Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite
Siebzehntes Kapitel.

Absonderung der einzelnen liebenden Aufwallung der Geschlechtssympathie und der Sympathie mit dem Gleichartigen von den liebenden Anhänglichkeiten, welche aus diesen Trieben fließen.

Eben so ist die Geschlechtszärtlichkeit und die Freundschaft nach meinen vorigen Bestimmungen von dem einzelnen liebenden Affekte zu einer Person von verschiedenem oder ähnlichem Geschlechte zu unterscheiden. Sie setzen Angewöhnung unsers Wesens zu liebenden Affekten dieser Art gegen eine bestimmte Person zum Voraus.

Der Mann, der zufällig ein liebenswürdiges Weib in einer Gesellschaft antrifft, seine Ueppigkeit, seine Lüsternheit der Seele und des Körpers in Aufruhr gesetzt fühlt, mithin den Affekt der Geschlechtssympathie empfindet, kann wahrhaft wünschen, ihr diesen Zustand mitzutheilen, und sie dadurch eben so zu beglücken, als er sich dadurch beglückt fühlt. Er kann von ihr am folgenden Tage zur engsten Vertraulichkeit zugelassen werden, und vielleicht Wochen lang den vollständigen Reitz der Häuslichkeit genießen. Sein Wunsch wird in dieser Zeit dahin gehen können, sie glücklich durch dieß vorübergehende Verhältniß zu wissen, und unstreitig wird dieser Akt in seinem Leben zu den liebenden gehören. Aber gesetzt, er muß weiter reisen; er verläßt das Londoner Mädchen für das Pariser; vergißt in seinen Armen das vorige, und setzt dieß in mehreren Hauptstädten von Europa fort; es wird ihm beynahe zum Bedürfniß, sich in solchen liebenden Rollen zu fühlen; wird, frage ich, der Mann darum zärtliche Anhänglichkeit zu irgend einem von diesen Weibern fühlen? Im geringsten nicht: sein

Siebzehntes Kapitel.

Absonderung der einzelnen liebenden Aufwallung der Geschlechtssympathie und der Sympathie mit dem Gleichartigen von den liebenden Anhänglichkeiten, welche aus diesen Trieben fließen.

Eben so ist die Geschlechtszärtlichkeit und die Freundschaft nach meinen vorigen Bestimmungen von dem einzelnen liebenden Affekte zu einer Person von verschiedenem oder ähnlichem Geschlechte zu unterscheiden. Sie setzen Angewöhnung unsers Wesens zu liebenden Affekten dieser Art gegen eine bestimmte Person zum Voraus.

