Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.des Genusses eines gemeinschaftlichen Daseyns und Wohls; du genießest unthätig, ruhend, beschauend! Ich fühle die Wahrheit dieser Erinnerungen, und beschließe, diese Menschen über ihren wahren Vortheil zu belehren, ihnen Kenntnisse beyzubringen, durch deren Besitz sie ihrer Bestimmung, dauernd glücklich zu seyn, näher rücken können. Das Schicksal unterstützt meine Wünsche; ich werde Fürst dieser rohen Nation. Sogleich setze ich allgemeine Begriffe von dem höchsten Zwecke der Menschheit fest, und entwerfe den Plan, wie meine Unterthanen am nächsten dahin zu führen sind. Ueberzeugung scheint mir auf diese rohen Menschen keine Wirkung haben zu können; ich brauche daher Gewalt, um sie aufzuklären. Sogleich verlieren sich für dieses Volk die wenigen glücklichen Tage, in deren Erwartung es die freye Armuth willig ertrug. Es verkennt meine guten Absichten; es entflieht in die Schlupfwinkel wilder Thiere, und verabscheuet mich als einen ärgern Feind der Menschen. Wen? mich, der ich mit ihm sympathisiere, der ich so eifrig strebe, es zu beglücken? - Nein! du sympathisierst nicht mit diesen Menschen, ruft mir mein weiserer Rathgeber zu, du strebst nicht nach gemeinschaftlichem Daseyn und Wohl mit selbstständigen Wesen! Du betrachtest sie als ein Mittel, das Interesse, das du an der Menschheit nimmst, zu befördern, deine Begriffe realisiert, deine Plane durchgeführt zu sehen. Und wenn du eine Wonne an ihrem Gelingen empfändest, so wäre es die Wonne der Selbstheit. Unmuthig über diesen Selbstbetrug verlaß' ich den Thron, übergebe ihn dem weiseren Rathgeber, und behalte mir nur vor, im Verborgenen zu der Aufklärung seines Volkes mitzuwirken. Dieß wird jetzt nach einem des Genusses eines gemeinschaftlichen Daseyns und Wohls; du genießest unthätig, ruhend, beschauend! Ich fühle die Wahrheit dieser Erinnerungen, und beschließe, diese Menschen über ihren wahren Vortheil zu belehren, ihnen Kenntnisse beyzubringen, durch deren Besitz sie ihrer Bestimmung, dauernd glücklich zu seyn, näher rücken können. Das Schicksal unterstützt meine Wünsche; ich werde Fürst dieser rohen Nation. Sogleich setze ich allgemeine Begriffe von dem höchsten Zwecke der Menschheit fest, und entwerfe den Plan, wie meine Unterthanen am nächsten dahin zu führen sind. Ueberzeugung scheint mir auf diese rohen Menschen keine Wirkung haben zu können; ich brauche daher Gewalt, um sie aufzuklären. Sogleich verlieren sich für dieses Volk die wenigen glücklichen Tage, in deren Erwartung es die freye Armuth willig ertrug. Es verkennt meine guten Absichten; es entflieht in die Schlupfwinkel wilder Thiere, und verabscheuet mich als einen ärgern Feind der Menschen. Wen? mich, der ich mit ihm sympathisiere, der ich so eifrig strebe, es zu beglücken? – Nein! du sympathisierst nicht mit diesen Menschen, ruft mir mein weiserer Rathgeber zu, du strebst nicht nach gemeinschaftlichem Daseyn und Wohl mit selbstständigen Wesen! Du betrachtest sie als ein Mittel, das Interesse, das du an der Menschheit nimmst, zu befördern, deine Begriffe realisiert, deine Plane durchgeführt zu sehen. Und wenn du eine Wonne an ihrem Gelingen empfändest, so wäre es die Wonne der Selbstheit. Unmuthig über diesen Selbstbetrug verlaß’ ich den Thron, übergebe ihn dem weiseren Rathgeber, und behalte mir nur vor, im Verborgenen zu der Aufklärung seines Volkes mitzuwirken. Dieß wird jetzt nach einem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0057" n="57"/> des Genusses eines gemeinschaftlichen Daseyns und Wohls; du genießest unthätig, ruhend, beschauend!