Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.Diese Ueppigkeit ist nun offenbar ein Geschlechtstrieb, denn sie vermählt in unserer Seele Gefühle, die beyde zu einer Gattung gehören; unser Gemüth ist so wohl der spannenden und gespannten, als der zärtelnden und gezärtelten Empfindungen fähig. Aber diese Gefühle gehören nicht einer und der nehmlichen Disposition, nicht einer ihrer Mischungen im isolierten Zustande an; nicht der reinen Stärke, nicht der reinen Zartheit, nicht der einsamen geschmeidigen Stärke, oder der einsamen hebenden Zartheit. Wir müssen uns einem andern Wesen von verschiedenem Charakter nähern, und dieser Charakter muß der Gattung nach dem unsrigen gleich, dem Geschlechte nach aber von dem unsrigen verschieden seyn. Ich will mich hier nicht dabey aufhalten, zu zeigen, wie Wesen, die nicht Menschen sind, diese Ueppigkeit in uns erwecken können. Ich wende mich zu ihren Hauptarten im geselligen Umgange mit Menschen. Achtes Kapitel. Von einigen hervorstechenden Arten der Seelenüppigkeit. I. Unter allen Bildern, welche die Seele zur Ueppigkeit einladen, ist keines hervorstechender als das der Häuslichkeit. (Domesticite) - Ich verstehe darunter jenes Verhältniß, worein uns die Absonderung von der größeren Gesellschaft zur Gründung einer engeren mit wenigen Menschen versetzt, die zusammen gegen jene als eine einzige Person betrachtet werden. Die Vorstellung dieses Diese Ueppigkeit ist nun offenbar ein Geschlechtstrieb, denn sie vermählt in unserer Seele Gefühle, die beyde zu einer Gattung gehören; unser Gemüth ist so wohl der spannenden und gespannten, als der zärtelnden und gezärtelten Empfindungen fähig. Aber diese Gefühle gehören nicht einer und der nehmlichen Disposition, nicht einer ihrer Mischungen im isolierten Zustande an; nicht der reinen Stärke, nicht der reinen Zartheit, nicht der einsamen geschmeidigen Stärke, oder der einsamen hebenden Zartheit. Wir müssen uns einem andern Wesen von verschiedenem Charakter nähern, und dieser Charakter muß der Gattung nach dem unsrigen gleich, dem Geschlechte nach aber von dem unsrigen verschieden seyn. Ich will mich hier nicht dabey aufhalten, zu zeigen, wie Wesen, die nicht Menschen sind, diese Ueppigkeit in uns erwecken können. Ich wende mich zu ihren Hauptarten im geselligen Umgange mit Menschen. Achtes Kapitel. Von einigen hervorstechenden Arten der Seelenüppigkeit. I. Unter allen Bildern, welche die Seele zur Ueppigkeit einladen, ist keines hervorstechender als das der Häuslichkeit. (Domesticité) – Ich verstehe darunter jenes Verhältniß, worein uns die Absonderung von der größeren Gesellschaft zur Gründung einer engeren mit wenigen Menschen versetzt, die zusammen gegen jene als eine einzige Person betrachtet werden. Die Vorstellung dieses <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <pb facs="#f0169" n="169"/> <p>Diese Ueppigkeit ist nun offenbar ein Geschlechtstrieb, denn sie vermählt in unserer Seele Gefühle, die beyde zu einer Gattung gehören; unser Gemüth ist so wohl der spannenden und gespannten, als der zärtelnden und gezärtelten Empfindungen fähig. Aber diese Gefühle gehören nicht einer und der nehmlichen Disposition, nicht einer ihrer Mischungen im isolierten Zustande an; nicht der reinen Stärke, nicht der reinen Zartheit, nicht der einsamen geschmeidigen Stärke, oder der einsamen hebenden Zartheit. Wir müssen uns einem andern Wesen von verschiedenem Charakter nähern, und dieser Charakter muß der Gattung nach dem unsrigen gleich, dem Geschlechte nach aber von dem unsrigen verschieden seyn.</p> <p>Ich will mich hier nicht dabey aufhalten, zu zeigen, wie Wesen, die nicht Menschen sind, diese Ueppigkeit in uns erwecken können. Ich wende mich zu ihren Hauptarten im geselligen Umgange mit Menschen.</p> </div> <div n="2"> <head>Achtes Kapitel.<lb/></head> <argument> <p>Von einigen hervorstechenden Arten der Seelenüppigkeit.<lb/></p> </argument> <div n="3"> <head>I.<lb/></head> <p>Unter allen Bildern, welche die Seele zur Ueppigkeit einladen, ist keines hervorstechender als das der Häuslichkeit. (<hi rendition="#aq">Domesticité</hi>) – Ich verstehe darunter jenes Verhältniß, worein uns die Absonderung von der größeren Gesellschaft zur Gründung einer engeren mit wenigen Menschen versetzt, die zusammen gegen jene als eine einzige Person betrachtet werden. Die Vorstellung dieses </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [169/0169]
Diese Ueppigkeit ist nun offenbar ein Geschlechtstrieb, denn sie vermählt in unserer Seele Gefühle, die beyde zu einer Gattung gehören; unser Gemüth ist so wohl der spannenden und gespannten, als der zärtelnden und gezärtelten Empfindungen fähig. Aber diese Gefühle gehören nicht einer und der nehmlichen Disposition, nicht einer ihrer Mischungen im isolierten Zustande an; nicht der reinen Stärke, nicht der reinen Zartheit, nicht der einsamen geschmeidigen Stärke, oder der einsamen hebenden Zartheit. Wir müssen uns einem andern Wesen von verschiedenem Charakter nähern, und dieser Charakter muß der Gattung nach dem unsrigen gleich, dem Geschlechte nach aber von dem unsrigen verschieden seyn.
Ich will mich hier nicht dabey aufhalten, zu zeigen, wie Wesen, die nicht Menschen sind, diese Ueppigkeit in uns erwecken können. Ich wende mich zu ihren Hauptarten im geselligen Umgange mit Menschen.
Achtes Kapitel.
Von einigen hervorstechenden Arten der Seelenüppigkeit.
I.
Unter allen Bildern, welche die Seele zur Ueppigkeit einladen, ist keines hervorstechender als das der Häuslichkeit. (Domesticité) – Ich verstehe darunter jenes Verhältniß, worein uns die Absonderung von der größeren Gesellschaft zur Gründung einer engeren mit wenigen Menschen versetzt, die zusammen gegen jene als eine einzige Person betrachtet werden. Die Vorstellung dieses
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