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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

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Anlage zur leidenden und thätigen Spannung, und zur leidenden und thätigen Zärtelung zum Voraus. Die erste möchte ich die stärkere, die andere die zärtere Disposition unserer Lebenskraft nennen.

Der Beweis dieser doppelten Disposition unserer Lebenskraft läßt sich nicht anders als aus der Verschiedenheit ihrer Wirkungen erkennen; die Kraft selbst entgeht unsern Wahrnehmungen. Aber wer hat es nicht bemerkt, daß wir so gut das Gefühl einer wollüstigen Wallung als das einer wollüstigen Allmähligkeit, so gut einer wohlbehagenden Anstrengung als Auflösung der Lebenskraft und ihrer Werkzeuge fähig sind! Denkt euch in dem Augenblicke nach dem Genusse stärkender Nahrungsmittel, geistiger Getränke, mäßiger Bewegung, - mit welcher Schnelligkeit strömt euer Blut, wie findet ihr alle eure Fibern und Gefäße so schlank, und wie angenehm ist euch dieser Zustand! Denkt euch dagegen in dem Augenblicke des Erwachens nach einem erquickenden Schlafe, oder des Dehnens auf einem sanften Lager, - wie fühlt ihr euer Blut so allmählig fließen und eure Fibern und Gefäße so geschmeidig, so weich! Und auch dieser Zustand ist wohlbehagend! Vergleicht die Wirkung, die ein kaltes und wieder ein warmes Bad, ein schnell erschütterndes, ein sanft allmähliges Reiben, auf den innern Bau euers Körpers machen! Können nicht beyde höchst wollüstig für euch seyn?

So im gesunden Zustande! Aber selbst im kranken, der aus einem Uebermaße von Irritabilität entsteht, giebt

die Sensibilität, die an den äußern Sinnenorganen zunächst empfunden wird.

Anlage zur leidenden und thätigen Spannung, und zur leidenden und thätigen Zärtelung zum Voraus. Die erste möchte ich die stärkere, die andere die zärtere Disposition unserer Lebenskraft nennen.

Der Beweis dieser doppelten Disposition unserer Lebenskraft läßt sich nicht anders als aus der Verschiedenheit ihrer Wirkungen erkennen; die Kraft selbst entgeht unsern Wahrnehmungen. Aber wer hat es nicht bemerkt, daß wir so gut das Gefühl einer wollüstigen Wallung als das einer wollüstigen Allmähligkeit, so gut einer wohlbehagenden Anstrengung als Auflösung der Lebenskraft und ihrer Werkzeuge fähig sind! Denkt euch in dem Augenblicke nach dem Genusse stärkender Nahrungsmittel, geistiger Getränke, mäßiger Bewegung, – mit welcher Schnelligkeit strömt euer Blut, wie findet ihr alle eure Fibern und Gefäße so schlank, und wie angenehm ist euch dieser Zustand! Denkt euch dagegen in dem Augenblicke des Erwachens nach einem erquickenden Schlafe, oder des Dehnens auf einem sanften Lager, – wie fühlt ihr euer Blut so allmählig fließen und eure Fibern und Gefäße so geschmeidig, so weich! Und auch dieser Zustand ist wohlbehagend! Vergleicht die Wirkung, die ein kaltes und wieder ein warmes Bad, ein schnell erschütterndes, ein sanft allmähliges Reiben, auf den innern Bau euers Körpers machen! Können nicht beyde höchst wollüstig für euch seyn?

So im gesunden Zustande! Aber selbst im kranken, der aus einem Uebermaße von Irritabilität entsteht, giebt

die Sensibilität, die an den äußern Sinnenorganen zunächst empfunden wird.
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[142/0142] Anlage zur leidenden und thätigen Spannung, und zur leidenden und thätigen Zärtelung zum Voraus. Die erste möchte ich die stärkere, die andere die zärtere Disposition unserer Lebenskraft nennen. Der Beweis dieser doppelten Disposition unserer Lebenskraft läßt sich nicht anders als aus der Verschiedenheit ihrer Wirkungen erkennen; die Kraft selbst entgeht unsern Wahrnehmungen. Aber wer hat es nicht bemerkt, daß wir so gut das Gefühl einer wollüstigen Wallung als das einer wollüstigen Allmähligkeit, so gut einer wohlbehagenden Anstrengung als Auflösung der Lebenskraft und ihrer Werkzeuge fähig sind! Denkt euch in dem Augenblicke nach dem Genusse stärkender Nahrungsmittel, geistiger Getränke, mäßiger Bewegung, – mit welcher Schnelligkeit strömt euer Blut, wie findet ihr alle eure Fibern und Gefäße so schlank, und wie angenehm ist euch dieser Zustand! Denkt euch dagegen in dem Augenblicke des Erwachens nach einem erquickenden Schlafe, oder des Dehnens auf einem sanften Lager, – wie fühlt ihr euer Blut so allmählig fließen und eure Fibern und Gefäße so geschmeidig, so weich! Und auch dieser Zustand ist wohlbehagend! Vergleicht die Wirkung, die ein kaltes und wieder ein warmes Bad, ein schnell erschütterndes, ein sanft allmähliges Reiben, auf den innern Bau euers Körpers machen! Können nicht beyde höchst wollüstig für euch seyn? So im gesunden Zustande! Aber selbst im kranken, der aus einem Uebermaße von Irritabilität entsteht, giebt *) *) die Sensibilität, die an den äußern Sinnenorganen zunächst empfunden wird.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/142>, abgerufen am 24.11.2024.