von Cornaccini: beide mittelmäßig. Die Statue des Bernini gleicht einem Theatergott, der auf einer Maschine durch die Lüfte fahren will, und sich fürch- tet, daß das Seil zerreisse.
Inwendig in der Kirche.
Nicht weit vom Eingange, vier Kinder von weißem Marmor, welche Gefäße von gelben Marmor halten, worin Weihwasser aufbehalten wird. Die Kinder sind so aufgebla- sen schwülstig, daß man sie für wassersüchtig halten sollte. Die Gefäße haben die Form von Muscheln. Der Geschmack, der darin herrscht, scheint mir zu willkührlich.
In den Nischen der Pilaster des Schiffs und des Kreuzganges: Statuen der Stifter verschiedener geistlichen Orden, von weißem Marmor. Die mehresten sind unter aller Kritik. St. Domenico von le Gros, und St. Bruno von Slodz, verdienen vielleicht allein eine Ausnah- me von diesem Urtheil. Der erste hat einen guten Kopf, ob gleich nicht von edlem Charakter. Die Stellung ist immer noch zu gezwungen, weil der Künstler die Regel des Contraposto ohne Ueberlegung angewandt hat; das gewaltsame Vor- und Zurück- strecken der Glieder ohne sichtbare Veranlassung zur Bewegung, wird, vorzüglich bei einzelnen Figuren, immer eine Thorheit bleiben. Das Nackende scheint richtig, aber hart und eckig gezeichnet zu seyn. Man vermißt in dem Spiele der Muskeln das Fließende, die feinen und zarten Uebergänge, die man selbst in den colossalischen Figuren der Alten bewundert. Der
Falten-
Anmerkungen
von Cornaccini: beide mittelmaͤßig. Die Statue des Bernini gleicht einem Theatergott, der auf einer Maſchine durch die Luͤfte fahren will, und ſich fuͤrch- tet, daß das Seil zerreiſſe.
Inwendig in der Kirche.
Nicht weit vom Eingange, vier Kinder von weißem Marmor, welche Gefaͤße von gelben Marmor halten, worin Weihwaſſer aufbehalten wird. Die Kinder ſind ſo aufgebla- ſen ſchwuͤlſtig, daß man ſie fuͤr waſſerſuͤchtig halten ſollte. Die Gefaͤße haben die Form von Muſcheln. Der Geſchmack, der darin herrſcht, ſcheint mir zu willkuͤhrlich.
In den Niſchen der Pilaſter des Schiffs und des Kreuzganges: Statuen der Stifter verſchiedener geiſtlichen Orden, von weißem Marmor. Die mehreſten ſind unter aller Kritik. St. Domenico von le Gros, und St. Bruno von Slodz, verdienen vielleicht allein eine Ausnah- me von dieſem Urtheil. Der erſte hat einen guten Kopf, ob gleich nicht von edlem Charakter. Die Stellung iſt immer noch zu gezwungen, weil der Kuͤnſtler die Regel des Contrapoſto ohne Ueberlegung angewandt hat; das gewaltſame Vor- und Zuruͤck- ſtrecken der Glieder ohne ſichtbare Veranlaſſung zur Bewegung, wird, vorzuͤglich bei einzelnen Figuren, immer eine Thorheit bleiben. Das Nackende ſcheint richtig, aber hart und eckig gezeichnet zu ſeyn. Man vermißt in dem Spiele der Muskeln das Fließende, die feinen und zarten Uebergaͤnge, die man ſelbſt in den coloſſaliſchen Figuren der Alten bewundert. Der
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Anmerkungen
von Cornaccini: beide mittelmaͤßig. Die Statue
des Bernini gleicht einem Theatergott, der auf einer
Maſchine durch die Luͤfte fahren will, und ſich fuͤrch-
tet, daß das Seil zerreiſſe.
Inwendig in der Kirche.
Nicht weit vom Eingange, vier Kinder
von weißem Marmor, welche Gefaͤße von
gelben Marmor halten, worin Weihwaſſer
aufbehalten wird. Die Kinder ſind ſo aufgebla-
ſen ſchwuͤlſtig, daß man ſie fuͤr waſſerſuͤchtig halten
ſollte. Die Gefaͤße haben die Form von Muſcheln.
Der Geſchmack, der darin herrſcht, ſcheint mir zu
willkuͤhrlich.
In den Niſchen der Pilaſter des Schiffs
und des Kreuzganges: Statuen der Stifter
verſchiedener geiſtlichen Orden, von weißem
Marmor. Die mehreſten ſind unter aller Kritik.
St. Domenico von le Gros, und St. Bruno
von Slodz, verdienen vielleicht allein eine Ausnah-
me von dieſem Urtheil. Der erſte hat einen guten
Kopf, ob gleich nicht von edlem Charakter. Die
Stellung iſt immer noch zu gezwungen, weil der
Kuͤnſtler die Regel des Contrapoſto ohne Ueberlegung
angewandt hat; das gewaltſame Vor- und Zuruͤck-
ſtrecken der Glieder ohne ſichtbare Veranlaſſung zur
Bewegung, wird, vorzuͤglich bei einzelnen Figuren,
immer eine Thorheit bleiben. Das Nackende ſcheint
richtig, aber hart und eckig gezeichnet zu ſeyn. Man
vermißt in dem Spiele der Muskeln das Fließende,
die feinen und zarten Uebergaͤnge, die man ſelbſt in
den coloſſaliſchen Figuren der Alten bewundert. Der
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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/248>, abgerufen am 23.02.2025.
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