Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.bleibt immer noch von Leidenschaft unterschieden. - Alles dieß ist theils schon deutlich durch dasjenige, was vorangegangen ist; theils wird es durch die folgenden Bücher mehr erklärt werden. Zehntes Kapitel. Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit setzen immer einen strebenden Zustand zum Voraus, wenn gleich die Verbündeten sich wechselseitig vereinigt glauben. Ich habe vorhin Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit für ein Streben erklärt, gleichartige oder verschiedene Naturen zu vereinigen. Inzwischen werden oft beyde Nahmen von denjenigen Verbindungen gebraucht, worin die Liebenden von ihrer wechselseitigen Zärtlichkeit überzeugt sind, sich selbst als wirklich vereinigt ansehen, und in dieser Vereinigung auch von andern als eine zusammengesetzte Person betrachtet werden. Der Zustand und die Verhältnisse einer solchen wirklich gelungenen Vereinigung verdienen noch eine besondre Bemerkung, theils um meine vorhin angegebene Erklärung zu rechtfertigen, theils um die Eigenheiten dieser Lage der beyden Liebenden unter einander, und gegen jeden dritten, etwas näher zu bestimmen. Es scheint schon den Plato in Verlegenheit gesetzt zu haben, wie die Liebe den Charakter der Bestrebung beybehalten, und doch den Gegenstand derselben besitzen bleibt immer noch von Leidenschaft unterschieden. – Alles dieß ist theils schon deutlich durch dasjenige, was vorangegangen ist; theils wird es durch die folgenden Bücher mehr erklärt werden. Zehntes Kapitel. Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit setzen immer einen strebenden Zustand zum Voraus, wenn gleich die Verbündeten sich wechselseitig vereinigt glauben. Ich habe vorhin Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit für ein Streben erklärt, gleichartige oder verschiedene Naturen zu vereinigen. Inzwischen werden oft beyde Nahmen von denjenigen Verbindungen gebraucht, worin die Liebenden von ihrer wechselseitigen Zärtlichkeit überzeugt sind, sich selbst als wirklich vereinigt ansehen, und in dieser Vereinigung auch von andern als eine zusammengesetzte Person betrachtet werden. Der Zustand und die Verhältnisse einer solchen wirklich gelungenen Vereinigung verdienen noch eine besondre Bemerkung, theils um meine vorhin angegebene Erklärung zu rechtfertigen, theils um die Eigenheiten dieser Lage der beyden Liebenden unter einander, und gegen jeden dritten, etwas näher zu bestimmen. Es scheint schon den Plato in Verlegenheit gesetzt zu haben, wie die Liebe den Charakter der Bestrebung beybehalten, und doch den Gegenstand derselben besitzen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0238" n="238"/> bleibt immer noch von Leidenschaft unterschieden. – Alles dieß ist theils schon deutlich durch dasjenige, was vorangegangen ist; theils wird es durch die folgenden Bücher mehr erklärt werden.</p> </div> <div n="2"> <head>Zehntes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit setzen immer einen strebenden Zustand zum Voraus, wenn gleich die Verbündeten sich wechselseitig vereinigt glauben.<lb/></p> </argument> <p>Ich habe vorhin Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit für ein Streben erklärt, gleichartige oder verschiedene Naturen zu vereinigen. Inzwischen werden oft beyde Nahmen von denjenigen Verbindungen gebraucht, worin die Liebenden von ihrer wechselseitigen Zärtlichkeit überzeugt sind, sich selbst als wirklich vereinigt ansehen, und in dieser Vereinigung auch von andern als eine zusammengesetzte Person betrachtet werden.</p> <p>Der Zustand und die Verhältnisse einer solchen wirklich gelungenen Vereinigung verdienen noch eine besondre Bemerkung, theils um meine vorhin angegebene Erklärung zu rechtfertigen, theils um die Eigenheiten dieser Lage der beyden Liebenden unter einander, und gegen jeden dritten, etwas näher zu bestimmen.</p> <p>Es scheint schon den Plato in Verlegenheit gesetzt zu haben, wie die Liebe den Charakter der Bestrebung beybehalten, und doch den Gegenstand derselben besitzen </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0238]
bleibt immer noch von Leidenschaft unterschieden. – Alles dieß ist theils schon deutlich durch dasjenige, was vorangegangen ist; theils wird es durch die folgenden Bücher mehr erklärt werden.
Zehntes Kapitel.
Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit setzen immer einen strebenden Zustand zum Voraus, wenn gleich die Verbündeten sich wechselseitig vereinigt glauben.
Ich habe vorhin Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit für ein Streben erklärt, gleichartige oder verschiedene Naturen zu vereinigen. Inzwischen werden oft beyde Nahmen von denjenigen Verbindungen gebraucht, worin die Liebenden von ihrer wechselseitigen Zärtlichkeit überzeugt sind, sich selbst als wirklich vereinigt ansehen, und in dieser Vereinigung auch von andern als eine zusammengesetzte Person betrachtet werden.
Der Zustand und die Verhältnisse einer solchen wirklich gelungenen Vereinigung verdienen noch eine besondre Bemerkung, theils um meine vorhin angegebene Erklärung zu rechtfertigen, theils um die Eigenheiten dieser Lage der beyden Liebenden unter einander, und gegen jeden dritten, etwas näher zu bestimmen.
Es scheint schon den Plato in Verlegenheit gesetzt zu haben, wie die Liebe den Charakter der Bestrebung beybehalten, und doch den Gegenstand derselben besitzen
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