lebhafter Bilder nicht vorhanden seyn mag. Wenn wir Begriffe mühsam zusammensetzen sollen, und erst durch Vergleichungsschlüsse und Urtheile der Vernunft das Außerordentliche, Schöne, Vollkommene auffinden müssen; so wird die Wonne der Beschauung nicht erwachen. Das reitzende Bild muß eben so leicht als auffallend in unserer Seele entstehen, und instinktartig erkannt werden. Wo dieß nicht der Fall ist, da wird zwar wohl eine lebhafte Zufriedenheit über die gelungene Untersuchung, oder über die Vermehrung unserer Kenntnisse, nicht aber unmittelbare Wonne an der Beschauung erweckt werden.
Man denke sich diejenige Wonne, mit der uns das Bild der Gottheit in den auffallendsten Naturkräften rührt, und vergleiche diese mit der Zufriedenheit, die wir nach Beendigung einer metaphysischen Speculation empfinden. Man vergleiche den Eindruck, den die Darstellung der Geschichte des Regulus, als das auffallendste Bild der Aufopferung für Pflicht und Gesetzmäßigkeit, auf uns macht, mit der Beruhigung, die wir der Festsetzung des obersten Grundsatzes der Moral verdanken; - Gewiß! die mühsamen Untersuchungen, die einzelnen zusammengesetzten Begriffe, die uns keine lebhafte Anschauungen darbieten, sind nicht im Stande, uns zur Beschauungswonne zu reitzen. Sie erwecken freylich Lust, und bereiten uns Zufriedenheit, wohl gar Wonne; aber es ist eine Lust, die wir der Ueberlegung der wichtigen Folgen unsers Geschäfts verdanken; es ist die Zufriedenheit nach der Stillung eines Bedürfnisses der Erkenntniß; es ist die Wonne über die Stärke unserer Geisteskräfte, die so viel Schwierigkeiten überwunden,
lebhafter Bilder nicht vorhanden seyn mag. Wenn wir Begriffe mühsam zusammensetzen sollen, und erst durch Vergleichungsschlüsse und Urtheile der Vernunft das Außerordentliche, Schöne, Vollkommene auffinden müssen; so wird die Wonne der Beschauung nicht erwachen. Das reitzende Bild muß eben so leicht als auffallend in unserer Seele entstehen, und instinktartig erkannt werden. Wo dieß nicht der Fall ist, da wird zwar wohl eine lebhafte Zufriedenheit über die gelungene Untersuchung, oder über die Vermehrung unserer Kenntnisse, nicht aber unmittelbare Wonne an der Beschauung erweckt werden.
Man denke sich diejenige Wonne, mit der uns das Bild der Gottheit in den auffallendsten Naturkräften rührt, und vergleiche diese mit der Zufriedenheit, die wir nach Beendigung einer metaphysischen Speculation empfinden. Man vergleiche den Eindruck, den die Darstellung der Geschichte des Regulus, als das auffallendste Bild der Aufopferung für Pflicht und Gesetzmäßigkeit, auf uns macht, mit der Beruhigung, die wir der Festsetzung des obersten Grundsatzes der Moral verdanken; – Gewiß! die mühsamen Untersuchungen, die einzelnen zusammengesetzten Begriffe, die uns keine lebhafte Anschauungen darbieten, sind nicht im Stande, uns zur Beschauungswonne zu reitzen. Sie erwecken freylich Lust, und bereiten uns Zufriedenheit, wohl gar Wonne; aber es ist eine Lust, die wir der Ueberlegung der wichtigen Folgen unsers Geschäfts verdanken; es ist die Zufriedenheit nach der Stillung eines Bedürfnisses der Erkenntniß; es ist die Wonne über die Stärke unserer Geisteskräfte, die so viel Schwierigkeiten überwunden,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0035"n="35"/>
