Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.das Thier ist außer Stande, den Zustand des selbstständigen Wesens anzuerkennen: es nimmt nur die Verbesserung seines eigenen durch das Mittel der Gesellschaft wahr. Der Mensch, der allein den Zustand eines selbstständigen Wesens anerkennt, ihn auf den seinigen zurückführen, und sich in die Lage des andern hinein versetzen kann, der Mensch ist allein der Wonne der Sympathie, auf eine von der Selbstheit und dem Beschauungshange sich deutlich unterscheidende Art, fähig. Er fühlt allein Liebe, oder wonnevolles Streben nach fortschreitender Vereinigung und Ausbildung des Genusses eines gemeinschaftlichen Daseyns und Wohls mit einem selbstständigen Wesen. Aber damit diese Wonne als zur Sympathie gehörig von andern Gefühlen unterschieden werden könne, ist es nothwendig, daß der Mensch den Gegenständen, an deren Zustande er durch Verwechselung mit dem seinigen Theil nimmt, die Empfindung dieses ihres Zustandes beylege. Wo dieß nicht der Fall ist, da nähert sich die Wonne der Sympathie wieder zu sehr derjenigen, die der Selbstheit und dem Beschauungshange eigen ist. Vergleichen wir den Antheil, den wir an dem unversehrten Bestehen eines alten Gebäudes, eines langerhaltenen Kunstwerks, oder an einem mit der Erschaffung der Welt zugleich entstandenen Felsen nehmen, mit demjenigen, den uns die bloße Gestalt eines schnell erscheinenden Feuerwerks, oder der Besitz eines Wechsels, eines Handwerkszeuges, eines Nahrungsmittels einflößt; dann erscheint freylich jener sympathetisch. Aber vergleichen wir ihn nur mit dem Antheile, den uns das Gedeihen das Thier ist außer Stande, den Zustand des selbstständigen Wesens anzuerkennen: es nimmt nur die Verbesserung seines eigenen durch das Mittel der Gesellschaft wahr. Der Mensch, der allein den Zustand eines selbstständigen Wesens anerkennt, ihn auf den seinigen zurückführen, und sich in die Lage des andern hinein versetzen kann, der Mensch ist allein der Wonne der Sympathie, auf eine von der Selbstheit und dem Beschauungshange sich deutlich unterscheidende Art, fähig. Er fühlt allein Liebe, oder wonnevolles Streben nach fortschreitender Vereinigung und Ausbildung des Genusses eines gemeinschaftlichen Daseyns und Wohls mit einem selbstständigen Wesen. Aber damit diese Wonne als zur Sympathie gehörig von andern Gefühlen unterschieden werden könne, ist es nothwendig, daß der Mensch den Gegenständen, an deren Zustande er durch Verwechselung mit dem seinigen Theil nimmt, die Empfindung dieses ihres Zustandes beylege. Wo dieß nicht der Fall ist, da nähert sich die Wonne der Sympathie wieder zu sehr derjenigen, die der Selbstheit und dem Beschauungshange eigen ist. Vergleichen wir den Antheil, den wir an dem unversehrten Bestehen eines alten Gebäudes, eines langerhaltenen Kunstwerks, oder an einem mit der Erschaffung der Welt zugleich entstandenen Felsen nehmen, mit demjenigen, den uns die bloße Gestalt eines schnell erscheinenden Feuerwerks, oder der Besitz eines Wechsels, eines Handwerkszeuges, eines Nahrungsmittels einflößt; dann erscheint freylich jener sympathetisch. Aber vergleichen wir ihn nur mit dem Antheile, den uns das Gedeihen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0050" n="50"/> das Thier ist außer Stande, den Zustand des selbstständigen Wesens anzuerkennen: es nimmt nur die Verbesserung seines eigenen durch das Mittel der Gesellschaft wahr.</p> <p>Der Mensch, der allein den Zustand eines selbstständigen Wesens anerkennt, ihn auf den seinigen zurückführen, und sich in die Lage des andern hinein versetzen kann, der Mensch ist allein der Wonne der Sympathie, auf eine von der Selbstheit und dem Beschauungshange sich deutlich unterscheidende Art, fähig. Er fühlt allein Liebe, oder <hi rendition="#g">wonnevolles Streben nach fortschreitender Vereinigung und Ausbildung des Genusses eines gemeinschaftlichen Daseyns und Wohls mit einem selbstständigen Wesen</hi>.</p> <p>Aber damit diese Wonne als zur Sympathie gehörig von andern Gefühlen unterschieden werden könne, ist es nothwendig, daß der Mensch den Gegenständen, an deren Zustande er durch Verwechselung mit dem seinigen Theil nimmt, die Empfindung dieses ihres Zustandes beylege. Wo dieß nicht der Fall ist, da nähert sich die Wonne der Sympathie wieder zu sehr derjenigen, die der Selbstheit und dem Beschauungshange eigen ist. Vergleichen wir den Antheil, den wir an dem unversehrten Bestehen eines alten Gebäudes, eines langerhaltenen Kunstwerks, oder an einem mit der Erschaffung der Welt zugleich entstandenen Felsen nehmen, mit demjenigen, den uns die bloße Gestalt eines schnell erscheinenden Feuerwerks, oder der Besitz eines Wechsels, eines Handwerkszeuges, eines Nahrungsmittels einflößt; dann erscheint freylich jener sympathetisch. Aber vergleichen wir ihn nur mit dem Antheile, den uns das Gedeihen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [50/0050]
das Thier ist außer Stande, den Zustand des selbstständigen Wesens anzuerkennen: es nimmt nur die Verbesserung seines eigenen durch das Mittel der Gesellschaft wahr.
Der Mensch, der allein den Zustand eines selbstständigen Wesens anerkennt, ihn auf den seinigen zurückführen, und sich in die Lage des andern hinein versetzen kann, der Mensch ist allein der Wonne der Sympathie, auf eine von der Selbstheit und dem Beschauungshange sich deutlich unterscheidende Art, fähig. Er fühlt allein Liebe, oder wonnevolles Streben nach fortschreitender Vereinigung und Ausbildung des Genusses eines gemeinschaftlichen Daseyns und Wohls mit einem selbstständigen Wesen.
Aber damit diese Wonne als zur Sympathie gehörig von andern Gefühlen unterschieden werden könne, ist es nothwendig, daß der Mensch den Gegenständen, an deren Zustande er durch Verwechselung mit dem seinigen Theil nimmt, die Empfindung dieses ihres Zustandes beylege. Wo dieß nicht der Fall ist, da nähert sich die Wonne der Sympathie wieder zu sehr derjenigen, die der Selbstheit und dem Beschauungshange eigen ist. Vergleichen wir den Antheil, den wir an dem unversehrten Bestehen eines alten Gebäudes, eines langerhaltenen Kunstwerks, oder an einem mit der Erschaffung der Welt zugleich entstandenen Felsen nehmen, mit demjenigen, den uns die bloße Gestalt eines schnell erscheinenden Feuerwerks, oder der Besitz eines Wechsels, eines Handwerkszeuges, eines Nahrungsmittels einflößt; dann erscheint freylich jener sympathetisch. Aber vergleichen wir ihn nur mit dem Antheile, den uns das Gedeihen
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