Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite
über die einzelnen Kirchen.

Daß ich sogleich das Hauptverdienst unsers Ra-
phaels, den dramatischen Ausdruck, in diesem Ge-
mählde wie in jedem seiner übrigen aufsuche! Und
um dies besser zu können, daß ich die obere Partie
von der unteren trenne!

Raphael ist bei der Darstellung der Verklärung
Christi den Nachrichten gefolgt, die uns der Evan-
gelist Lucas 87) von dieser Begebenheit liefert: "Pe-
"trus aber und die mit ihm waren, (Johannes und
"Jacobus) waren voll Schlafs. Da sie aber auf-
"wachten, sahen sie seine (nämlich Christi) Klarheit
"und die zween Männer (den Moses und Elias) bei
"ihm stehen." Dies ist der Zeitpunkt, den der
Künstler aus dieser Begebenheit herausgehoben hat. 88)

Christus schwebt gen Himmel: Seine Hände sind
mit dem Ausdruck der dankbarsten Verehrung für
dies bestätigende Zeugniß seiner göttlichen Sendung
in die Höhe gerichtet. Eine Glorie umgiebt ihn. Zu
seinen Seiten, aber etwas niedriger und kleiner an

Statur,
87) Lucas Cap. 9. V. 32.
88) Ganz falsch nimmt Richardson den Augenblick an,
wo die Apostel eine Stimme aus der Wolke ver-
nahmen, welche sie überschattete. Der Beweis
davon liegt am Tage. Damals waren Moses und
Elias, wie der Evangelist ausdrücklich sagt, schon
wieder verschwunden. Anderer Gründe, der Ab-
wesenheit der Wolke, des Ausdrucks des Erwa-
chens in den Aposteln nicht zu gedenken. Richard-
sons Raisonnements, die auf diese falsche Suppo-
sition gebauet sind, fallen also von selbst weg.
S. Description des plus fameux tableaux etc.
p.
617.
X 3
uͤber die einzelnen Kirchen.

Daß ich ſogleich das Hauptverdienſt unſers Ra-
phaels, den dramatiſchen Ausdruck, in dieſem Ge-
maͤhlde wie in jedem ſeiner uͤbrigen aufſuche! Und
um dies beſſer zu koͤnnen, daß ich die obere Partie
von der unteren trenne!

Raphael iſt bei der Darſtellung der Verklaͤrung
Chriſti den Nachrichten gefolgt, die uns der Evan-
geliſt Lucas 87) von dieſer Begebenheit liefert: „Pe-
„trus aber und die mit ihm waren, (Johannes und
„Jacobus) waren voll Schlafs. Da ſie aber auf-
„wachten, ſahen ſie ſeine (naͤmlich Chriſti) Klarheit
„und die zween Maͤnner (den Moſes und Elias) bei
„ihm ſtehen.“ Dies iſt der Zeitpunkt, den der
Kuͤnſtler aus dieſer Begebenheit herausgehoben hat. 88)

Chriſtus ſchwebt gen Himmel: Seine Haͤnde ſind
mit dem Ausdruck der dankbarſten Verehrung fuͤr
dies beſtaͤtigende Zeugniß ſeiner goͤttlichen Sendung
in die Hoͤhe gerichtet. Eine Glorie umgiebt ihn. Zu
ſeinen Seiten, aber etwas niedriger und kleiner an

