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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

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und geringer, aber anhaltender Verdruß. Eben so können Menschen durch Schrecken nicht minder in die Lage kommen, sich in Gegenstände außer sich verwandelt zu glauben, als durch häufiges Sinnen und Nachdenken über den nehmlichen Gegenstand. Liegt der Fehler gar in der innern Konstitution, so kann der Krankheitsstoff sich eben so wohl plötzlich als nach und nach entwickeln, und unser Wesen auf einige Zeit, oder auf immer verrücken.

Wenn die Verwandlungs- und Figierungskraft, beyde in ihrer völligen, stärksten, ausgebreitetsten Wirksamkeit zusammentreffen; wenn der Mensch sich ganz in den Gegenstand außer sich, und zwar jedesmahl, wenn er das Bild von seinem Selbst aufnimmt, verwandelt wähnt, so ist vollkommener Wahnsinn vorhanden. Allein dieser Fall ist äußerst selten, und so giebt es der Grade des Wahnsinns unendlich viele. Man kennt Menschen, welche im Durchschnitt ihres Lebens vernünftig sind, und nur unter gewissen seltenen Verhältnissen an solche mit ihnen vorgegangene Verwandlungen glauben. Wieder giebt es Menschen, die nur gewisse Eigenheiten von andern Gegenständen außer sich in das Bild von ihrem Selbst aufnehmen. Wieder andere, die gar nichts von Verwandlung wissen, und bey denen nur gewisse Ideen und Bestrebungen figiert sind, so daß sie entweder beständig an einem Bilde hängen, oder nur zu gewissen Zeiten durch alle Gründe der Vernunft nicht davon abzubringen sind. Kurz, es giebt der Modificationen der Wirksamkeit dieser beyden Kräfte so viele, daß sie sich unmöglich aufzählen lassen.

In der Leidenschaft der Liebe zum andern Geschlecht wird nun nicht so wohl das Gefühl der Selbstverwandlung,

und geringer, aber anhaltender Verdruß. Eben so können Menschen durch Schrecken nicht minder in die Lage kommen, sich in Gegenstände außer sich verwandelt zu glauben, als durch häufiges Sinnen und Nachdenken über den nehmlichen Gegenstand. Liegt der Fehler gar in der innern Konstitution, so kann der Krankheitsstoff sich eben so wohl plötzlich als nach und nach entwickeln, und unser Wesen auf einige Zeit, oder auf immer verrücken.

Wenn die Verwandlungs- und Figierungskraft, beyde in ihrer völligen, stärksten, ausgebreitetsten Wirksamkeit zusammentreffen; wenn der Mensch sich ganz in den Gegenstand außer sich, und zwar jedesmahl, wenn er das Bild von seinem Selbst aufnimmt, verwandelt wähnt, so ist vollkommener Wahnsinn vorhanden. Allein dieser Fall ist äußerst selten, und so giebt es der Grade des Wahnsinns unendlich viele. Man kennt Menschen, welche im Durchschnitt ihres Lebens vernünftig sind, und nur unter gewissen seltenen Verhältnissen an solche mit ihnen vorgegangene Verwandlungen glauben. Wieder giebt es Menschen, die nur gewisse Eigenheiten von andern Gegenständen außer sich in das Bild von ihrem Selbst aufnehmen. Wieder andere, die gar nichts von Verwandlung wissen, und bey denen nur gewisse Ideen und Bestrebungen figiert sind, so daß sie entweder beständig an einem Bilde hängen, oder nur zu gewissen Zeiten durch alle Gründe der Vernunft nicht davon abzubringen sind. Kurz, es giebt der Modificationen der Wirksamkeit dieser beyden Kräfte so viele, daß sie sich unmöglich aufzählen lassen.

In der Leidenschaft der Liebe zum andern Geschlecht wird nun nicht so wohl das Gefühl der Selbstverwandlung,

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[266/0266] und geringer, aber anhaltender Verdruß. Eben so können Menschen durch Schrecken nicht minder in die Lage kommen, sich in Gegenstände außer sich verwandelt zu glauben, als durch häufiges Sinnen und Nachdenken über den nehmlichen Gegenstand. Liegt der Fehler gar in der innern Konstitution, so kann der Krankheitsstoff sich eben so wohl plötzlich als nach und nach entwickeln, und unser Wesen auf einige Zeit, oder auf immer verrücken. Wenn die Verwandlungs- und Figierungskraft, beyde in ihrer völligen, stärksten, ausgebreitetsten Wirksamkeit zusammentreffen; wenn der Mensch sich ganz in den Gegenstand außer sich, und zwar jedesmahl, wenn er das Bild von seinem Selbst aufnimmt, verwandelt wähnt, so ist vollkommener Wahnsinn vorhanden. Allein dieser Fall ist äußerst selten, und so giebt es der Grade des Wahnsinns unendlich viele. Man kennt Menschen, welche im Durchschnitt ihres Lebens vernünftig sind, und nur unter gewissen seltenen Verhältnissen an solche mit ihnen vorgegangene Verwandlungen glauben. Wieder giebt es Menschen, die nur gewisse Eigenheiten von andern Gegenständen außer sich in das Bild von ihrem Selbst aufnehmen. Wieder andere, die gar nichts von Verwandlung wissen, und bey denen nur gewisse Ideen und Bestrebungen figiert sind, so daß sie entweder beständig an einem Bilde hängen, oder nur zu gewissen Zeiten durch alle Gründe der Vernunft nicht davon abzubringen sind. Kurz, es giebt der Modificationen der Wirksamkeit dieser beyden Kräfte so viele, daß sie sich unmöglich aufzählen lassen. In der Leidenschaft der Liebe zum andern Geschlecht wird nun nicht so wohl das Gefühl der Selbstverwandlung,

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/266>, abgerufen am 22.11.2024.