Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.eine Gesellschafterin bey seinen Unterhaltungen auf eine Art, die ihm das Gefühl einflößt: sie sey die andere Hälfte seines Wesens. Und dennoch fühlt er, daß ein Freund von seinem Geschlechte neben jener Freundin bestehe; daß diese feiner, jener aber richtiger urtheile; daß diese emsiger, jener aber stärker ihm in die Hand arbeite, und daß die Unterhaltung des traulichen Kosens von der lärmender Gelage noch verschieden sey. Merkwürdig, höchst merkwürdig ist es, wie schon Kinder die Nahmen des Freundes oder der Freundin denjenigen Gespielen beylegen, die ihnen bey der Befriedigung der Lieblingsneigungen ihres Geschlechts durch solche Kräfte und Neigungen wichtig werden, welche durch Gleichheit die ihrigen verstärken und unterstützen; daß sie hingegen den Unterschied der Empfindungen gar wohl fühlen, den das Kind von verschiedenem Geschlechte ihnen einflößt, wenn sie sich besonders an dasselbe hängen. Die Lieblingsneigungen, (die Natur) des Knaben, sind rauschende, lärmende Spiele; Krieg, Jagd, Reiten, u. s. w. Wenn er die Wahl unter Knaben und Mädchen hat, wird er gewiß nicht eine der letztern zur Genossin jener Spiele nehmen. Er wählt dazu einen Knaben; dieser muß ihm helfen, diesem vertraut er seine kleinen Plane, Begünstigungen und Versagungen an, und derjenige, den er angewöhnt ist am liebsten zum Gespielen und zum Vertrauten bey seinen lärmenden Vergnügungen zu haben, weil er ungefähr gleiche Kräfte und einen gleichen Geschmack mit ihm theilt, der ist sein Freund. Das junge Mädchen wählt ein junges Mädchen, um den Putz der Puppe und seinen eigenen mit ihm zu besorgen: um die kleinen Gewährungen und Beleidigungen eine Gesellschafterin bey seinen Unterhaltungen auf eine Art, die ihm das Gefühl einflößt: sie sey die andere Hälfte seines Wesens. Und dennoch fühlt er, daß ein Freund von seinem Geschlechte neben jener Freundin bestehe; daß diese feiner, jener aber richtiger urtheile; daß diese emsiger, jener aber stärker ihm in die Hand arbeite, und daß die Unterhaltung des traulichen Kosens von der lärmender Gelage noch verschieden sey. Merkwürdig, höchst merkwürdig ist es, wie schon Kinder die Nahmen des Freundes oder der Freundin denjenigen Gespielen beylegen, die ihnen bey der Befriedigung der Lieblingsneigungen ihres Geschlechts durch solche Kräfte und Neigungen wichtig werden, welche durch Gleichheit die ihrigen verstärken und unterstützen; daß sie hingegen den Unterschied der Empfindungen gar wohl fühlen, den das Kind von verschiedenem Geschlechte ihnen einflößt, wenn sie sich besonders an dasselbe hängen. Die Lieblingsneigungen, (die Natur) des Knaben, sind rauschende, lärmende Spiele; Krieg, Jagd, Reiten, u. s. w. Wenn er die Wahl unter Knaben und Mädchen hat, wird er gewiß nicht eine der letztern zur Genossin jener Spiele nehmen. Er wählt dazu einen Knaben; dieser muß ihm helfen, diesem vertraut er seine kleinen Plane, Begünstigungen und Versagungen an, und derjenige, den er angewöhnt ist am liebsten zum Gespielen und zum Vertrauten bey seinen lärmenden Vergnügungen zu haben, weil er ungefähr gleiche Kräfte und einen gleichen Geschmack mit ihm theilt, der ist sein Freund. Das junge Mädchen wählt ein junges Mädchen, um den Putz der Puppe und seinen eigenen mit ihm zu besorgen: um die kleinen Gewährungen und Beleidigungen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0221" n="221"/> eine Gesellschafterin bey seinen Unterhaltungen auf eine Art, die ihm das Gefühl einflößt: sie sey die andere Hälfte seines Wesens. 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eine Gesellschafterin bey seinen Unterhaltungen auf eine Art, die ihm das Gefühl einflößt: sie sey die andere Hälfte seines Wesens. Und dennoch fühlt er, daß ein Freund von seinem Geschlechte neben jener Freundin bestehe; daß diese feiner, jener aber richtiger urtheile; daß diese emsiger, jener aber stärker ihm in die Hand arbeite, und daß die Unterhaltung des traulichen Kosens von der lärmender Gelage noch verschieden sey.
Merkwürdig, höchst merkwürdig ist es, wie schon Kinder die Nahmen des Freundes oder der Freundin denjenigen Gespielen beylegen, die ihnen bey der Befriedigung der Lieblingsneigungen ihres Geschlechts durch solche Kräfte und Neigungen wichtig werden, welche durch Gleichheit die ihrigen verstärken und unterstützen; daß sie hingegen den Unterschied der Empfindungen gar wohl fühlen, den das Kind von verschiedenem Geschlechte ihnen einflößt, wenn sie sich besonders an dasselbe hängen.
Die Lieblingsneigungen, (die Natur) des Knaben, sind rauschende, lärmende Spiele; Krieg, Jagd, Reiten, u. s. w. Wenn er die Wahl unter Knaben und Mädchen hat, wird er gewiß nicht eine der letztern zur Genossin jener Spiele nehmen. Er wählt dazu einen Knaben; dieser muß ihm helfen, diesem vertraut er seine kleinen Plane, Begünstigungen und Versagungen an, und derjenige, den er angewöhnt ist am liebsten zum Gespielen und zum Vertrauten bey seinen lärmenden Vergnügungen zu haben, weil er ungefähr gleiche Kräfte und einen gleichen Geschmack mit ihm theilt, der ist sein Freund.
Das junge Mädchen wählt ein junges Mädchen, um den Putz der Puppe und seinen eigenen mit ihm zu besorgen: um die kleinen Gewährungen und Beleidigungen
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