ter als an jener. Man sieht hier Flüsse, die in per- pendiculairer Richtung an den Figuren hinauf lau- fen. Verschanzungen, Mauern, welche die Men- schen von Kopf bis zu Fuß mit einem Zirkel umschlies- sen, und worin diese wie Vögel in einem Reife ste- hen u. s. w. Schön gedachte Stellungen, Köpfe, Gewänder, Juncturen, kurz! der Stil der Alten, ziehen immer noch unsere Aufmerksamkeit auf sich.
Sonderbar ist die Idee des Jupiter Pluvialis, wie man ihn nennt.
Die Römer litten von der Dürre, und vom Durst, dessen Folge. Die Quadi hielten sie einge- schlossen. Es erfolgte ein Gewitter. Blitz, Hagel und Schloßen fielen auf die Quadi und zerstreueten diese. Die Römer erhielten Labung, den gewünsch- ten Regen. Diese Begebenheit ist auf folgende Art allegorisch vorgestellt. Ein geflügelter Genius, dem Wasser vom Kopfe, Augenbraunen, Bart, und von dem übrigen Theile des Körpers auf halben Leib herabströmt, hebt die Rechte gegen die Römer auf, von der der sparsamere Regen sanft herabtreufelt, den die Soldaten in aufwärts gehaltene Schilde aufsam- meln; die Linke läßt der Genius auf ihre Feinde schwer herabsinken, und hier stürzet alles zu Boden. Zur Nachahmung will ich die Vorstellung eben nicht anrathen, wenigstens nicht als Vorwurf der schönen Sculptur.
Bild-
Ueber einige Kunſtwerke
ter als an jener. Man ſieht hier Fluͤſſe, die in per- pendiculairer Richtung an den Figuren hinauf lau- fen. Verſchanzungen, Mauern, welche die Men- ſchen von Kopf bis zu Fuß mit einem Zirkel umſchlieſ- ſen, und worin dieſe wie Voͤgel in einem Reife ſte- hen u. ſ. w. Schoͤn gedachte Stellungen, Koͤpfe, Gewaͤnder, Juncturen, kurz! der Stil der Alten, ziehen immer noch unſere Aufmerkſamkeit auf ſich.
Sonderbar iſt die Idee des Jupiter Pluvialis, wie man ihn nennt.
Die Roͤmer litten von der Duͤrre, und vom Durſt, deſſen Folge. Die Quadi hielten ſie einge- ſchloſſen. Es erfolgte ein Gewitter. Blitz, Hagel und Schloßen fielen auf die Quadi und zerſtreueten dieſe. Die Roͤmer erhielten Labung, den gewuͤnſch- ten Regen. Dieſe Begebenheit iſt auf folgende Art allegoriſch vorgeſtellt. Ein gefluͤgelter Genius, dem Waſſer vom Kopfe, Augenbraunen, Bart, und von dem uͤbrigen Theile des Koͤrpers auf halben Leib herabſtroͤmt, hebt die Rechte gegen die Roͤmer auf, von der der ſparſamere Regen ſanft herabtreufelt, den die Soldaten in aufwaͤrts gehaltene Schilde aufſam- meln; die Linke laͤßt der Genius auf ihre Feinde ſchwer herabſinken, und hier ſtuͤrzet alles zu Boden. Zur Nachahmung will ich die Vorſtellung eben nicht anrathen, wenigſtens nicht als Vorwurf der ſchoͤnen Sculptur.
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Ueber einige Kunſtwerke
ter als an jener. Man ſieht hier Fluͤſſe, die in per-
pendiculairer Richtung an den Figuren hinauf lau-
fen. Verſchanzungen, Mauern, welche die Men-
ſchen von Kopf bis zu Fuß mit einem Zirkel umſchlieſ-
ſen, und worin dieſe wie Voͤgel in einem Reife ſte-
hen u. ſ. w. Schoͤn gedachte Stellungen, Koͤpfe,
Gewaͤnder, Juncturen, kurz! der Stil der Alten,
ziehen immer noch unſere Aufmerkſamkeit auf ſich.
Sonderbar iſt die Idee des Jupiter Pluvialis,
wie man ihn nennt.
Die Roͤmer litten von der Duͤrre, und vom
Durſt, deſſen Folge. Die Quadi hielten ſie einge-
ſchloſſen. Es erfolgte ein Gewitter. Blitz, Hagel
und Schloßen fielen auf die Quadi und zerſtreueten
dieſe. Die Roͤmer erhielten Labung, den gewuͤnſch-
ten Regen. Dieſe Begebenheit iſt auf folgende Art
allegoriſch vorgeſtellt. Ein gefluͤgelter Genius, dem
Waſſer vom Kopfe, Augenbraunen, Bart, und
von dem uͤbrigen Theile des Koͤrpers auf halben Leib
herabſtroͤmt, hebt die Rechte gegen die Roͤmer auf,
von der der ſparſamere Regen ſanft herabtreufelt, den
die Soldaten in aufwaͤrts gehaltene Schilde aufſam-
meln; die Linke laͤßt der Genius auf ihre Feinde
ſchwer herabſinken, und hier ſtuͤrzet alles zu Boden.
Zur Nachahmung will ich die Vorſtellung eben nicht
anrathen, wenigſtens nicht als Vorwurf der ſchoͤnen
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/388>, abgerufen am 28.07.2024.
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