Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

denjenigen, der es ernsthaft meint, nie ganz ausbleibt; - die sind es, welche den Begriff der Tugend gründen; und Tugend allein hat Anspruch auf Verehrung, auf Hochachtung, auf Achtung im engsten Verstande.

Ach! wie begreiflich ist es, daß Tugend Achtung im engsten Verstande einflößt! was ist so sicher, so ausgebreitet nutzbar und nützlich als sie? Sie allein behält einen immer dauernden Werth!

Diese Achtung flößt nur der tugendhafte Charakter ein, und nur diejenige Gesinnung und Handlung, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit auf diesen Charakter schließen lassen.

Die höchsten Aufopferungen, welche nur auf eine vorübergehende Aufwallung von tugendhaften Gefühlen schließen lassen, können bloß Schätzung einflößen.

Hochachtung, Verehrung, Achtung im engsten Sinne, kann nun ebenfalls bald der Selbstheit, bald dem Herzen, bald dem Beschauungshange gehören, bald mit dem Genügen des befriedigten Bedürfnisses, bald mit Wonne empfunden werden. Zeigt sich ein tugendhafter Charakter in gewöhnlichen Lagen, so wird er selten eine so starke Wirkung auf meine Einbildungskraft machen, daß eine lebhaftere Reitzung zum Vergnügen mit einem lebhafteren Bilde bey mir erweckt werden sollte. Ich lasse es mir bloß gefallen, den Trieb, den ich hege, den Menschen seiner Bestimmung zur allgemeinen Nützlichkeit für alle vernünftige Wesen eingedenk zu finden, nothdürftig begünstigt, und nicht beleidigt zu fühlen. Ja, ich kann mich zuweilen, wenn die Tugend meinen Lieblingsneigungen entgegen ist, erst durch Ueberlegung ihrer guten Folgen für das Ganze der Gesellschaft zur Hochachtung zwingen müssen. Liegt

denjenigen, der es ernsthaft meint, nie ganz ausbleibt; – die sind es, welche den Begriff der Tugend gründen; und Tugend allein hat Anspruch auf Verehrung, auf Hochachtung, auf Achtung im engsten Verstande.

Ach! wie begreiflich ist es, daß Tugend Achtung im engsten Verstande einflößt! was ist so sicher, so ausgebreitet nutzbar und nützlich als sie? Sie allein behält einen immer dauernden Werth!

Diese Achtung flößt nur der tugendhafte Charakter ein, und nur diejenige Gesinnung und Handlung, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit auf diesen Charakter schließen lassen.

Die höchsten Aufopferungen, welche nur auf eine vorübergehende Aufwallung von tugendhaften Gefühlen schließen lassen, können bloß Schätzung einflößen.

