Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.habe Ehen gekannt, worin beyde Gatten Putz, Küche und Hausreinigung zum einzigen Zweck ihres Zusammenseyns machten. Mehrere Gelehrte haben mit ihren Weibern Bücher geschrieben, mehrere Staatsmänner haben mit ihren Weibern regiert. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben diese Personen mehr Freundschaft als Geschlechtszärtlichkeit für einander empfunden, wenn anders eine wahre Vereinigung der Naturen unter ihnen Statt gefunden hat. Wenn auch zuweilen Anfälle von Geschlechtssympathie, besonders der körperlichen, bey solchen Verbindungen mit unterlaufen, wenn der unnennbare Trieb zuweilen erwacht, und dessen vollständige Befriedigung die gewöhnlichen Zwecke der Ehe erfüllt; so sind doch diese Aufwallungen zu selten, um der Verbindung im Ganzen den Charakter einer auf Geschlechtssympathie gegründeten Verbindung zu geben. Die Sympathie mit dem Gleichartigen wird darin prädominieren. Auf der andern Seite giebt es Fälle genug, worin sogenannte Freunde und Freundinnen wahre Geschlechtszärtlichkeit für einander empfinden. Und daran braucht der Körper keinen merklichen Antheil zu nehmen. Aber die Symptome der Ueppigkeit und Lüsternheit der Seele sind hinreichend, die wahre Gattung von Empfindungen zu charakterisieren, welche bey ihrer Vereinigung zum Grunde liegt. Inzwischen nimmt auch sehr oft der Körper einen großen Antheil an dieser Geschlechtszärtlichkeit unter Personen, welche äußern Kennzeichen nach zu einerley Geschlechte gehören. Doch darüber mehr im achten Buche dieses Werks. Ein noch zweydeutigeres Merkmahl von dem Daseyn der bloßen Freundschaft und habe Ehen gekannt, worin beyde Gatten Putz, Küche und Hausreinigung zum einzigen Zweck ihres Zusammenseyns machten. Mehrere Gelehrte haben mit ihren Weibern Bücher geschrieben, mehrere Staatsmänner haben mit ihren Weibern regiert. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben diese Personen mehr Freundschaft als Geschlechtszärtlichkeit für einander empfunden, wenn anders eine wahre Vereinigung der Naturen unter ihnen Statt gefunden hat. Wenn auch zuweilen Anfälle von Geschlechtssympathie, besonders der körperlichen, bey solchen Verbindungen mit unterlaufen, wenn der unnennbare Trieb zuweilen erwacht, und dessen vollständige Befriedigung die gewöhnlichen Zwecke der Ehe erfüllt; so sind doch diese Aufwallungen zu selten, um der Verbindung im Ganzen den Charakter einer auf Geschlechtssympathie gegründeten Verbindung zu geben. Die Sympathie mit dem Gleichartigen wird darin prädominieren. Auf der andern Seite giebt es Fälle genug, worin sogenannte Freunde und Freundinnen wahre Geschlechtszärtlichkeit für einander empfinden. Und daran braucht der Körper keinen merklichen Antheil zu nehmen. Aber die Symptome der Ueppigkeit und Lüsternheit der Seele sind hinreichend, die wahre Gattung von Empfindungen zu charakterisieren, welche bey ihrer Vereinigung zum Grunde liegt. Inzwischen nimmt auch sehr oft der Körper einen großen Antheil an dieser Geschlechtszärtlichkeit unter Personen, welche äußern Kennzeichen nach zu einerley Geschlechte gehören. Doch darüber mehr im achten Buche dieses Werks. Ein noch zweydeutigeres Merkmahl von dem Daseyn der bloßen Freundschaft und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0231" n="231"/> habe Ehen gekannt, worin beyde Gatten Putz, Küche und Hausreinigung zum einzigen Zweck ihres Zusammenseyns machten. Mehrere Gelehrte haben mit ihren Weibern Bücher geschrieben, mehrere Staatsmänner haben mit ihren Weibern regiert. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben diese Personen mehr Freundschaft als Geschlechtszärtlichkeit für einander empfunden, wenn anders eine wahre Vereinigung der Naturen unter ihnen Statt gefunden hat. Wenn auch zuweilen Anfälle von Geschlechtssympathie, besonders der körperlichen, bey solchen Verbindungen mit unterlaufen, wenn der unnennbare Trieb zuweilen erwacht, und dessen vollständige Befriedigung die gewöhnlichen Zwecke der Ehe erfüllt; so sind doch diese Aufwallungen zu selten, um der Verbindung im Ganzen den Charakter einer auf Geschlechtssympathie gegründeten Verbindung zu geben. Die Sympathie mit dem Gleichartigen wird darin prädominieren.</p> <p>Auf der andern Seite giebt es Fälle genug, worin sogenannte Freunde und Freundinnen wahre Geschlechtszärtlichkeit für einander empfinden. Und daran braucht der Körper keinen merklichen Antheil zu nehmen. Aber die Symptome der Ueppigkeit und Lüsternheit der Seele sind hinreichend, die wahre Gattung von Empfindungen zu charakterisieren, welche bey ihrer Vereinigung zum Grunde liegt. 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habe Ehen gekannt, worin beyde Gatten Putz, Küche und Hausreinigung zum einzigen Zweck ihres Zusammenseyns machten. Mehrere Gelehrte haben mit ihren Weibern Bücher geschrieben, mehrere Staatsmänner haben mit ihren Weibern regiert. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben diese Personen mehr Freundschaft als Geschlechtszärtlichkeit für einander empfunden, wenn anders eine wahre Vereinigung der Naturen unter ihnen Statt gefunden hat. Wenn auch zuweilen Anfälle von Geschlechtssympathie, besonders der körperlichen, bey solchen Verbindungen mit unterlaufen, wenn der unnennbare Trieb zuweilen erwacht, und dessen vollständige Befriedigung die gewöhnlichen Zwecke der Ehe erfüllt; so sind doch diese Aufwallungen zu selten, um der Verbindung im Ganzen den Charakter einer auf Geschlechtssympathie gegründeten Verbindung zu geben. Die Sympathie mit dem Gleichartigen wird darin prädominieren.
Auf der andern Seite giebt es Fälle genug, worin sogenannte Freunde und Freundinnen wahre Geschlechtszärtlichkeit für einander empfinden. Und daran braucht der Körper keinen merklichen Antheil zu nehmen. Aber die Symptome der Ueppigkeit und Lüsternheit der Seele sind hinreichend, die wahre Gattung von Empfindungen zu charakterisieren, welche bey ihrer Vereinigung zum Grunde liegt. Inzwischen nimmt auch sehr oft der Körper einen großen Antheil an dieser Geschlechtszärtlichkeit unter Personen, welche äußern Kennzeichen nach zu einerley Geschlechte gehören. Doch darüber mehr im achten Buche dieses Werks.
Ein noch zweydeutigeres Merkmahl von dem Daseyn der bloßen Freundschaft und
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Zitationshilfe: | Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/231>, abgerufen am 16.02.2025. |