Der Mann, der zufällig ein liebenswürdiges Weib in einer Gesellschaft antrifft, seine Ueppigkeit, seine Lüsternheit der Seele und des Körpers in Aufruhr gesetzt fühlt, mithin den Affekt der Geschlechtssympathie empfindet, kann wahrhaft wünschen, ihr diesen Zustand mitzutheilen, und sie dadurch eben so zu beglücken, als er sich dadurch beglückt fühlt. Er kann von ihr am folgenden Tage zur engsten Vertraulichkeit zugelassen werden, und vielleicht Wochen lang den vollständigen Reitz der Häuslichkeit genießen. Sein Wunsch wird in dieser Zeit dahin gehen können, sie glücklich durch dieß vorübergehende Verhältniß zu wissen, und unstreitig wird dieser Akt in seinem Leben zu den liebenden gehören. Aber gesetzt, er muß weiter reisen; er verläßt das Londoner Mädchen für das Pariser; vergißt in seinen Armen das vorige, und setzt dieß in mehreren Hauptstädten von Europa fort; es wird ihm beynahe zum Bedürfniß, sich in solchen liebenden Rollen zu fühlen; wird, frage ich, der Mann darum zärtliche Anhänglichkeit zu irgend einem von diesen Weibern fühlen? Im geringsten nicht: sein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0317" n="317"/>
        <div n="2">
          <head>Siebzehntes Kapitel.<lb/></head>
          <argument>
            <p>Absonderung der einzelnen liebenden Aufwallung der Geschlechtssympathie und der Sympathie mit dem Gleichartigen von den liebenden Anhänglichkeiten, welche aus diesen Trieben fließen.<lb/></p>
          </argument>
          <p>Eben so ist die Geschlechtszärtlichkeit und die Freundschaft nach meinen vorigen Bestimmungen von dem einzelnen liebenden Affekte zu einer Person von verschiedenem oder ähnlichem Geschlechte zu unterscheiden. Sie setzen Angewöhnung unsers Wesens zu liebenden Affekten dieser Art gegen eine bestimmte Person zum Voraus.</p>
          <p>Der Mann, der zufällig ein liebenswürdiges Weib in einer Gesellschaft antrifft, seine Ueppigkeit, seine Lüsternheit der Seele und des Körpers in Aufruhr gesetzt fühlt, mithin den Affekt der Geschlechtssympathie empfindet, kann wahrhaft wünschen, ihr diesen Zustand mitzutheilen, und sie dadurch eben so zu beglücken, als er sich dadurch beglückt fühlt. Er kann von ihr am folgenden Tage zur engsten Vertraulichkeit zugelassen werden, und vielleicht Wochen lang den vollständigen Reitz der Häuslichkeit genießen. Sein Wunsch wird in dieser Zeit dahin gehen können, sie glücklich durch dieß vorübergehende Verhältniß zu wissen, und unstreitig wird dieser Akt in seinem Leben zu den liebenden gehören. Aber gesetzt, er muß weiter reisen; er verläßt das Londoner Mädchen für das Pariser; vergißt in seinen Armen das vorige, und setzt dieß in mehreren Hauptstädten von Europa fort; es wird ihm beynahe zum Bedürfniß, sich in solchen liebenden Rollen zu fühlen; wird, frage ich, der Mann darum zärtliche Anhänglichkeit zu irgend einem von diesen Weibern fühlen? Im geringsten nicht: sein
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[317/0317] Siebzehntes Kapitel. Absonderung der einzelnen liebenden Aufwallung der Geschlechtssympathie und der Sympathie mit dem Gleichartigen von den liebenden Anhänglichkeiten, welche aus diesen Trieben fließen. Eben so ist die Geschlechtszärtlichkeit und die Freundschaft nach meinen vorigen Bestimmungen von dem einzelnen liebenden Affekte zu einer Person von verschiedenem oder ähnlichem Geschlechte zu unterscheiden. Sie setzen Angewöhnung unsers Wesens zu liebenden Affekten dieser Art gegen eine bestimmte Person zum Voraus. Der Mann, der zufällig ein liebenswürdiges Weib in einer Gesellschaft antrifft, seine Ueppigkeit, seine Lüsternheit der Seele und des Körpers in Aufruhr gesetzt fühlt, mithin den Affekt der Geschlechtssympathie empfindet, kann wahrhaft wünschen, ihr diesen Zustand mitzutheilen, und sie dadurch eben so zu beglücken, als er sich dadurch beglückt fühlt. Er kann von ihr am folgenden Tage zur engsten Vertraulichkeit zugelassen werden, und vielleicht Wochen lang den vollständigen Reitz der Häuslichkeit genießen. Sein Wunsch wird in dieser Zeit dahin gehen können, sie glücklich durch dieß vorübergehende Verhältniß zu wissen, und unstreitig wird dieser Akt in seinem Leben zu den liebenden gehören. Aber gesetzt, er muß weiter reisen; er verläßt das Londoner Mädchen für das Pariser; vergißt in seinen Armen das vorige, und setzt dieß in mehreren Hauptstädten von Europa fort; es wird ihm beynahe zum Bedürfniß, sich in solchen liebenden Rollen zu fühlen; wird, frage ich, der Mann darum zärtliche Anhänglichkeit zu irgend einem von diesen Weibern fühlen? Im geringsten nicht: sein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/317
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/317>, abgerufen am 22.12.2024.