Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
Pallast Giustiniani.

Achtes Zimmer.

+ Die heil. Cäcilia von Carravaggio. Ein
Gemählde voller Wahrheit. Aber der Charakter
der Heiligen erhebt sich nicht über den einer ge-
meinen Zitherspielerin. Die Copie ist im Pallast
Barberini.

Christ und das Cananäische Weib, man
sagt, von Albano.


Neuntes Zimmer oder Zimmer mit
der Vase.

+ Der Bethlehemitische Kindermord vonDer Bethle-
hemitische
Kindermord
von Poussin.

Poussin. So viel Aufhebens als viele Kenner von
der Schönheit der Zusammensetzung dieses Bildes ma-
chen, scheint sie mir nicht zu verdienen. Freilich ist
die Weisheit zu loben, mit der uns der Künstler nur
einen Theil einer Scene des Schreckens vor Augen
gelegt hat, welche die Einbildungskraft so vieler
Mahler bis zum Ekel auszudehnen, und unter ver-
schiedenen Gestalten zu vervielfältigen gewußt hat.
Hier hat ein Henker schon dem kleinen unglücklichen
Opfer seiner Wuth, das vor ihm zur Erde gestreckt
liegt, einen Stich in die Seite gegeben, er setzt ihm
den Fuß auf die Brust, es zu erdrücken, und holt
mit dem Arm einen neuen Streich aus, der ihm
vollends den Rest geben soll. Die verzweifelnde
Mutter nimmt ihre Zuflucht zum Flehen, indem sie
zu gleicher Zeit alle ihre Stärke zusammenrafft, um
diese letzte ihrer Hoffnungen zu retten. Sie liegt zu

des
C 5
Pallaſt Giuſtiniani.

Achtes Zimmer.

Die heil. Caͤcilia von Carravaggio. Ein
Gemaͤhlde voller Wahrheit. Aber der Charakter
der Heiligen erhebt ſich nicht uͤber den einer ge-
meinen Zitherſpielerin. Die Copie iſt im Pallaſt
Barberini.

Chriſt und das Cananaͤiſche Weib, man
ſagt, von Albano.


Neuntes Zimmer oder Zimmer mit
der Vaſe.

Der Bethlehemitiſche Kindermord vonDer Bethle-
hemitiſche
Kindermord
von Pouſſin.

Pouſſin. So viel Aufhebens als viele Kenner von
der Schoͤnheit der Zuſammenſetzung dieſes Bildes ma-
chen, ſcheint ſie mir nicht zu verdienen. Freilich iſt
die Weisheit zu loben, mit der uns der Kuͤnſtler nur
einen Theil einer Scene des Schreckens vor Augen
gelegt hat, welche die Einbildungskraft ſo vieler
Mahler bis zum Ekel auszudehnen, und unter ver-
ſchiedenen Geſtalten zu vervielfaͤltigen gewußt hat.
Hier hat ein Henker ſchon dem kleinen ungluͤcklichen
Opfer ſeiner Wuth, das vor ihm zur Erde geſtreckt
liegt, einen Stich in die Seite gegeben, er ſetzt ihm
den Fuß auf die Bruſt, es zu erdruͤcken, und holt
mit dem Arm einen neuen Streich aus, der ihm
vollends den Reſt geben ſoll. Die verzweifelnde
Mutter nimmt ihre Zuflucht zum Flehen, indem ſie
zu gleicher Zeit alle ihre Staͤrke zuſammenrafft, um
dieſe letzte ihrer Hoffnungen zu retten. Sie liegt zu

