeln der Wahrheit und der Zweckmäßigkeit zu bilden. Es muß alles vermieden werden, was den Ausbruch niedriger und schädlicher Neigungen befürchten läßt; es muß in unsere Aeußerungen der Ausdruck des allgemeinen Wohlwollens, der Schätzung und des Zutrauens gelegt werden, die wir jedem Menschen, besonders dem gesitteten, schuldig sind. Dadurch wird für sicheres und bequemes Nebeneinanderseyn, selbst bey der vorübergehendsten Bekanntschaft gesorgt. Die Aeußerungen, von denen ich rede, umfassen theils alles dasjenige Eigenthum, das von uns gewählt wird, um bey geselligen Zusammenkünften zum Gebrauch oder zur Schau zu dienen; z. B. Kleidung, Wohnung, Hausgeräth, deren Sonderbarkeit und Unzweckmäßigkeit unsern Mitmenschen leicht anstößig seyn kann; theils den Ausdruck unserer Gesinnungen durch Geberden, Mienen, Worte, allgemeine Dienstleistungen, Aufmerksamkeiten, und so weiter. Nicht alle Menschen haben einen hinreichenden Takt von demjenigen, was wahr und zweckmäßig in der Urbanität ist: und dennoch ist es da, wo Menschen viel und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0216" n="216"/> mit Menschen</hi>, <hi rendition="#g">ohne vorgängige Bekanntschaft oder Verbindung und ohne Rücksicht auf einen besondern Zweck des Nutzens oder der Unterhaltung</hi>, <hi rendition="#g">andern auf eine Art erscheinen kann</hi>, <hi rendition="#g">wodurch die gesellige Mittheilung befördert</hi>, <hi rendition="#g">und Vergnügen durch das bloße Zusammenseyn erweckt werden mag</hi>.</p> <p>Diese Urbanität gehört zum Theil zu den Künsten oder Fertigkeiten des Nutzens: und in so fern giebt sich die Klugheit damit ab, sie nach den Regeln der Wahrheit und der Zweckmäßigkeit zu bilden. Es muß alles vermieden werden, was den Ausbruch niedriger und schädlicher Neigungen befürchten läßt; es muß in unsere Aeußerungen der Ausdruck des allgemeinen Wohlwollens, der Schätzung und des Zutrauens gelegt werden, die wir jedem Menschen, besonders dem gesitteten, schuldig sind. Dadurch wird für sicheres und bequemes Nebeneinanderseyn, selbst bey der vorübergehendsten Bekanntschaft gesorgt.</p> <p>Die Aeußerungen, von denen ich rede, umfassen theils alles dasjenige Eigenthum, das von uns gewählt wird, um bey geselligen Zusammenkünften zum Gebrauch oder zur Schau zu dienen; z. B. Kleidung, Wohnung, Hausgeräth, deren Sonderbarkeit und Unzweckmäßigkeit unsern Mitmenschen leicht anstößig seyn kann; theils den Ausdruck unserer Gesinnungen durch Geberden, Mienen, Worte, allgemeine Dienstleistungen, Aufmerksamkeiten, und so weiter.</p> <p>Nicht alle Menschen haben einen hinreichenden Takt von demjenigen, was wahr und zweckmäßig in der Urbanität ist: und dennoch ist es da, wo Menschen viel und </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [216/0216]
mit Menschen, ohne vorgängige Bekanntschaft oder Verbindung und ohne Rücksicht auf einen besondern Zweck des Nutzens oder der Unterhaltung, andern auf eine Art erscheinen kann, wodurch die gesellige Mittheilung befördert, und Vergnügen durch das bloße Zusammenseyn erweckt werden mag.
Diese Urbanität gehört zum Theil zu den Künsten oder Fertigkeiten des Nutzens: und in so fern giebt sich die Klugheit damit ab, sie nach den Regeln der Wahrheit und der Zweckmäßigkeit zu bilden. Es muß alles vermieden werden, was den Ausbruch niedriger und schädlicher Neigungen befürchten läßt; es muß in unsere Aeußerungen der Ausdruck des allgemeinen Wohlwollens, der Schätzung und des Zutrauens gelegt werden, die wir jedem Menschen, besonders dem gesitteten, schuldig sind. Dadurch wird für sicheres und bequemes Nebeneinanderseyn, selbst bey der vorübergehendsten Bekanntschaft gesorgt.
Die Aeußerungen, von denen ich rede, umfassen theils alles dasjenige Eigenthum, das von uns gewählt wird, um bey geselligen Zusammenkünften zum Gebrauch oder zur Schau zu dienen; z. B. Kleidung, Wohnung, Hausgeräth, deren Sonderbarkeit und Unzweckmäßigkeit unsern Mitmenschen leicht anstößig seyn kann; theils den Ausdruck unserer Gesinnungen durch Geberden, Mienen, Worte, allgemeine Dienstleistungen, Aufmerksamkeiten, und so weiter.
Nicht alle Menschen haben einen hinreichenden Takt von demjenigen, was wahr und zweckmäßig in der Urbanität ist: und dennoch ist es da, wo Menschen viel und
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