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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787.

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Anmerkungen
genschaft auszeichnen, die der Eigenschaft, die ich be-
zeichnen will, völlig ähnlich ist. Z. E. das Lamm,
Bild der Sanftmuth, der Adler, Bild des Scharf-
sinns, der Löwe, Bild der Stärke u. s. w. Die
allergewöhnlichsten Erfahrungen leiten auf die Aehn-
lichkeit, auf den Grund des Verhältnisses, den ich
mir sichtbar nicht erklären würde.

Aus dieser Bemerkung sind, wie ich glaube, jene
allegorischen Bilder entstanden, welche unter mensch-
lichen Figuren die Abstrakta gewisser Tugenden oder
moralischer Vollkommenheiten darstellen, und blos
in dieser Rücksicht können sie für deutlich, mithin für
gut gehalten werden. Man hat nämlich bemerkt,
daß eine hervorstechende Eigenschaft der Seele, die
Fertigkeit nach gewissen Regeln übereinstimmend zu
handeln, auf die Formen des Körpers einen solchen
dauernden Eindruck mache, daß man sich auf gewisse
Weise berechtigt halten könne, in allen Fällen, wo
man dieselbe Form antrifft, auf einen ähnlichen
Hauptzug im Charakter zu schließen. Diese Form
hat man nach den einzelnen Erfahrungen zu einem
Architypus, zu einem Modell aller ähnlichen Cha-
rakterbezeichnungen verstärkt, und daraus sind nun
unsere Sanftmuth, Glaube, Gerechtigkeit, und wie
die übrigen Abstrakta alle heißen mögen, entstanden.
Das Unglück ist, daß viele dergleichen Beschaffenhei-
ten der Seele der bloßen Form nach nicht wohl von
einander zu unterscheiden sind, daher denn eine große
Unbestimmtheit über diejenige, die hier eigentlich ge-
meinet sey, entstehen würde. Um diesem Uebel ab-
zuhelfen, hat man wieder seine Zuflucht zu unbelebten
Symbolen nehmen, auch wohl, um die Einförmig-

keit

Anmerkungen
genſchaft auszeichnen, die der Eigenſchaft, die ich be-
zeichnen will, voͤllig aͤhnlich iſt. Z. E. das Lamm,
Bild der Sanftmuth, der Adler, Bild des Scharf-
ſinns, der Loͤwe, Bild der Staͤrke u. ſ. w. Die
allergewoͤhnlichſten Erfahrungen leiten auf die Aehn-
lichkeit, auf den Grund des Verhaͤltniſſes, den ich
mir ſichtbar nicht erklaͤren wuͤrde.

Aus dieſer Bemerkung ſind, wie ich glaube, jene
allegoriſchen Bilder entſtanden, welche unter menſch-
lichen Figuren die Abſtrakta gewiſſer Tugenden oder
moraliſcher Vollkommenheiten darſtellen, und blos
in dieſer Ruͤckſicht koͤnnen ſie fuͤr deutlich, mithin fuͤr
gut gehalten werden. Man hat naͤmlich bemerkt,
daß eine hervorſtechende Eigenſchaft der Seele, die
Fertigkeit nach gewiſſen Regeln uͤbereinſtimmend zu
handeln, auf die Formen des Koͤrpers einen ſolchen
dauernden Eindruck mache, daß man ſich auf gewiſſe
Weiſe berechtigt halten koͤnne, in allen Faͤllen, wo
man dieſelbe Form antrifft, auf einen aͤhnlichen
Hauptzug im Charakter zu ſchließen. Dieſe Form
hat man nach den einzelnen Erfahrungen zu einem
Architypus, zu einem Modell aller aͤhnlichen Cha-
rakterbezeichnungen verſtaͤrkt, und daraus ſind nun
unſere Sanftmuth, Glaube, Gerechtigkeit, und wie
die uͤbrigen Abſtrakta alle heißen moͤgen, entſtanden.
Das Ungluͤck iſt, daß viele dergleichen Beſchaffenhei-
ten der Seele der bloßen Form nach nicht wohl von
einander zu unterſcheiden ſind, daher denn eine große
Unbeſtimmtheit uͤber diejenige, die hier eigentlich ge-
meinet ſey, entſtehen wuͤrde. Um dieſem Uebel ab-
zuhelfen, hat man wieder ſeine Zuflucht zu unbelebten
Symbolen nehmen, auch wohl, um die Einfoͤrmig-

keit
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[220/0244] Anmerkungen genſchaft auszeichnen, die der Eigenſchaft, die ich be- zeichnen will, voͤllig aͤhnlich iſt. Z. E. das Lamm, Bild der Sanftmuth, der Adler, Bild des Scharf- ſinns, der Loͤwe, Bild der Staͤrke u. ſ. w. Die allergewoͤhnlichſten Erfahrungen leiten auf die Aehn- lichkeit, auf den Grund des Verhaͤltniſſes, den ich mir ſichtbar nicht erklaͤren wuͤrde. Aus dieſer Bemerkung ſind, wie ich glaube, jene allegoriſchen Bilder entſtanden, welche unter menſch- lichen Figuren die Abſtrakta gewiſſer Tugenden oder moraliſcher Vollkommenheiten darſtellen, und blos in dieſer Ruͤckſicht koͤnnen ſie fuͤr deutlich, mithin fuͤr gut gehalten werden. Man hat naͤmlich bemerkt, daß eine hervorſtechende Eigenſchaft der Seele, die Fertigkeit nach gewiſſen Regeln uͤbereinſtimmend zu handeln, auf die Formen des Koͤrpers einen ſolchen dauernden Eindruck mache, daß man ſich auf gewiſſe Weiſe berechtigt halten koͤnne, in allen Faͤllen, wo man dieſelbe Form antrifft, auf einen aͤhnlichen Hauptzug im Charakter zu ſchließen. Dieſe Form hat man nach den einzelnen Erfahrungen zu einem Architypus, zu einem Modell aller aͤhnlichen Cha- rakterbezeichnungen verſtaͤrkt, und daraus ſind nun unſere Sanftmuth, Glaube, Gerechtigkeit, und wie die uͤbrigen Abſtrakta alle heißen moͤgen, entſtanden. Das Ungluͤck iſt, daß viele dergleichen Beſchaffenhei- ten der Seele der bloßen Form nach nicht wohl von einander zu unterſcheiden ſind, daher denn eine große Unbeſtimmtheit uͤber diejenige, die hier eigentlich ge- meinet ſey, entſtehen wuͤrde. Um dieſem Uebel ab- zuhelfen, hat man wieder ſeine Zuflucht zu unbelebten Symbolen nehmen, auch wohl, um die Einfoͤrmig- keit

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 3. Leipzig, 1787, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei03_1787/244>, abgerufen am 27.11.2024.