Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.Achtes Kapitel. Absonderung des liebenden Affekts von den Aeußerungen der unthätigen Unschädlichkeit und Wohlerzogenheit. Wenn ich nicht zerstöre, nicht herabwürdige, die Menschen neben mir gehen lasse wie sie sind, so kann dieß Betragen der Liebe nicht angehören. Ich empfinde kein affektvolles Streben, ihnen wohlzuthun, in meiner Seele. Die unthätige Unschädlichkeit ist nicht Liebe. Wenn ich aber auch gefällig, dienstfertig, zuvorkommend in meinem geselligen Betragen bin, aber bloß aus Angewöhnung, Folge einer guten Erziehung; so ist dieß nicht Liebe. Das Herz nimmt keinen Antheil daran; kaum daß die Seele etwas dabey denkt. Gemeiniglich scheinen diese unschuldigen, äußerlich verbindlichen Menschen bloß darum liebend, weil ihre Neigungen sich in einem Kreise herumdrehen, den wenig andere durchkreuzen! Aber wehe demjenigen, der wirklich mit ihrem Eigennutze in Collision kommt! Er wird bald die Wirkungen ihres Neides und kleinlichen Hasses fühlen! Neuntes Kapitel. Absonderung des Vollkommenheits- und Schönheitsgefühls von der Liebe. Die Aufwallungen des Beschauungshanges sind bereits im ersten Buche dieses Werks von der Liebe abgesondert worden. Man darf hier nur daran erinnern. Alle Wonne am Vortrefflichen, Vollständigen, Achtes Kapitel. Absonderung des liebenden Affekts von den Aeußerungen der unthätigen Unschädlichkeit und Wohlerzogenheit. Wenn ich nicht zerstöre, nicht herabwürdige, die Menschen neben mir gehen lasse wie sie sind, so kann dieß Betragen der Liebe nicht angehören. Ich empfinde kein affektvolles Streben, ihnen wohlzuthun, in meiner Seele. Die unthätige Unschädlichkeit ist nicht Liebe. Wenn ich aber auch gefällig, dienstfertig, zuvorkommend in meinem geselligen Betragen bin, aber bloß aus Angewöhnung, Folge einer guten Erziehung; so ist dieß nicht Liebe. Das Herz nimmt keinen Antheil daran; kaum daß die Seele etwas dabey denkt. Gemeiniglich scheinen diese unschuldigen, äußerlich verbindlichen Menschen bloß darum liebend, weil ihre Neigungen sich in einem Kreise herumdrehen, den wenig andere durchkreuzen! Aber wehe demjenigen, der wirklich mit ihrem Eigennutze in Collision kommt! Er wird bald die Wirkungen ihres Neides und kleinlichen Hasses fühlen! Neuntes Kapitel. Absonderung des Vollkommenheits- und Schönheitsgefühls von der Liebe. Die Aufwallungen des Beschauungshanges sind bereits im ersten Buche dieses Werks von der Liebe abgesondert worden. Man darf hier nur daran erinnern. Alle Wonne am Vortrefflichen, Vollständigen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0289" n="289"/> <div n="2"> <head>Achtes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Absonderung des liebenden Affekts von den Aeußerungen der unthätigen Unschädlichkeit und Wohlerzogenheit.<lb/></p> </argument> <p>Wenn ich nicht zerstöre, nicht herabwürdige, die Menschen neben mir gehen lasse wie sie sind, so kann dieß Betragen der Liebe nicht angehören. Ich empfinde kein affektvolles <hi rendition="#g">Streben</hi>, ihnen wohlzuthun, in meiner Seele. Die unthätige Unschädlichkeit ist nicht Liebe.</p> <p>Wenn ich aber auch gefällig, dienstfertig, zuvorkommend in meinem geselligen Betragen bin, aber bloß aus Angewöhnung, Folge einer guten Erziehung; so ist dieß nicht Liebe. Das Herz nimmt keinen Antheil daran; kaum daß die Seele etwas dabey denkt.</p> <p>Gemeiniglich scheinen diese unschuldigen, äußerlich verbindlichen Menschen bloß darum liebend, weil ihre Neigungen sich in einem Kreise herumdrehen, den wenig andere durchkreuzen! Aber wehe demjenigen, der wirklich mit ihrem Eigennutze in Collision kommt! Er wird bald die Wirkungen ihres Neides und kleinlichen Hasses fühlen!</p> </div> <div n="2"> <head>Neuntes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Absonderung des Vollkommenheits- und Schönheitsgefühls von der Liebe.<lb/></p> </argument> <p>Die Aufwallungen des Beschauungshanges sind bereits im ersten Buche dieses Werks von der Liebe abgesondert worden. Man darf hier nur daran erinnern. Alle Wonne am Vortrefflichen, Vollständigen, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [289/0289]
Achtes Kapitel.
Absonderung des liebenden Affekts von den Aeußerungen der unthätigen Unschädlichkeit und Wohlerzogenheit.
Wenn ich nicht zerstöre, nicht herabwürdige, die Menschen neben mir gehen lasse wie sie sind, so kann dieß Betragen der Liebe nicht angehören. Ich empfinde kein affektvolles Streben, ihnen wohlzuthun, in meiner Seele. Die unthätige Unschädlichkeit ist nicht Liebe.
Wenn ich aber auch gefällig, dienstfertig, zuvorkommend in meinem geselligen Betragen bin, aber bloß aus Angewöhnung, Folge einer guten Erziehung; so ist dieß nicht Liebe. Das Herz nimmt keinen Antheil daran; kaum daß die Seele etwas dabey denkt.
Gemeiniglich scheinen diese unschuldigen, äußerlich verbindlichen Menschen bloß darum liebend, weil ihre Neigungen sich in einem Kreise herumdrehen, den wenig andere durchkreuzen! Aber wehe demjenigen, der wirklich mit ihrem Eigennutze in Collision kommt! Er wird bald die Wirkungen ihres Neides und kleinlichen Hasses fühlen!
Neuntes Kapitel.
Absonderung des Vollkommenheits- und Schönheitsgefühls von der Liebe.
Die Aufwallungen des Beschauungshanges sind bereits im ersten Buche dieses Werks von der Liebe abgesondert worden. Man darf hier nur daran erinnern. Alle Wonne am Vortrefflichen, Vollständigen,
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