Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.Fünftes Buch. Von der Leidenschaft der Geschlechtsliebe. *) Erstes Kapitel. Einleitung. Wenn wir von Kindheit auf das Bedürfniß fühlen, uns an ein gefühlvolles Wesen ganz und ausschließlich zu ketten; wenn die dunkle Ahndung einer mit uns für uns geschaffenen Hälfte, unsre einsamen Tage, einsam mitten im Getümmel der Welt, zu Jahren mißt; wenn bey dem ersten Strahl ihres endlichen Anblicks das Leben einer neuen Schöpfung für uns aufgeht; wenn die Unruhe des unbestimmten Sehnens sich in das deutliche Bewußtseyn der Unentbehrlichkeit des angebeteten Gegenstandes verwandelt; wenn wir ängstlich nach der Wonne der Vereinigung streben, alles aufopfern, selbst das Leben, für die Gewißheit, geliebt zu seyn; - und wenn wir sie nun haben, diese Gewißheit, unser Leben hingeben möchten, um sie immer und immer stärker zu empfinden; hingeben möchten, dieses Leben *) Eros, amor bey den Alten.
Fünftes Buch. Von der Leidenschaft der Geschlechtsliebe. *) Erstes Kapitel. Einleitung. Wenn wir von Kindheit auf das Bedürfniß fühlen, uns an ein gefühlvolles Wesen ganz und ausschließlich zu ketten; wenn die dunkle Ahndung einer mit uns für uns geschaffenen Hälfte, unsre einsamen Tage, einsam mitten im Getümmel der Welt, zu Jahren mißt; wenn bey dem ersten Strahl ihres endlichen Anblicks das Leben einer neuen Schöpfung für uns aufgeht; wenn die Unruhe des unbestimmten Sehnens sich in das deutliche Bewußtseyn der Unentbehrlichkeit des angebeteten Gegenstandes verwandelt; wenn wir ängstlich nach der Wonne der Vereinigung streben, alles aufopfern, selbst das Leben, für die Gewißheit, geliebt zu seyn; – und wenn wir sie nun haben, diese Gewißheit, unser Leben hingeben möchten, um sie immer und immer stärker zu empfinden; hingeben möchten, dieses Leben *) Ἔρως, amor bey den Alten.
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Fünftes Buch.
Von der Leidenschaft der Geschlechtsliebe. *)
Erstes Kapitel.
Einleitung.
Wenn wir von Kindheit auf das Bedürfniß fühlen, uns an ein gefühlvolles Wesen ganz und ausschließlich zu ketten; wenn die dunkle Ahndung einer mit uns für uns geschaffenen Hälfte, unsre einsamen Tage, einsam mitten im Getümmel der Welt, zu Jahren mißt; wenn bey dem ersten Strahl ihres endlichen Anblicks das Leben einer neuen Schöpfung für uns aufgeht; wenn die Unruhe des unbestimmten Sehnens sich in das deutliche Bewußtseyn der Unentbehrlichkeit des angebeteten Gegenstandes verwandelt; wenn wir ängstlich nach der Wonne der Vereinigung streben, alles aufopfern, selbst das Leben, für die Gewißheit, geliebt zu seyn; – und wenn wir sie nun haben, diese Gewißheit, unser Leben hingeben möchten, um sie immer und immer stärker zu empfinden; hingeben möchten, dieses Leben
*) Ἔρως, amor bey den Alten.
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