</p> <p>Ich fühle die Wahrheit dieser Erinnerungen, und beschließe, diese Menschen über ihren wahren Vortheil zu belehren, ihnen Kenntnisse beyzubringen, durch deren Besitz sie ihrer Bestimmung, dauernd glücklich zu seyn, näher rücken können. Das Schicksal unterstützt meine Wünsche; ich werde Fürst dieser rohen Nation. Sogleich setze ich allgemeine Begriffe von dem höchsten Zwecke der Menschheit fest, und entwerfe den Plan, wie meine Unterthanen am nächsten dahin zu führen sind. Ueberzeugung scheint mir auf diese rohen Menschen keine Wirkung haben zu können; ich brauche daher Gewalt, um sie aufzuklären. Sogleich verlieren sich für dieses Volk die wenigen glücklichen Tage, in deren Erwartung es die freye Armuth willig ertrug. Es verkennt meine guten Absichten; es entflieht in die Schlupfwinkel wilder Thiere, und verabscheuet mich als einen ärgern Feind der Menschen. Wen? mich, der ich mit ihm sympathisiere, der ich so eifrig strebe, es zu beglücken? – Nein! du sympathisierst nicht mit diesen Menschen, ruft mir mein weiserer Rathgeber zu, du strebst nicht nach gemeinschaftlichem Daseyn und Wohl mit selbstständigen Wesen! Du betrachtest sie als ein Mittel, das Interesse, das du an der Menschheit nimmst, zu befördern, deine Begriffe realisiert, deine Plane durchgeführt zu sehen. Und wenn du eine Wonne an ihrem Gelingen empfändest, so wäre es die Wonne der Selbstheit.</p> <p>Unmuthig über diesen Selbstbetrug verlaß’ ich den Thron, übergebe ihn dem weiseren Rathgeber, und behalte mir nur vor, im Verborgenen zu der Aufklärung seines Volkes mitzuwirken. Dieß wird jetzt nach einem </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0057]
des Genusses eines gemeinschaftlichen Daseyns und Wohls; du genießest unthätig, ruhend, beschauend!
Ich fühle die Wahrheit dieser Erinnerungen, und beschließe, diese Menschen über ihren wahren Vortheil zu belehren, ihnen Kenntnisse beyzubringen, durch deren Besitz sie ihrer Bestimmung, dauernd glücklich zu seyn, näher rücken können. Das Schicksal unterstützt meine Wünsche; ich werde Fürst dieser rohen Nation. Sogleich setze ich allgemeine Begriffe von dem höchsten Zwecke der Menschheit fest, und entwerfe den Plan, wie meine Unterthanen am nächsten dahin zu führen sind. Ueberzeugung scheint mir auf diese rohen Menschen keine Wirkung haben zu können; ich brauche daher Gewalt, um sie aufzuklären. Sogleich verlieren sich für dieses Volk die wenigen glücklichen Tage, in deren Erwartung es die freye Armuth willig ertrug. Es verkennt meine guten Absichten; es entflieht in die Schlupfwinkel wilder Thiere, und verabscheuet mich als einen ärgern Feind der Menschen. Wen? mich, der ich mit ihm sympathisiere, der ich so eifrig strebe, es zu beglücken? – Nein! du sympathisierst nicht mit diesen Menschen, ruft mir mein weiserer Rathgeber zu, du strebst nicht nach gemeinschaftlichem Daseyn und Wohl mit selbstständigen Wesen! Du betrachtest sie als ein Mittel, das Interesse, das du an der Menschheit nimmst, zu befördern, deine Begriffe realisiert, deine Plane durchgeführt zu sehen. Und wenn du eine Wonne an ihrem Gelingen empfändest, so wäre es die Wonne der Selbstheit.
Unmuthig über diesen Selbstbetrug verlaß’ ich den Thron, übergebe ihn dem weiseren Rathgeber, und behalte mir nur vor, im Verborgenen zu der Aufklärung seines Volkes mitzuwirken. Dieß wird jetzt nach einem
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |