beitet; aber der erstere werde dereinst ein größerer Meister als der letzte werden.
Dieser Ausspruch scheint mir viel Wahres zu enthalten. Domenichino hatte noch nicht seine ganze Stärke, als er mit Guido Reni wetteiferte. An- ordnung, Helldunkles und Perspektiv, kurz! alle Theile, welche zur mahlerischen Erfindung einer grös- seren Composition gehören, und Ueberlegung, Wis- senschaft voraussetzen, sind hier weniger gut, als in dem Bilde seines Nebenbuhlers. Hingegen über- trifft er diesen an Richtigkeit der Zeichnung, vorzüg- lich in den Extremitäten, und an Wahrheit des Co- lorits. Wenn ich die einzelne Figur des Heiligen in dem Bilde des Guido ausnehme; so leidet es keinen Zweifel, daß Domenichino auch an Wahrheit des Ausdrucks jenem überlegen ist.
Man sieht hier einige Mahlereien in einerlei Farbe, welche viele dem Domenichino beilegen.
St. Petrus und Paulus zu beiden Seiten des Altars, sind von Guido Reni.
In der Sacristei ein schlechtes Gemählde von Federico Zuccari.
KircheS. Grisogono.49)
Die Assumption des Schutzpatrons dieser Kirche von Guercino an der Decke, ist eine schlechte Composition. Form und Ausdruck sind schlecht ge- wählt. Die Lichter sind zerstreuet, die Schatten haben nachgeschwärzt; der Grund ist zu blau, die Farbe übrigens kräftig.
Man
49) Hr. D. Volkmann S. 756. Titi S. 56.
Anmerkungen
beitet; aber der erſtere werde dereinſt ein groͤßerer Meiſter als der letzte werden.
Dieſer Ausſpruch ſcheint mir viel Wahres zu enthalten. Domenichino hatte noch nicht ſeine ganze Staͤrke, als er mit Guido Reni wetteiferte. An- ordnung, Helldunkles und Perſpektiv, kurz! alle Theile, welche zur mahleriſchen Erfindung einer groͤſ- ſeren Compoſition gehoͤren, und Ueberlegung, Wiſ- ſenſchaft vorausſetzen, ſind hier weniger gut, als in dem Bilde ſeines Nebenbuhlers. Hingegen uͤber- trifft er dieſen an Richtigkeit der Zeichnung, vorzuͤg- lich in den Extremitaͤten, und an Wahrheit des Co- lorits. Wenn ich die einzelne Figur des Heiligen in dem Bilde des Guido ausnehme; ſo leidet es keinen Zweifel, daß Domenichino auch an Wahrheit des Ausdrucks jenem uͤberlegen iſt.
Man ſieht hier einige Mahlereien in einerlei Farbe, welche viele dem Domenichino beilegen.
St. Petrus und Paulus zu beiden Seiten des Altars, ſind von Guido Reni.
In der Sacriſtei ein ſchlechtes Gemaͤhlde von Federico Zuccari.
KircheS. Griſogono.49)
Die Aſſumption des Schutzpatrons dieſer Kirche von Guercino an der Decke, iſt eine ſchlechte Compoſition. Form und Ausdruck ſind ſchlecht ge- waͤhlt. Die Lichter ſind zerſtreuet, die Schatten haben nachgeſchwaͤrzt; der Grund iſt zu blau, die Farbe uͤbrigens kraͤftig.
Man
49) Hr. D. Volkmann S. 756. Titi S. 56.
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Anmerkungen
beitet; aber der erſtere werde dereinſt ein groͤßerer
Meiſter als der letzte werden.
Dieſer Ausſpruch ſcheint mir viel Wahres zu
enthalten. Domenichino hatte noch nicht ſeine ganze
Staͤrke, als er mit Guido Reni wetteiferte. An-
ordnung, Helldunkles und Perſpektiv, kurz! alle
Theile, welche zur mahleriſchen Erfindung einer groͤſ-
ſeren Compoſition gehoͤren, und Ueberlegung, Wiſ-
ſenſchaft vorausſetzen, ſind hier weniger gut, als in
dem Bilde ſeines Nebenbuhlers. Hingegen uͤber-
trifft er dieſen an Richtigkeit der Zeichnung, vorzuͤg-
lich in den Extremitaͤten, und an Wahrheit des Co-
lorits. Wenn ich die einzelne Figur des Heiligen in
dem Bilde des Guido ausnehme; ſo leidet es keinen
Zweifel, daß Domenichino auch an Wahrheit des
Ausdrucks jenem uͤberlegen iſt.
Man ſieht hier einige Mahlereien in einerlei
Farbe, welche viele dem Domenichino beilegen.
St. Petrus und Paulus zu beiden Seiten
des Altars, ſind von Guido Reni.
In der Sacriſtei ein ſchlechtes Gemaͤhlde von
Federico Zuccari.
Kirche S. Griſogono. 49)
Die Aſſumption des Schutzpatrons dieſer
Kirche von Guercino an der Decke, iſt eine ſchlechte
Compoſition. Form und Ausdruck ſind ſchlecht ge-
waͤhlt. Die Lichter ſind zerſtreuet, die Schatten
haben nachgeſchwaͤrzt; der Grund iſt zu blau, die
Farbe uͤbrigens kraͤftig.
Man
49) Hr. D. Volkmann S. 756. Titi S. 56.
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/312>, abgerufen am 23.02.2025.
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