lebhafter Bilder nicht vorhanden seyn mag. Wenn wir Begriffe mühsam zusammensetzen sollen, und erst durch Vergleichungsschlüsse und Urtheile der Vernunft das Außerordentliche, Schöne, Vollkommene auffinden müssen; so wird die Wonne der Beschauung nicht erwachen. Das reitzende Bild muß eben so leicht als auffallend in unserer Seele entstehen, und instinktartig erkannt werden. Wo dieß nicht der Fall ist, da wird zwar wohl eine lebhafte Zufriedenheit über die gelungene Untersuchung, oder über die Vermehrung unserer Kenntnisse, nicht aber unmittelbare Wonne an der Beschauung erweckt werden.</p><p>Man denke sich diejenige Wonne, mit der uns das Bild der Gottheit in den auffallendsten Naturkräften rührt, und vergleiche diese mit der Zufriedenheit, die wir nach Beendigung einer metaphysischen Speculation empfinden. Man vergleiche den Eindruck, den die Darstellung der Geschichte des Regulus, als das auffallendste Bild der Aufopferung für Pflicht und Gesetzmäßigkeit, auf uns macht, mit der Beruhigung, die wir der Festsetzung des obersten Grundsatzes der Moral verdanken; – Gewiß! die mühsamen Untersuchungen, die einzelnen zusammengesetzten Begriffe, die uns keine lebhafte Anschauungen darbieten, sind nicht im Stande, uns zur Beschauungswonne zu reitzen. Sie erwecken freylich Lust, und bereiten uns Zufriedenheit, wohl gar Wonne; aber es ist eine Lust, die wir der Ueberlegung der wichtigen Folgen unsers Geschäfts verdanken; es ist die Zufriedenheit nach der Stillung eines Bedürfnisses der Erkenntniß; es ist die Wonne über die Stärke unserer Geisteskräfte, die so viel Schwierigkeiten überwunden,
</p></div></div></div></body></text></TEI>
[35/0035]
lebhafter Bilder nicht vorhanden seyn mag. Wenn wir Begriffe mühsam zusammensetzen sollen, und erst durch Vergleichungsschlüsse und Urtheile der Vernunft das Außerordentliche, Schöne, Vollkommene auffinden müssen; so wird die Wonne der Beschauung nicht erwachen. Das reitzende Bild muß eben so leicht als auffallend in unserer Seele entstehen, und instinktartig erkannt werden. Wo dieß nicht der Fall ist, da wird zwar wohl eine lebhafte Zufriedenheit über die gelungene Untersuchung, oder über die Vermehrung unserer Kenntnisse, nicht aber unmittelbare Wonne an der Beschauung erweckt werden.
Man denke sich diejenige Wonne, mit der uns das Bild der Gottheit in den auffallendsten Naturkräften rührt, und vergleiche diese mit der Zufriedenheit, die wir nach Beendigung einer metaphysischen Speculation empfinden. Man vergleiche den Eindruck, den die Darstellung der Geschichte des Regulus, als das auffallendste Bild der Aufopferung für Pflicht und Gesetzmäßigkeit, auf uns macht, mit der Beruhigung, die wir der Festsetzung des obersten Grundsatzes der Moral verdanken; – Gewiß! die mühsamen Untersuchungen, die einzelnen zusammengesetzten Begriffe, die uns keine lebhafte Anschauungen darbieten, sind nicht im Stande, uns zur Beschauungswonne zu reitzen. Sie erwecken freylich Lust, und bereiten uns Zufriedenheit, wohl gar Wonne; aber es ist eine Lust, die wir der Ueberlegung der wichtigen Folgen unsers Geschäfts verdanken; es ist die Zufriedenheit nach der Stillung eines Bedürfnisses der Erkenntniß; es ist die Wonne über die Stärke unserer Geisteskräfte, die so viel Schwierigkeiten überwunden,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-11-20T10:30:31Z)
Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/35>, abgerufen am 25.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.