Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Pallast Giustiniani.
kommenen Form des Körpers ankämpfen müssen,
als daß man ihnen den Streit durch die Nachbildung
cenventioneller Beiwerke noch erschweren sollte.

Das schöne Bildniß wird immer verständlich
bleiben, wenn es nur in der Hauptsache, im Aus-
druck des individuellen Charakters des vorgestellten
Helden in Formen, Mine und Stellung des Kör-
pers, ähnlich bleibt: Hingegen das was durch gar
zu große Treue schlecht geworden ist, wandert auf
der Trödelbude nach dem Absterben der nächsten
Verwandten, oder man geht, wenn es als öffent-
liches Monument aufgestellt wird, ohne aufzublicken
vorüber.

Die Gefahr die mit der treuen Uebereinstimmung
des Dichters und des bildenden Künstlers zum Nach-
theil beider verbunden ist, hat ein scharfsinniger
Kunstrichter vor mir zu gut und ausführlich ausein-
ander gesetzt, 2) als daß ich mich lange dabei auf-
halten sollte. Ich kann hier nicht übergehen, was
noch ein anderer Philosoph nach ihm und wie mich
dünkt, nicht minder wahr gesagt hat. 3)

"Die schwerste und fast unmögliche Verbindung
"der Künste ist, wenn Künste, welche Schönheiten
"in einer Folge neben einander vorstellen, mit Kün-
"sten, welche Schönheiten auf einander folgend vor-
"stellen, vereinigt werden sollen.

Ich
2) Lessing im Laokoon.
3) Mendelsohn über die Hauptgrundsätze der schönen
Künste und Wissenschaften.

Pallaſt Giuſtiniani.
kommenen Form des Koͤrpers ankaͤmpfen muͤſſen,
als daß man ihnen den Streit durch die Nachbildung
cenventioneller Beiwerke noch erſchweren ſollte.

Das ſchoͤne Bildniß wird immer verſtaͤndlich
bleiben, wenn es nur in der Hauptſache, im Aus-
druck des individuellen Charakters des vorgeſtellten
Helden in Formen, Mine und Stellung des Koͤr-
pers, aͤhnlich bleibt: Hingegen das was durch gar
zu große Treue ſchlecht geworden iſt, wandert auf
der Troͤdelbude nach dem Abſterben der naͤchſten
Verwandten, oder man geht, wenn es als oͤffent-
liches Monument aufgeſtellt wird, ohne aufzublicken
voruͤber.

Die Gefahr die mit der treuen Uebereinſtimmung
des Dichters und des bildenden Kuͤnſtlers zum Nach-
theil beider verbunden iſt, hat ein ſcharfſinniger
Kunſtrichter vor mir zu gut und ausfuͤhrlich ausein-
ander geſetzt, 2) als daß ich mich lange dabei auf-
halten ſollte. Ich kann hier nicht uͤbergehen, was
noch ein anderer Philoſoph nach ihm und wie mich
duͤnkt, nicht minder wahr geſagt hat. 3)

„Die ſchwerſte und faſt unmoͤgliche Verbindung
„der Kuͤnſte iſt, wenn Kuͤnſte, welche Schoͤnheiten
„in einer Folge neben einander vorſtellen, mit Kuͤn-
„ſten, welche Schoͤnheiten auf einander folgend vor-
„ſtellen, vereinigt werden ſollen.