des
C 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0065" n="41"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Palla&#x017F;t Giu&#x017F;tiniani.</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Achtes Zimmer.</hi> </hi> </head><lb/>
          <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Die heil. Ca&#x0364;cilia</hi> von <hi rendition="#fr">Carravaggio.</hi> Ein<lb/>
Gema&#x0364;hlde voller Wahrheit. Aber der Charakter<lb/>
der Heiligen erhebt &#x017F;ich nicht u&#x0364;ber den einer ge-<lb/>
meinen Zither&#x017F;pielerin. Die Copie i&#x017F;t im Palla&#x017F;t<lb/>
Barberini.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#fr">Chri&#x017F;t und das Canana&#x0364;i&#x017F;che Weib,</hi> man<lb/>
&#x017F;agt, von <hi rendition="#fr">Albano.</hi></p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Neuntes Zimmer oder Zimmer mit<lb/>
der Va&#x017F;e.</hi> </head><lb/>
          <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Der Bethlehemiti&#x017F;che Kindermord</hi> von<note place="right">Der Bethle-<lb/>
hemiti&#x017F;che<lb/>
Kindermord<lb/>
von Pou&#x017F;&#x017F;in.</note><lb/><hi rendition="#fr">Pou&#x017F;&#x017F;in.</hi> So viel Aufhebens als viele Kenner von<lb/>
der Scho&#x0364;nheit der Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung die&#x017F;es Bildes ma-<lb/>
chen, &#x017F;cheint &#x017F;ie mir nicht zu verdienen. Freilich i&#x017F;t<lb/>
die Weisheit zu loben, mit der uns der Ku&#x0364;n&#x017F;tler nur<lb/>
einen Theil einer Scene des Schreckens vor Augen<lb/>
gelegt hat, welche die Einbildungskraft &#x017F;o vieler<lb/>
Mahler bis zum Ekel auszudehnen, und unter ver-<lb/>
&#x017F;chiedenen Ge&#x017F;talten zu vervielfa&#x0364;ltigen gewußt hat.<lb/>
Hier hat ein Henker &#x017F;chon dem kleinen unglu&#x0364;cklichen<lb/>
Opfer &#x017F;einer Wuth, das vor ihm zur Erde ge&#x017F;treckt<lb/>
liegt, einen Stich in die Seite gegeben, er &#x017F;etzt ihm<lb/>
den Fuß auf die Bru&#x017F;t, es zu erdru&#x0364;cken, und holt<lb/>
mit dem Arm einen neuen Streich aus, der ihm<lb/>
vollends den Re&#x017F;t geben &#x017F;oll. Die verzweifelnde<lb/>
Mutter nimmt ihre Zuflucht zum Flehen, indem &#x017F;ie<lb/>
zu gleicher Zeit alle ihre Sta&#x0364;rke zu&#x017F;ammenrafft, um<lb/>
die&#x017F;e letzte ihrer Hoffnungen zu retten. Sie liegt zu<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">C 5</fw><fw place="bottom" type="catch">des</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0065] Pallaſt Giuſtiniani. Achtes Zimmer. † Die heil. Caͤcilia von Carravaggio. Ein Gemaͤhlde voller Wahrheit. Aber der Charakter der Heiligen erhebt ſich nicht uͤber den einer ge- meinen Zitherſpielerin. Die Copie iſt im Pallaſt Barberini. Chriſt und das Cananaͤiſche Weib, man ſagt, von Albano. Neuntes Zimmer oder Zimmer mit der Vaſe. † Der Bethlehemitiſche Kindermord von Pouſſin. So viel Aufhebens als viele Kenner von der Schoͤnheit der Zuſammenſetzung dieſes Bildes ma- chen, ſcheint ſie mir nicht zu verdienen. Freilich iſt die Weisheit zu loben, mit der uns der Kuͤnſtler nur einen Theil einer Scene des Schreckens vor Augen gelegt hat, welche die Einbildungskraft ſo vieler Mahler bis zum Ekel auszudehnen, und unter ver- ſchiedenen Geſtalten zu vervielfaͤltigen gewußt hat. Hier hat ein Henker ſchon dem kleinen ungluͤcklichen Opfer ſeiner Wuth, das vor ihm zur Erde geſtreckt liegt, einen Stich in die Seite gegeben, er ſetzt ihm den Fuß auf die Bruſt, es zu erdruͤcken, und holt mit dem Arm einen neuen Streich aus, der ihm vollends den Reſt geben ſoll. Die verzweifelnde Mutter nimmt ihre Zuflucht zum Flehen, indem ſie zu gleicher Zeit alle ihre Staͤrke zuſammenrafft, um dieſe letzte ihrer Hoffnungen zu retten. Sie liegt zu des Der Bethle- hemitiſche Kindermord von Pouſſin. C 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/65
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/65>, abgerufen am 19.11.2024.