Statur,
87) Lucas Cap. 9. V. 32.
88) Ganz falſch nimmt Richardſon den Augenblick an,
wo die Apoſtel eine Stimme aus der Wolke ver-
nahmen, welche ſie uͤberſchattete. Der Beweis
davon liegt am Tage. Damals waren Moſes und
Elias, wie der Evangeliſt ausdruͤcklich ſagt, ſchon
wieder verſchwunden. Anderer Gruͤnde, der Ab-
weſenheit der Wolke, des Ausdrucks des Erwa-
chens in den Apoſteln nicht zu gedenken. Richard-
ſons Raiſonnements, die auf dieſe falſche Suppo-
ſition gebauet ſind, fallen alſo von ſelbſt weg.
S. Deſcription des plus fameux tableaux etc.
p.
617.
X 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0349" n="325"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">u&#x0364;ber die einzelnen Kirchen.</hi> </fw><lb/>
            <p>Daß ich &#x017F;ogleich das Hauptverdien&#x017F;t un&#x017F;ers Ra-<lb/>
phaels, den dramati&#x017F;chen Ausdruck, in die&#x017F;em Ge-<lb/>
ma&#x0364;hlde wie in jedem &#x017F;einer u&#x0364;brigen auf&#x017F;uche! Und<lb/>
um dies be&#x017F;&#x017F;er zu ko&#x0364;nnen, daß ich die obere Partie<lb/>
von der unteren trenne!</p><lb/>
            <p>Raphael i&#x017F;t bei der Dar&#x017F;tellung der Verkla&#x0364;rung<lb/>
Chri&#x017F;ti den Nachrichten gefolgt, die uns der Evan-<lb/>
geli&#x017F;t Lucas <note place="foot" n="87)">Lucas Cap. 9. V. 32.</note> von die&#x017F;er Begebenheit liefert: &#x201E;Pe-<lb/>
&#x201E;trus aber und die mit ihm waren, (Johannes und<lb/>
&#x201E;Jacobus) waren voll Schlafs. Da &#x017F;ie aber auf-<lb/>
&#x201E;wachten, &#x017F;ahen &#x017F;ie &#x017F;eine (na&#x0364;mlich Chri&#x017F;ti) Klarheit<lb/>
&#x201E;und die zween Ma&#x0364;nner (den Mo&#x017F;es und Elias) bei<lb/>
&#x201E;ihm &#x017F;tehen.&#x201C; Dies i&#x017F;t der Zeitpunkt, den der<lb/>
Ku&#x0364;n&#x017F;tler aus die&#x017F;er Begebenheit herausgehoben hat. <note place="foot" n="88)">Ganz fal&#x017F;ch nimmt Richard&#x017F;on den Augenblick an,<lb/>
wo die Apo&#x017F;tel eine Stimme aus der Wolke ver-<lb/>
nahmen, welche &#x017F;ie u&#x0364;ber&#x017F;chattete. Der Beweis<lb/>
davon liegt am Tage. Damals waren Mo&#x017F;es und<lb/>
Elias, wie der Evangeli&#x017F;t ausdru&#x0364;cklich &#x017F;agt, &#x017F;chon<lb/>
wieder ver&#x017F;chwunden. Anderer Gru&#x0364;nde, der Ab-<lb/>
we&#x017F;enheit der Wolke, des Ausdrucks des Erwa-<lb/>
chens in den Apo&#x017F;teln nicht zu gedenken. Richard-<lb/>
&#x017F;ons Rai&#x017F;onnements, die auf die&#x017F;e fal&#x017F;che Suppo-<lb/>
&#x017F;ition gebauet &#x017F;ind, fallen al&#x017F;o von &#x017F;elb&#x017F;t weg.<lb/>
S. <hi rendition="#aq">De&#x017F;cription des plus fameux tableaux etc.<lb/>
p.</hi> 617.</note></p><lb/>
            <p>Chri&#x017F;tus &#x017F;chwebt gen Himmel: Seine Ha&#x0364;nde &#x017F;ind<lb/>
mit dem Ausdruck der dankbar&#x017F;ten Verehrung fu&#x0364;r<lb/>
dies be&#x017F;ta&#x0364;tigende Zeugniß &#x017F;einer go&#x0364;ttlichen Sendung<lb/>
in die Ho&#x0364;he gerichtet. Eine Glorie umgiebt ihn. Zu<lb/>
&#x017F;einen Seiten, aber etwas niedriger und kleiner an<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">X 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Statur,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[325/0349] uͤber die einzelnen Kirchen. Daß ich ſogleich das Hauptverdienſt unſers Ra- phaels, den dramatiſchen Ausdruck, in dieſem Ge- maͤhlde wie in jedem ſeiner uͤbrigen aufſuche! Und um dies beſſer zu koͤnnen, daß ich die obere Partie von der unteren trenne! Raphael iſt bei der Darſtellung der Verklaͤrung Chriſti den Nachrichten gefolgt, die uns der Evan- geliſt Lucas 87) von dieſer Begebenheit liefert: „Pe- „trus aber und die mit ihm waren, (Johannes und „Jacobus) waren voll Schlafs. Da ſie aber auf- „wachten, ſahen ſie ſeine (naͤmlich Chriſti) Klarheit „und die zween Maͤnner (den Moſes und Elias) bei „ihm ſtehen.“ Dies iſt der Zeitpunkt, den der Kuͤnſtler aus dieſer Begebenheit herausgehoben hat. 88) Chriſtus ſchwebt gen Himmel: Seine Haͤnde ſind mit dem Ausdruck der dankbarſten Verehrung fuͤr dies beſtaͤtigende Zeugniß ſeiner goͤttlichen Sendung in die Hoͤhe gerichtet. Eine Glorie umgiebt ihn. Zu ſeinen Seiten, aber etwas niedriger und kleiner an Statur, 87) Lucas Cap. 9. V. 32. 88) Ganz falſch nimmt Richardſon den Augenblick an, wo die Apoſtel eine Stimme aus der Wolke ver- nahmen, welche ſie uͤberſchattete. Der Beweis davon liegt am Tage. Damals waren Moſes und Elias, wie der Evangeliſt ausdruͤcklich ſagt, ſchon wieder verſchwunden. Anderer Gruͤnde, der Ab- weſenheit der Wolke, des Ausdrucks des Erwa- chens in den Apoſteln nicht zu gedenken. Richard- ſons Raiſonnements, die auf dieſe falſche Suppo- ſition gebauet ſind, fallen alſo von ſelbſt weg. S. Deſcription des plus fameux tableaux etc. p. 617. X 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/349
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/349>, abgerufen am 25.11.2024.