Ich
2) Leſſing im Laokoon.
3) Mendelſohn uͤber die Hauptgrundſaͤtze der ſchoͤnen
Kuͤnſte und Wiſſenſchaften.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="24"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Palla&#x017F;t Giu&#x017F;tiniani.</hi></fw><lb/>
kommenen Form des Ko&#x0364;rpers anka&#x0364;mpfen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
als daß man ihnen den Streit durch die Nachbildung<lb/>
cenventioneller Beiwerke noch er&#x017F;chweren &#x017F;ollte.</p><lb/>
        <p>Das &#x017F;cho&#x0364;ne Bildniß wird immer ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich<lb/>
bleiben, wenn es nur in der Haupt&#x017F;ache, im Aus-<lb/>
druck des individuellen Charakters des vorge&#x017F;tellten<lb/>
Helden in Formen, Mine und Stellung des Ko&#x0364;r-<lb/>
pers, a&#x0364;hnlich bleibt: Hingegen das was durch gar<lb/>
zu große Treue &#x017F;chlecht geworden i&#x017F;t, wandert auf<lb/>
der Tro&#x0364;delbude nach dem Ab&#x017F;terben der na&#x0364;ch&#x017F;ten<lb/>
Verwandten, oder man geht, wenn es als o&#x0364;ffent-<lb/>
liches Monument aufge&#x017F;tellt wird, ohne aufzublicken<lb/>
voru&#x0364;ber.</p><lb/>
        <p>Die Gefahr die mit der treuen Ueberein&#x017F;timmung<lb/>
des Dichters und des bildenden Ku&#x0364;n&#x017F;tlers zum Nach-<lb/>
theil beider verbunden i&#x017F;t, hat ein &#x017F;charf&#x017F;inniger<lb/>
Kun&#x017F;trichter vor mir zu gut und ausfu&#x0364;hrlich ausein-<lb/>
ander ge&#x017F;etzt, <note place="foot" n="2)">Le&#x017F;&#x017F;ing im Laokoon.</note> als daß ich mich lange dabei auf-<lb/>
halten &#x017F;ollte. Ich kann hier nicht u&#x0364;bergehen, was<lb/>
noch ein anderer Philo&#x017F;oph nach ihm und wie mich<lb/>
du&#x0364;nkt, nicht minder wahr ge&#x017F;agt hat. <note place="foot" n="3)">Mendel&#x017F;ohn u&#x0364;ber die Hauptgrund&#x017F;a&#x0364;tze der &#x017F;cho&#x0364;nen<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;te und Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften.</note></p><lb/>
        <p>&#x201E;Die &#x017F;chwer&#x017F;te und fa&#x017F;t unmo&#x0364;gliche Verbindung<lb/>
&#x201E;der Ku&#x0364;n&#x017F;te i&#x017F;t, wenn Ku&#x0364;n&#x017F;te, welche Scho&#x0364;nheiten<lb/>
&#x201E;in einer Folge neben einander vor&#x017F;tellen, mit Ku&#x0364;n-<lb/>
&#x201E;&#x017F;ten, welche Scho&#x0364;nheiten auf einander folgend vor-<lb/>
&#x201E;&#x017F;tellen, vereinigt werden &#x017F;ollen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Ich</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[24/0048] Pallaſt Giuſtiniani. kommenen Form des Koͤrpers ankaͤmpfen muͤſſen, als daß man ihnen den Streit durch die Nachbildung cenventioneller Beiwerke noch erſchweren ſollte. Das ſchoͤne Bildniß wird immer verſtaͤndlich bleiben, wenn es nur in der Hauptſache, im Aus- druck des individuellen Charakters des vorgeſtellten Helden in Formen, Mine und Stellung des Koͤr- pers, aͤhnlich bleibt: Hingegen das was durch gar zu große Treue ſchlecht geworden iſt, wandert auf der Troͤdelbude nach dem Abſterben der naͤchſten Verwandten, oder man geht, wenn es als oͤffent- liches Monument aufgeſtellt wird, ohne aufzublicken voruͤber. Die Gefahr die mit der treuen Uebereinſtimmung des Dichters und des bildenden Kuͤnſtlers zum Nach- theil beider verbunden iſt, hat ein ſcharfſinniger Kunſtrichter vor mir zu gut und ausfuͤhrlich ausein- ander geſetzt, 2) als daß ich mich lange dabei auf- halten ſollte. Ich kann hier nicht uͤbergehen, was noch ein anderer Philoſoph nach ihm und wie mich duͤnkt, nicht minder wahr geſagt hat. 3) „Die ſchwerſte und faſt unmoͤgliche Verbindung „der Kuͤnſte iſt, wenn Kuͤnſte, welche Schoͤnheiten „in einer Folge neben einander vorſtellen, mit Kuͤn- „ſten, welche Schoͤnheiten auf einander folgend vor- „ſtellen, vereinigt werden ſollen. Ich 2) Leſſing im Laokoon. 3) Mendelſohn uͤber die Hauptgrundſaͤtze der ſchoͤnen Kuͤnſte und Wiſſenſchaften.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/48
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 24. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/48>, abgerufen am 25.11.2024.