Hochachtung, Verehrung, Achtung im engsten Sinne, kann nun ebenfalls bald der Selbstheit, bald dem Herzen, bald dem Beschauungshange gehören, bald mit dem Genügen des befriedigten Bedürfnisses, bald mit Wonne empfunden werden. Zeigt sich ein tugendhafter Charakter in gewöhnlichen Lagen, so wird er selten eine so starke Wirkung auf meine Einbildungskraft machen, daß eine lebhaftere Reitzung zum Vergnügen mit einem lebhafteren Bilde bey mir erweckt werden sollte. Ich lasse es mir bloß gefallen, den Trieb, den ich hege, den Menschen seiner Bestimmung zur allgemeinen Nützlichkeit für alle vernünftige Wesen eingedenk zu finden, nothdürftig begünstigt, und nicht beleidigt zu fühlen. Ja, ich kann mich zuweilen, wenn die Tugend meinen Lieblingsneigungen entgegen ist, erst durch Ueberlegung ihrer guten Folgen für das Ganze der Gesellschaft zur Hochachtung zwingen müssen. Liegt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0300" n="300"/>
denjenigen, der es ernsthaft meint, nie ganz ausbleibt; &#x2013; die sind es, welche den Begriff der Tugend gründen; und Tugend allein hat Anspruch auf Verehrung, auf Hochachtung, auf Achtung im engsten Verstande.</p>
          <p>Ach! wie begreiflich ist es, daß Tugend Achtung im engsten Verstande einflößt! was ist so sicher, so ausgebreitet nutzbar und nützlich als sie? Sie allein behält einen immer dauernden Werth!</p>
          <p>Diese Achtung flößt nur der tugendhafte Charakter ein, und nur diejenige Gesinnung und Handlung, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit auf diesen Charakter schließen lassen.</p>
          <p>Die höchsten Aufopferungen, welche nur auf eine vorübergehende Aufwallung von tugendhaften Gefühlen schließen lassen, können bloß Schätzung einflößen.</p>
          <p>Hochachtung, Verehrung, Achtung im engsten Sinne, kann nun ebenfalls bald der Selbstheit, bald dem Herzen, bald dem Beschauungshange gehören, bald mit dem Genügen des befriedigten Bedürfnisses, bald mit Wonne empfunden werden. Zeigt sich ein tugendhafter Charakter in gewöhnlichen Lagen, so wird er selten eine so starke Wirkung auf meine Einbildungskraft machen, daß eine lebhaftere Reitzung zum Vergnügen mit einem lebhafteren Bilde bey mir erweckt werden sollte. Ich lasse es mir bloß gefallen, den Trieb, den ich hege, den Menschen seiner Bestimmung zur allgemeinen Nützlichkeit für alle vernünftige Wesen eingedenk zu finden, nothdürftig begünstigt, und nicht beleidigt zu fühlen. Ja, ich kann mich zuweilen, wenn die Tugend meinen Lieblingsneigungen entgegen ist, erst durch Ueberlegung ihrer guten Folgen für das Ganze der Gesellschaft zur Hochachtung zwingen müssen. Liegt
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[300/0300] denjenigen, der es ernsthaft meint, nie ganz ausbleibt; – die sind es, welche den Begriff der Tugend gründen; und Tugend allein hat Anspruch auf Verehrung, auf Hochachtung, auf Achtung im engsten Verstande. Ach! wie begreiflich ist es, daß Tugend Achtung im engsten Verstande einflößt! was ist so sicher, so ausgebreitet nutzbar und nützlich als sie? Sie allein behält einen immer dauernden Werth! Diese Achtung flößt nur der tugendhafte Charakter ein, und nur diejenige Gesinnung und Handlung, welche mit hoher Wahrscheinlichkeit auf diesen Charakter schließen lassen. Die höchsten Aufopferungen, welche nur auf eine vorübergehende Aufwallung von tugendhaften Gefühlen schließen lassen, können bloß Schätzung einflößen. Hochachtung, Verehrung, Achtung im engsten Sinne, kann nun ebenfalls bald der Selbstheit, bald dem Herzen, bald dem Beschauungshange gehören, bald mit dem Genügen des befriedigten Bedürfnisses, bald mit Wonne empfunden werden. Zeigt sich ein tugendhafter Charakter in gewöhnlichen Lagen, so wird er selten eine so starke Wirkung auf meine Einbildungskraft machen, daß eine lebhaftere Reitzung zum Vergnügen mit einem lebhafteren Bilde bey mir erweckt werden sollte. Ich lasse es mir bloß gefallen, den Trieb, den ich hege, den Menschen seiner Bestimmung zur allgemeinen Nützlichkeit für alle vernünftige Wesen eingedenk zu finden, nothdürftig begünstigt, und nicht beleidigt zu fühlen. Ja, ich kann mich zuweilen, wenn die Tugend meinen Lieblingsneigungen entgegen ist, erst durch Ueberlegung ihrer guten Folgen für das Ganze der Gesellschaft zur Hochachtung zwingen müssen. Liegt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/300
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/300>, abgerufen am 25.11.2024.