Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Die männliche Seele sucht in der Vereinigung mit der männlichen Vervollständigung ihrer gemeinschaftlichen Männlichkeit: die weibliche in der Vereinigung mit der weiblichen Vervollständigung ihrer gemeinschaftlichen Weiblichkeit. Dagegen sucht die männliche Seele in der Vereinigung mit der weiblichen, und umgekehrt, diese in der Vereinigung mit jener, das Bewußtseyn eines vollkommneren, aus beyden zusammengesetzten Wesens, das noch der Gattung, nicht aber dem Geschlechte weiter angehört.

Beyde, Mann und Weib, suchen beydes Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit, unter ganz verschiedenen Verhältnissen auf; sie nehmen ihre Personen wechselseitig in ganz verschiedene persönliche Lagen ein. An den Neigungen, Beschäftigungen, Planen des Mannes, welche unmittelbare Beziehung auf das Gefühl körperlicher und geistiger Stärke haben, kann und soll die weibliche Seele der Regel nach, weder durch Mitgefühl, noch durch Mithandeln, unmittelbaren Antheil nehmen. Umgekehrt, nicht der Mann an solchen Neigungen, Planen und Beschäftigungen, welche mit der Zartheit des Weibes in unmittelbarer Beziehung stehen. In den stärkeren Verhältnissen sucht daher die männliche Seele Freundschaft bey dem Manne; in den zärteren die weibliche bey dem Weibe. Wo aber stärkere und zärtere Verhältnisse zusammentreffen, und den Begriff einer erhöheten Sanftheit bilden; da binden sich die Seelen von verschiedenen Geschlechtsanlagen zur Geschlechtszärtlichkeit zusammen.

Die männliche Seele sucht in der Vereinigung mit der männlichen Vervollständigung ihrer gemeinschaftlichen Männlichkeit: die weibliche in der Vereinigung mit der weiblichen Vervollständigung ihrer gemeinschaftlichen Weiblichkeit. Dagegen sucht die männliche Seele in der Vereinigung mit der weiblichen, und umgekehrt, diese in der Vereinigung mit jener, das Bewußtseyn eines vollkommneren, aus beyden zusammengesetzten Wesens, das noch der Gattung, nicht aber dem Geschlechte weiter angehört.

Beyde, Mann und Weib, suchen beydes Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit, unter ganz verschiedenen Verhältnissen auf; sie nehmen ihre Personen wechselseitig in ganz verschiedene persönliche Lagen ein. An den Neigungen, Beschäftigungen, Planen des Mannes, welche unmittelbare Beziehung auf das Gefühl körperlicher und geistiger Stärke haben, kann und soll die weibliche Seele der Regel nach, weder durch Mitgefühl, noch durch Mithandeln, unmittelbaren Antheil nehmen. Umgekehrt, nicht der Mann an solchen Neigungen, Planen und Beschäftigungen, welche mit der Zartheit des Weibes in unmittelbarer Beziehung stehen. In den stärkeren Verhältnissen sucht daher die männliche Seele Freundschaft bey dem Manne; in den zärteren die weibliche bey dem Weibe. Wo aber stärkere und zärtere Verhältnisse zusammentreffen, und den Begriff einer erhöheten Sanftheit bilden; da binden sich die Seelen von verschiedenen Geschlechtsanlagen zur Geschlechtszärtlichkeit zusammen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0227" n="227"/>
          <p>Die männliche Seele sucht in der Vereinigung mit der männlichen Vervollständigung ihrer gemeinschaftlichen Männlichkeit: die weibliche in der Vereinigung mit der weiblichen Vervollständigung ihrer gemeinschaftlichen Weiblichkeit. Dagegen sucht die männliche Seele in der Vereinigung mit der weiblichen, und umgekehrt, diese in der Vereinigung mit jener, das Bewußtseyn eines vollkommneren, aus beyden zusammengesetzten Wesens, das noch der Gattung, nicht aber dem Geschlechte weiter angehört.</p>
          <p>Beyde, Mann und Weib, suchen beydes Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit, unter ganz verschiedenen Verhältnissen auf; sie nehmen ihre Personen wechselseitig in ganz verschiedene persönliche Lagen ein. An den Neigungen, Beschäftigungen, Planen des Mannes, welche unmittelbare Beziehung auf das Gefühl körperlicher und geistiger Stärke haben, kann und soll die weibliche Seele der Regel nach, weder durch Mitgefühl, noch durch Mithandeln, unmittelbaren Antheil nehmen. Umgekehrt, nicht der Mann an solchen Neigungen, Planen und Beschäftigungen, welche mit der Zartheit des Weibes in unmittelbarer Beziehung stehen. In den stärkeren Verhältnissen sucht daher die männliche Seele Freundschaft bey dem Manne; in den zärteren die weibliche bey dem Weibe. Wo aber stärkere und zärtere Verhältnisse zusammentreffen, und den Begriff einer erhöheten Sanftheit bilden; da binden sich die Seelen von verschiedenen Geschlechtsanlagen zur Geschlechtszärtlichkeit zusammen.</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0227] Die männliche Seele sucht in der Vereinigung mit der männlichen Vervollständigung ihrer gemeinschaftlichen Männlichkeit: die weibliche in der Vereinigung mit der weiblichen Vervollständigung ihrer gemeinschaftlichen Weiblichkeit. Dagegen sucht die männliche Seele in der Vereinigung mit der weiblichen, und umgekehrt, diese in der Vereinigung mit jener, das Bewußtseyn eines vollkommneren, aus beyden zusammengesetzten Wesens, das noch der Gattung, nicht aber dem Geschlechte weiter angehört. Beyde, Mann und Weib, suchen beydes Freundschaft und Geschlechtszärtlichkeit, unter ganz verschiedenen Verhältnissen auf; sie nehmen ihre Personen wechselseitig in ganz verschiedene persönliche Lagen ein. An den Neigungen, Beschäftigungen, Planen des Mannes, welche unmittelbare Beziehung auf das Gefühl körperlicher und geistiger Stärke haben, kann und soll die weibliche Seele der Regel nach, weder durch Mitgefühl, noch durch Mithandeln, unmittelbaren Antheil nehmen. Umgekehrt, nicht der Mann an solchen Neigungen, Planen und Beschäftigungen, welche mit der Zartheit des Weibes in unmittelbarer Beziehung stehen. In den stärkeren Verhältnissen sucht daher die männliche Seele Freundschaft bey dem Manne; in den zärteren die weibliche bey dem Weibe. Wo aber stärkere und zärtere Verhältnisse zusammentreffen, und den Begriff einer erhöheten Sanftheit bilden; da binden sich die Seelen von verschiedenen Geschlechtsanlagen zur Geschlechtszärtlichkeit zusammen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/227
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/227>, abgerufen am 27.11.2024.